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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Dietriche, die er dem Iren Willie Lonegan abgenommen hatte, die Tür zum Lagerhaus auf. Mit den Regeln der eingeschworenen Verbrechergilde in London nicht vertraut, war Willie eines Nachts in ein Stadtpalais am Eaton Square eingebrochen und hatte eine Schmuckkassette mit den Familienerbstücken der Hausherrin mitgenommen.
    Dazu gehörten ein mit Rubinen besetztes Ohrgehänge, drei Paar Perlenohrringe und ein Diamantkollier. Das Schicksal ereilte ihn, als er seinen erfolgreichen nächtlichen Beutezug in Mistress Lovejoy’s Pensionat für junge Damen in der Bedford Street feierte und im Rausch vor seiner willfährigen Bettgenossin damit prahlte. Willie war kaum Zeit geblieben, in seine Kniehose zu schlüpfen, so schnell hatte man ihn zu Jago geschleppt, der ihm kategorisch die geltenden Regeln für sein Viertel erklärte. London sei sein Revier und kein dahergelaufener irischer Bauer gehe ohne seine Erlaubnis in seinem Revier auf Beutezüge. Die Bestrafung erfolgte an Ort und Stelle. Willie wurde sein Werkzeug sowie der Rest seiner Beute abgenommen und beide Daumen abgehackt. Die nützlichen Dietriche hatte Jago in weiser Voraussicht behalten.
    Vielleicht war das keine so gute Idee, dachte Jago, als er über die Türschwelle trat. Hätte ich nur statt meines Knüppels und des Schlagstocks des Runners eine Pistole eingesteckt. Eine Ratte huschte über seine Füße. Das Lagerhaus kam ihm unnatürlich ruhig, ja verlassen vor. Er bog um eine Ecke und sah vor sich einen langen dunklen Gang. Er spürte ein Kribbeln im Nacken, wie immer ein Zeichen drohender Gefahr. Oft genug hatte er eine ähnliche Situation im Krieg und in den dunklen Gassen des Elendsviertels erlebt. Aber hier hatte er das Gefühl, als würde der Leibhaftige persönlich auf seinen Schultern hocken. Hier herrscht das Böse, das wusste er sofort.
     
    »Ist heute nicht ein verdammt schöner Morgen, Officer Hawkwood? Was meinen Sie?«, grinste William Lee, steckte sich einen Stumpen in den Mund und paffte genießerisch.
    Hawkwood antwortete nicht. Er saß mit vorne gefesselten Händen auf Deck, den Rücken an den Schandeckel gelehnt und starrte die Pistole in der Hand des Amerikaners an. Er fragte sich, ob er Lee überwältigen könnte, ohne eine Kugel in den Kopf zu bekommen.
    So, wie ich gefesselt bin, habe ich wohl keine Chance, überlegte er. Außerdem ist da noch Sparrow an der Ruderpinne. Der Matrose hatte den Mast aufgerichtet und die Segel gesetzt. Jetzt trieb sie eine leichte Brise nahe am östlichen Ufer stromabwärts. Mill Way lag backbord, Wells’s Yark steuerbord am gegenüberliegenden Themseufer.
    Als das Boot am Ende der Fahrrinne aus dem Lagerhaus in den Fluss eingeschwenkt war, hatte Hawkwood mit Blicken den Kai abgesucht. Ihr Ruderboot hatte noch vertäut dagelegen, aber kein Jago war zu sehen gewesen. Wäre das Boot weg gewesen, hätte er davon ausgehen können, dass Jago jetzt auf dem Weg zu Richter Read war. Aber so war es wahrscheinlicher, dass Jago seine Anweisung nicht befolgt hatte und jetzt im Lagerhaus nach ihm suchte.
    Natürlich, dachte Hawkwood, Ritter Jago eilt mal wieder zu meiner Rettung herbei. Aber dieses Mal kommt er zu spät.
    »Master Woodburn hat mir erzählt, das Boot sei beschädigt worden«, sagte Hawkwood, um Lee zum Reden zu bringen und auf diese Weise vielleicht das Unvermeidbare hinauszuzögern. Was er zwar nicht glaubte, aber in seiner Situation musste er nach jedem Strohhalm greifen.
    Lee zog träge an seinem Stumpen und schnippte die Asche über Bord. »Der Schaden konnte repariert werden.« Er warf Hawkwood einen amüsierten Blick zu. »Es geschah bei einem Sturm im Ärmelkanal. Dabei ist auch ein Mann über Bord gegangen. Deshalb musste ich Sparrow anheuern. Scully hat ihn angeschleppt.« Lee nahm den Stumpen aus dem Mund und stieß damit nach Hawkwoods Gesicht. »Und jetzt habe ich auch Scully verloren. Sir, Sie haben allerhand auf dem Kerbholz.«
    »Warum wollen Sie Ihren Sabotageakt ausgerechnet hier ausführen?«, stellte Hawkwood die Frage, die ihn quälte, seit er mit Jago das Amtszimmer des Richters verlassen hatte. »Das ist doch heller Wahnsinn. In der Flussmündung hätten Sie viel mehr Platz zum Manövrieren, und der Fluchtweg in die Ostsee stünde Ihnen offen. Herrgott noch mal, die Werft in Deptford ist doch eine Todesfalle.«
    Lee antwortete mit weit ausholender Geste: »Sie wissen doch, warum die Docks hier gebaut wurden, nicht wahr, Officer Hawkwood. Weil sie mitten in London liegen und vor

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