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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Countdown bis zur Detonation hing von der Länge der Abzugsleine ab, und die rollte schnell von der Winde. Während er darüber nachdachte, verstrichen kostbare Sekunden. Da Lee und Sparrow jetzt mit dem Navigieren des Boots beschäftigt waren, hatte er nur diese eine Chance. Er drehte das Messer mühsam um und fing an, seine Fessel zu durchtrennen.
    Sparrow drehte mit aller Kraft die Kurbel. Schweiß rann ihm über Gesicht und Oberkörper und tropfte auf den Boden.
    Lee zählte leise, holte seine Taschenuhr hervor und warf einen Blick auf das Zifferblatt.
    Die Narwal machte etwa zwei Knoten. Ungefähr sechzig Meter vom Schiff entfernt ging ein leichter Ruck durch das Boot. Auf diesen Augenblick hatte Lee gewartet. Die Leine war bis zum Ende von der Winde abgerollt und die Vorwärtsbewegung des Boots zerrte an dem Fass im Heck. Der Torpedo hatte sich vom Rumpf gelöst und schoss jetzt auf sein Ziel zu.
    Zehn Sekunden später, als der Torpedo gegen den Kiel des Kriegsschiffs prallte und die Leine, die letzte Verbindung zur Narwal, abriss, ging wieder ein Ruck durch das Unterseeboot.
    Lee klammerte sich ans Schott und schrie: »Festhalten, Sparrow!«
    Endlich riss der Strick, Hawkwood drehte das Messer um, sprang auf und zielte mit der Klinge auf Sparrows Kehle.
    In diesem Augenblick hörte er die Detonation. Der Torpedo war explodiert.

20
    Hawkwood wusste in dem Moment, als er zum Sprung ansetzte, dass sein Angriff fehlschlagen würde. Er hörte Lees Warnschrei und sah, dass sich Sparrow blitzschnell umdrehte. Die Druckwelle der Detonation brachte das Boot aus dem Gleichgewicht. Hawkwood stürzte und rutschte über den Boden.
    Sparrow, der an schwankende Schiffe gewöhnt war, kam als Erster wieder auf die Beine. Mit einem Wutschrei bückte er sich und riss Hawkwood das Messer aus der Hand, schleuderte es von sich und zerrte den Runner an den Haaren auf die Knie. Dann zog er die Pistole aus seinem Gürtel. Das Laden kam ihm unnatürlich laut vor. Hawkwood starrte auf die Pistole in Sparrows Hand.
    »Du Bastard!«, zischte Sparrow und presste zum zweiten Mal an diesem Morgen den Finger um den Abzug.
    Der Knall der zweiten Detonation war ohrenbetäubend.
    Hawkwood sah nur noch das blanke Entsetzen in Sparrows Augen, als ein Kupfersplitter des explodierenden Luftzylinders dessen Halsschlagader durchbohrte. Ein Schwall Blut ergoss sich über Hawkwoods Gesicht und Schultern. Zu Tode erschrocken sah Hawkwood, wie Sparrow, den Mund zu einem stummen Schrei aufgerissen, in die Knie sank. Die Pistole fiel ihm aus der Hand. Ein Schwall hereinströmenden Wassers traf Hawkwood plötzlich mit aller Wucht und schleuderte ihn gegen das Steuerbordschott.
    Der Bug der Narwal kippte nach unten, und das Boot legte sich auf die Backbordseite. Es war, als hätte ein Riese das Boot gepackt und gegen eine Wand geschleudert. Hawkwood klammerte sich verzweifelt an eine der Eisenrippen, als Sparrows Leiche nach vorne fiel und ihn gegen das Schott drückte. Er zog die Knie an und stieß Sparrow von sich. Keuchend nach Atem ringend, hielt er sich an der Eisenrippe fest und richtete sich mühsam auf. Sein Trommelfell schien zu platzen.
    Dann schlingerte die Narwal nach Steuerbord, und es klang wie eine schwere Eisentür, die knarrend an verrosteten Angeln schwang. Hawkwood war vor Entsetzen wie gelähmt und krallte sich mit den Fingerspitzen fest. Die Auswirkungen der zweiten Detonation waren katastrophal. Durch das Leck im Heck strömte unaufhörlich Wasser und überflutete das Boot rasend schnell. Hawkwood sah, dass Lee fieberhaft an Reglern und Hebeln zerrte, aber die Tiefenruder funktionierten nicht mehr. Völlig außer Kontrolle geraten, sank die Narwal nun wie ein Stein.
     
    Das Schiff brannte lichterloh.
    Die Detonation hallte wie die Stimme Gottes durch die Werft und alle – Arbeiter, Matrosen, Marinesoldaten und der Oberste Richter – brachten sich in Sicherheit. Menschen schrien in panischer Angst und rannten völlig kopflos durcheinander. Irgendwo schrillte eine Alarmglocke.
    Der mittlere Teil der Thetis war nur ein rauchendes Wrack, der Mast war auf das Vorderdeck gestürzt und das Notsegel lag wie ein Leichentuch über den Schandeckeln. Die zuvor so stolz im Wind flatternden Flaggen hingen jetzt zerfetzt und versengt an der Reling. Flammen leckten hungrig aus Schießscharten und offenen Luken. Das Schiff bekam Schlagseite.
    Mehrere Männer waren durch die Wucht der Detonation über Bord geschleudert worden oder sprangen ins Wasser.

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