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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Umrisse eines in zwei Hälften geteilten, quadratischen Gehäuses. Die Zeichnung im oberen Quadrat stellte jedoch eindeutig den Zündmechanismus einer Waffe dar: Hammer, Backen, Feuerstein und Pfanne. Die untere Hälfte war noch einmal unterteilt. Das Zahnrad links war durch einen schmalen, gebogenen, zahnförmigen Gegenstand mit dem Hammerkopf einer Waffe verbunden. Die Spitze steckte zwischen zwei Zähnen des Zahnrads. Die rechte untere Hälfte war leer.
    Hawkwood lehnte sich zurück. Wenn mich nicht alles täuscht, so stellt die größere Zeichnung ein Uhrwerk und die kleinere Skizze eine Art Zeit-Regler dar. Sind das etwa Pläne für einen neuen Chronometer? Woodburn ist ein anerkannter Meister seines Fachs. Vielleicht hat er ein neues Uhrwerk erfunden, das er vor seinen Kollegen geheim halten will? Hat das eventuell mit seinem Verschwinden zu tun? Aber wie passen Hammer und Feuerstein dazu?, fragte er sich und starrte noch immer auf die beiden Blätter. Jedenfalls hat Warlock diese Skizzen für so wichtig gehalten, dass er sie versteckt hat. Woraus sich die nächste Frage ergibt: In wessen Hände sollten diese Zeichnungen nicht gelangen?
    Da entdeckte Hawkwood auf einer der Skizzen in der unteren rechten Ecke einen Fleck. Er beugte sich vor, nahm die Kerze und hielt sie über das Papier, sorgsam darauf bedacht, kein Wachs darauf zu träufeln.
    Er erkannte eine kaum lesbare Schrift.
    Hawkwood stellte den Kerzenhalter zurück auf den Tisch und hielt das Papier vor die Flamme. Die Buchstaben waren verschwommen, als wäre die Tinte verlaufen. Zwei Worte. Vielleicht unter Zwang oder in Eile hingekritzelt.
    Ein T, dann ein h und ein deutliches e: The.
    Noch ein t, ein i und ein s: The tis.
    Zwei Worte, eins davon unvollständig, ohne erkennbare Bedeutung. Hawkwood lehnte sich wieder zurück. Er war ratlos.
    Das Schlagen der Wirtshausuhr riss ihn aus seinen Überlegungen. Es war halb acht. Das Amt in der Bow Street schloss um acht. Hawkwood wusste jedoch, dass zumindest in einem Zimmer die Kerzen länger brennen würden. Er rollte Warlocks Ausweis und die beiden Zeichnungen sorgfältig zusammen und steckte sie wieder in den Schlagstock. Er musste seine Kontaktaufnahme mit Jago verschieben, denn zuerst galt es, James Read Bericht zu erstatten. Zwei Köpfe denken besser als einer. Eine gute Gelegenheit, meine Theorie auf den Prüfstand zu stellen.
    Hawkwood glaubte, während seiner Zusammenarbeit mit dem Obersten Richter alle seine Launen kennen gelernt zu haben: Wut, Frustration, Reizbarkeit, Sarkasmus, Belustigung und gelegentlich auch Verzweiflung. Aber noch nie hatte er erlebt, dass es James Read die Sprache verschlug. Bis heute.
    Hawkwood würde den Gesichtsausdruck des Obersten Richters, als er die Skizzen aus Warlocks Schlagstock nahm, nie vergessen. James Read schnappte hörbar nach Luft und erblasste beim Anblick der präzisen Zeichnungen. Er wirkte zutiefst erschüttert. Nach einer – wie ihm schien, – Ewigkeit hob James Read den Kopf.
    »Erzählen Sie mir jetzt ganz genau, wie Sie an diese Skizzen gekommen sind. Und lassen Sie keine Einzelheit aus.«
    Der Richter hörte sich Hawkwoods Bericht schweigend an, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Als Hawkwood geendet hatte, vertiefte sich James Read wieder in die Papiere.
    Schließlich konnte Hawkwood seine Ungeduld nicht mehr im Zaum halten und brach das Schweigen. »Was sind das für Zeichnungen?«
    Ohne aufzusehen, sagte Read: »Ich glaube, diese Dokumente befanden sich in der Kuriertasche, die dem ermordeten Marineoffizier bei dem Überfall auf die Kutsche in der Kent Road abgenommen wurde.«
    Plötzlich war es im Raum so still und kalt wie in einem Grab. »Ich verstehe den Zusammenhang nicht«, sagte Hawkwood. »Was, zum Teufel, hat ein Kurier der Marine mit Uhren zu tun?«
    »Uhren?« Der Oberste Richter starrte Hawkwood entgeistert an. »Uhren? Glauben Sie im Ernst, dass es darum geht – um die Konstruktion eines neumodischen Zeitmessers? Oh, Mann, wenn es nur so einfach wäre!« Ohne weitere Erklärung sah der Richter zur Tür und rief: »MR.TWIGG!«
    Kaum war der Ruf des Richters verhallt, stand Ezra Twigg schon in der Tür.
    »Sir?« Er zwinkerte und wartete auf die Anweisung.
    James Read griff nach seiner Feder und schrieb etwas auf ein Blatt Notizpapier. Dann faltete und versiegelte er die Nachricht, versah sie mit einer Adresse und reichte sie dem Sekretär. »Überbringen Sie diese Nachricht schnellstens, Mr. Twigg. Unten wartet Caleb mit seiner

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