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Der Rattenfänger

Der Rattenfänger

Titel: Der Rattenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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Hawkwood vorbei zur Tür deutete.
    Hawkwood drehte sich um. Ein kleines, schmutziges Gesicht spähte um den Türrahmen. Dann winkte der Junge heftig, Hawkwood solle nach draußen kommen.
    Der tiefe Seufzer, den Maddie mit zusammengebissenen Zähnen ausstieß, ließ nichts Gutes ahnen. Die Wirtin war kurz davor, wieder zu explodieren.
    »Ist schon gut, Maddie«, versuchte Hawkwood sie zu besänftigen. »Überlass das mir. Ich kümmere mich um den Jungen.«
    Draußen auf der schmalen Gasse sah er sich um und rief: »Davey?«
    »Hier drüben, Mr. ’Awkwood!«
    Der Bengel trat aus dem Schatten eines Torbogens. Eine Hand steckte unter seiner zerrissenen Jacke. Er ließ ängstlich seinen Blick schweifen.
    »Was, zum Teufel, ist denn los, Davey?«, fragte Hawkwood.
    »Ich habe ein Geschenk für Sie, Mr. ’Awkwood.«
    Langsam zog der Junge die Hand unter der Jacke hervor. Er hielt etwas umklammert. Hawkwood konnte nicht erkennen, was es war. »Ich denke, das sollte ich Ihnen geben.«
    Davey streckte die Hand aus. Hawkwood wurde eiskalt ums Herz, als er den Gegenstand erkannte.
    Es war der Schlagstock eines Runners.
    »Woher hast du den?«, fragte Hawkwood, als er sich wieder gefasst hatte und sprechen konnte.
    Davey wich Hawkwoods Blick aus und senkte den Kopf.
    »Davey?«
    »Es tut mir Leid, Mr. ’Awkwood. Ned war’s. Ich hab nicht gewusst, dass er ihn hatte. Ehrlich!«
    Ned?, überlegte Hawkwood kurz. Dann fiel ihm ein, dass es der Junge war, der Warlocks Leiche entdeckt hatte.
    »Wo hast du den Stock gefunden?«
    »Ned hat gesagt, er habe direkt neben der Leiche gelegen, halb im Schlamm vergraben. Er hat niemandem was davon erzählt, weil er den Stock säubern und verkaufen wollte. Pen hat mir verraten, dass er ihn eingesteckt hat. Ich habe ihm den Stock abgenommen.«
    Hawkwood griff instinktiv in seine Tasche, aber der Junge schüttelte den Kopf. »Nöö, ist schon gut, Mr. ’Awkwood. Dafür will ich nichts haben. Sie waren gut zu uns und haben uns immer anständig behandelt. Der andere Runner auch. Ich fand’s nicht richtig, dieses Mal Geld von Ihnen zu nehmen. Nehmen Sie’s als Geschenk.« Davey grinste. »Der geht sozusagen aufs Haus.«
    »Ich bin dir sehr dankbar, Davey. Wirklich«, sagte Hawkwood und umklammerte den schwarzen Schlagstock.
    Der Junge nickte ernst, dann herrschte kurz verlegenes Schweigen, bis Davey schließlich sagte: »Ich muss wieder zurück. Ich kann die Bande nicht lange allein lassen. Die stellen doch dauernd was an, wenn ich nicht aufpasse.«
    Hawkwood nickte. »Pass du auch auf dich auf, Davey. Ich bin dir was schuldig.«
    Davey lachte. »Das weiß ich doch! Nächstes Mal verlange ich das Doppelte.«
    Noch immer lachend lief der Junge davon. Doch Hawkwood überkam plötzlich ein unerklärliches Gefühl tiefer Melancholie. Er drehte sich um und ging ins Wirtshaus zurück.
     
    Maddie Teague hob die Kaffeekanne und warf Hawkwood einen vielsagenden Blick zu. »Wünscht der Gentleman sonst noch etwas?«
    Hawkwood lehnte sich zurück, als ihm die Wirtin Kaffee einschenkte. Dann legte sie ihm die Hand auf die Schulter und berührte mit den Fingern leicht seinen Nacken. »Vielleicht ein bisschen Gesellschaft später?«
    Da Hawkwood unbedingt noch mit dem Blinden Billy sprechen und ein Treffen mit Jago arrangieren musste, sagte er bedauernd: »Tut mir Leid, Maddie. Heute Nacht nicht.« Nur widerstrebend wandte er den Blick von der einladenden Wölbung ihres Dekolletees ab.
    »Wirklich nicht?«
    Hawkwood verneinte. »Ich kann nicht, Maddie. Die Pflicht ruft.«
    Maddie richtete sich abrupt auf und schüttelte mit gespielter Verärgerung ihre kastanienbraune Mähne. »Na, wie schön. Könnte es sein, dass es Männer gibt, die nicht zu schätzen wissen, wie gut es ihnen geht?« Sie schmollte und stolzierte davon.
    Obwohl sich Hawkwood niedergeschlagen fühlte, musste er über den theatralischen Abgang der Wirtin lächeln. Maddie Teague schaffte es immer wieder, ihn aufzuheitern.
    Unwillkürlich dachte Hawkwood an Catherine de Varesne, deren dunkle Sinnlichkeit sich so sehr von Maddies heller, keltischer Schönheit unterschied. Dann schämte er sich dieses Vergleichs, denn Maddie hatte oft und gern das Bett mit ihm geteilt.
    Maddie Teague war Witwe. Ihr Mann war Kapitän eines Handelsschiffs der Ostindischen Gesellschaft gewesen und hatte von seinem Gewinn das Gasthaus gekauft. Doch der Kapitän war mit Mann und Maus und einer Ladung chinesischen Porzellans auf hoher See untergegangen, als sein

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