Der Regenmacher
einer schwarzen Bank. Sie würde uns keinen roten Heller geben.«
Eine lange Pause, während Deck mit Papieren raschelt. »Wie steht es bei Ihnen?« fragt er.
»Vor ungefähr einer Stunde habe ich Esther Samuelson zu Hause erwischt. Sehr nette Dame, Anfang Sechzig. Wir haben uns ausführlich über Dot unterhalten und darüber, wie grauenhaft es ist, ein Kind zu verlieren. Sie steht auf unserer Seite.«
Esther Samuelsons verstorbener Mann war viele Jahre lang Direktor der Handelskammer. Das hat mir Marvin Shankle erzählt. Ich kann mir die Art von Prozeß nicht vorstellen, den ich mit ihr in der Jury fuhren möchte. Sie würde alles tun, was Drummond will.
»Dann habe ich Nathan Butts in seinem Büro angetroffen. Er war ein wenig überrascht, als er erfuhr, daß ich einer der an diesem Fall beteiligten Anwälte bin, aber dann hat er sich beruhigt. Er haßt Versicherungsgesellschaften.«
Wenn Drummonds Herz jetzt immer noch schlägt, dann nur noch ganz schwach. Die Vorstellung, daß ich, der Anwalt, und nicht nur mein Ermittler, auf den Busch klopfe und die Fakten des Falls mit potentiellen Geschworenen erörtere, reicht wahrscheinlich aus, um bei ihm eine Arterie platzen zu lassen. Aber inzwischen dürfte ihm klargeworden sein, daß er absolut nichts dagegen unternehmen kann. Jede Reaktion seinerseits würde die Tatsache offenbaren, daß er meine Telefone abhört. Dafür würde er sofort aus der Anwaltskammer ausgeschlossen werden. Und vermutlich außerdem angeklagt.
Ihm bleibt keine andere Möglichkeit, als den Mund zu halten und zu versuchen, diese Leute, mit deren Namen wir herumwerfen, zu meiden.
»Ich habe noch ein paar auf der Liste«, sage ich. »Lassen Sie uns weitermachen bis gegen zehn, dann treffen wir uns hier.«
»Okay«, sagt Deck erschöpft, jetzt wesentlich besser schauspielernd.
Wir legen auf, und eine Viertelstunde später läutet das Telefon. Eine vage vertraute Stimme sagt: »Rudy Baylor, bitte.«
»Am Apparat.«
»Hier ist Billy Porter. Sie waren heute im Laden.«
Billy Porter ist ein Weißer, trägt bei der Arbeit eine Krawatte und leitet eine Filiale von Western Auto. Auf unserer Skala von eins bis zehn steht er weit unten. Wir wollen ihn nicht.
»Ja, Mr. Porter. Danke für Ihren Anruf.«
In Wirklichkeit ist es Butch. Er hat sich bereit erklärt, uns mit einem kurzen Auftritt zu helfen. Er ist mit Deck zusammen, und die beiden drängen sich vermutlich in der Telefonzelle eng aneinander, um warm zu bleiben. Butch, immer der absolute Profi, war bei Western Auto und hat mit Porter über einen Satz Reifen gesprochen. Jetzt versucht er, Porters Stimme zu imitieren. Sie werden sich nie wiedersehen.
»Was wollen Sie?« fragt Billy Butch. Wir haben ihm gesagt, er soll mürrisch wirken und dann rasch zur Sache kommen.span>
»Ja, also, es geht um den Prozeß, Sie wissen schon, den, für den Sie eine Vorladung erhalten haben. Ich bin einer der Anwälte.«
»Ist das hier legal?«
»Natürlich ist es legal, Sie dürfen nur mit niemandem darüber reden. Ich vertrete diese kleine alte Dame, deren Sohn von einer Gesellschaft namens Great Benefit Life Insurance umgebracht wurde.«
»Umgebracht?«
»Ja. Der Junge brauchte eine Operation, aber die Gesellschaft hat sich zu Unrecht geweigert, die Behandlung zu bezahlen. Er ist vor ungefähr drei Monaten an Leukämie gestorben. Deshalb haben wir geklagt. Wir brauchen unbedingt Ihre Hilfe, Mr. Porter.«
»Das hört sich ja entsetzlich an.«
»Der schlimmste Fall, der mir je begegnet ist, und ich habe schon eine Menge hinter mir. Und sie sind ganz eindeutig schuldig, Mr. Porter. Sie haben mir bereits zweihunderttausend Dollar als Vergleich angeboten, aber wir verlangen wesentlich mehr. Wir verlangen eine hohe Geldstrafe, und wir brauchen Ihre Hilfe.«
»Werde ich ausgewählt werden? Ich kann hier einfach nicht weg.«
»Wir wählen zwölf von ungefähr siebzig aus, mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Bitte, versuchen Sie, uns zu helfen.«
»Okay. Ich werde tun, was ich kann. Aber ich möchte nicht als Geschworener auftreten, das verstehen Sie doch.«
»Ja, Sir. Vielen Dank.«
Deck kommt ins Büro, wo wir ein Sandwich essen. Im Laufe des Abends verschwindet er noch zweimal und ruft mich an. Wir werfen mit weiteren Namen um uns, denen von Leuten, mit denen wir vorgeblich gesprochen haben und die jetzt alle überaus begierig darauf sind, Great Benefit für seine Missetaten zu bestrafen. Wir erwecken den Eindruck, als wären wir beide unterwegs,
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