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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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überlegt, was er mir sagen soll. »Fanden ihren Mann tot auf dem Fußboden, Schädelbruch, sieht aus wie von einem Baseballschläger. Sie hat nicht viel gesagt, nur daß sie sich scheiden lassen will, sich in die Wohnung geschlichen hat, um ihre Sachen zu holen, er fand sie, sie kämpften. Er war ziemlich betrunken. Irgendwie bekam sie den Schläger in die Hand, und jetzt ist er im Leichenschauhaus. Sie betreiben ihre Scheidung?«
    »Ja. Ich kann Ihnen eine Kopie zugehen lassen. Vorige Woche hat der Richter angeordnet, daß er sich von ihr fernzuhalten hat. Er hat sie seit Jahren immer wieder geschlagen.«
    »Wir haben die Verletzungen gesehen. Ich möchte ihr nur ein paar Fragen stellen, okay?«
    »Klar.« Wir betreten gemeinsam das Zimmer. Kelly ist überrascht, mich zu sehen, schafft es aber, cool zu bleiben. Wir umarmen uns auf höfliche Anwalt-Mandanten-Manier. Ein weiterer Detektiv in Zivil erscheint, Officer Hamlet, der ein Aufnahmegerät mitbringt. Ich habe keine Einwände. Nachdem er es eingeschaltet hat, ergreife ich die Initiative. »Fürs Protokoll. Ich bin Rudy Baylor, Anwalt von Kelly Riker. Heute ist Montag, der 15. Februar 1993. Wir befinden uns im Polizeipräsidium von Memphis. Ich bin anwesend, weil meine Mandantin mich um ungefähr neunzehn Uhr fünfundvierzig heute abend angerufen hat. Sie hatte gerade 911 gewählt und sagte, sie glaubte, ihr Mann wäre tot.«
    Ich nicke Smotherton zu, als wäre er jetzt an der Reihe, und er sieht mich an, als würde er mich am liebsten erwürgen. Polizisten hassen Verteidiger, aber im Augenblick ist mir das völlig egal.
    Smotherton beginnt mit einer Reihe von Fragen über Kelly und Cliff – grundlegende Informationen wie Geburtsdaten, Eheschließung, Beschäftigung, Kinder und so weiter. Sie beantwortet sie geduldig, mit einem abwesenden Ausdruck in den Augen. Die Schwellung ist aus ihrem Gesicht verschwunden, aber ihr linkes Auge ist immer noch schwarz und blau, und die Braue ist noch immer verpflastert. Sie ist völlig verängstigt.
    Sie beschreibt die Mißhandlungen so detailliert, daß wir alle drei entsetzt sind. Smotherton schickt Hamlet los, die Unterlagen über Cliffs drei Festnahmen wegen der Mißhandlungen zu holen. Sie redet über Vorfälle, über die es keine Unterlagen gibt, weil sie nie schriftlich festgehalten wurden. Sie erzählt von dem Softballschläger und wie er damit ihren Knöchel gebrochen hat. Er hat sie auch ein paarmal so geschlagen, wenn er ihr gerade nicht die Knochen brechen wollte.
    Sie redet über die letzte Attacke, dann über den Entschluß, ihn zu verlassen und sich zu verstecken und die Scheidung einzureichen. Sie ist durch und durch glaubwürdig, weil alles wahr ist. Es sind die kommenden Lügen, die mir Sorgen machen.
    »Weshalb sind Sie heute abend in die Wohnung gegangen?« fragt Smotherton.
    »Um meine Sachen zu holen. Ich war sicher, daß er nicht dasein würde.«
    »Wo haben Sie die letzten Tage verbracht?«
    »In einem Haus für mißhandelte Frauen.«
    »Wo ist das?«
    »Das möchte ich nicht sagen.«
    »Hier in Memphis?«
    »Ja.«
    »Wie sind Sie heute abend zu Ihrer Wohnung gekommen?«
    Bei dieser Frage setzt mein Herz einen Schlag aus, aber sie hat bereits darüber nachgedacht. »Mit meinem Wagen«, sagt sie.
    »Was für ein Wagen ist das?«
    »Ein Volkswagen-Käfer.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Auf dem Parkplatz vor meiner Wohnung.«
    »Können wir ihn uns ansehen?«
    »Nicht, bevor ich es getan habe«, sage ich, mich plötzlich erinnernd, daß ich hier der Anwalt bin und nicht etwa ein Mitverschwörer.
    Smotherton schüttelt den Kopf. Wenn Blicke töten könnten.
    »Wie sind Sie in die Wohnung gekommen?«
    »Mit meinem Schlüssel.«
    »Was haben Sie getan, als Sie drinnen waren?«
    »Ich bin ins Schlafzimmer gegangen und habe angefangen, meine Sachen zusammenzupacken. Ich habe zwei oder drei Kopfkissenbezüge vollgestopft und einen Haufen Zeug ins Wohnzimmer getragen.«
    »Wie lange waren Sie dort, bevor Mr. Riker nach Hause kam?«
    »Vielleicht zehn Minuten.«
    »Was ist dann passiert?«
    An dieser Stelle unterbreche ich. »Diese Frage wird sie nicht beantworten, bevor ich Gelegenheit gehabt habe, mit ihr zu sprechen und diesen Punkt zu klären. Das Verhör ist jetzt beendet.« Ich strecke die Hand aus und drücke auf den roten Stoppknopf des Recorders. Smotherton beschäftigt sich eine Minute damit, seine Notizen durchzulesen. Hamlet kommt mit dem Computerausdruck zurück, und sie studieren ihn gemeinsam. Kelly

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