Der Regenmacher
Lokalpolitikern und anderen fotoverliebten Gestalten. Außerdem gibt es Unmengen von gerahmten und aufgeklebten Zeitungsausschnitten mit Prince – verdächtigt, beschuldigt, angeklagt, verhaftet, vor Gericht gestellt und immer freigesprochen. Er liebt es, seinen Namen gedruckt zu sehen.
Er ist miserabler Laune, wie üblich. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, ihm aus dem Wege zu gehen, bis er seinen dritten Drink intus hat, was gewöhnlich abends um sechs der Fall ist. Ich bin also sechs Stunden zu früh dran. Er winkt mich herein, und ich mache die Tür hinter mir zu.
»Was ist passiert?« grunzt er. Seine Augen sind blutunterlaufen. Mit seinem langen, dunklen Haar, dem üppigen Bart, dem offenen Hemd und der behaarten Brust erinnert er mich immer an Wolfman Jack.
»Ich stecke ein bißchen in der Klemme«, sage ich.
»Gibt es sonst noch was Neues?«
Ich erzähle ihm von der letzten Nacht – daß ich meinen Job verloren habe, von dem Brand, den Polizisten. Alles. Ich lege besonderen Nachdruck auf die Tatsache, daß es eine Leiche gibt und daß die Polizisten deshalb tun, was in ihren Kräften steht. Zu Recht. Ich kann mir nicht vorstellen, wieso ich der Hauptverdächtige sein soll, aber die Bullen scheinen das zu glauben.
»Also ist Lake abgefackelt worden«, denkt er laut. Es scheint ihn zu freuen. Eine hübsche Brandstiftung ist genau die Art Sache, die Prince Spaß macht und Licht in seinen Vormittag bringt. »Ich konnte ihn nie so recht ausstehen.«
»Er ist nicht tot. Nur vorübergehend aus dem Geschäft. Er wird bald wieder dasein.« Und das ist einer der Hauptgründe für meine Angst. Jonathan Lake verteilt eine Menge Geld an eine Menge Politiker. Er kultiviert Beziehungen, damit er Gefälligkeiten einfordern kann. Wenn er überzeugt ist, daß ich etwas mit dem Brand zu tun hatte, oder wenn er einfach einen temporären Sündenbock braucht, dann werden die Bullen sich auf mich stürzen.
»Sie schwören, daß Sie es nicht getan haben?«
»Na, hören Sie mal, Prince.«
Er denkt darüber nach, streicht sich über den Bart, und mir wird sofort klar, daß er entzückt ist, so plötzlich mittendrin zu stecken. Hier haben wir Verbrechen, Tod, Intrige, Politik, eine prächtige Scheibe Leben in der Gosse. Wenn jetzt auch noch ein paar Oben-ohne-Tänzerinnen und Bestechungsgelder an die Polizei dazukämen, dann würde Prince eine gute Flasche köpfen, um zu feiern.
»Sie sollten lieber mit einem Anwalt reden«, sagt er, immer noch seinen Bart streichelnd. Das ist leider der eigentliche Grund, aus dem ich hier bin. Ich hatte daran gedacht, Booker anzurufen, aber ich habe ihn schon genug belästigt. Und er hat im Augenblick mit demselben Problem zu kämpfen wie ich, nämlich daß wir unser Examen noch nicht hinter uns haben und deshalb noch keine richtigen Anwälte sind.
»Ich kann mir keinen Anwalt leisten«, sage ich, dann warte ich auf die nächste Zeile im Drehbuch. Wenn es in diesem Moment eine Alternative gäbe, würde ich mich mit Freuden darauf stürzen.
»Lassen Sie mich das erledigen«, sagt er. »Ich werde Bruiser anrufen.«
Ich nicke und sage: »Danke. Glauben Sie, daß er mir helfen wird?«
Prince grinst und breitet vielsagend die Arme aus. »Bruiser tut alles, worum ich ihn bitte, okay?«
»Sicher«, sage ich demütig. Er greift nach einem Telefon und wählt die Nummer. Ich höre zu, wie er sich an ein paar Leuten vorbeiknurrt und dann Bruiser an den Apparat bekommt. Er spricht mit den kurzen, knappen Redewendungen eines Mannes, der weiß, daß seine Telefone angezapft sind: »Bruiser, hier Prince. Ja, ja. Muß dich möglichst schnell sehen … Eine kleine Sache, die einen meiner Angestellten betrifft … Ja, ja. Nein, bei dir. In einer halben Stunde. Okay?« Und damit legt er auf.
Mir tun die armen FBI-Techniker leid, die versuchen, aus diesem Gespräch etwas Belastendes herauszuholen.
Firestone fährt den Cadillac vor die Hintertür, und Prince und ich lassen uns auf den Rücksitzen nieder. Der Wagen ist schwarz, und die Scheiben sind stark getönt. Er lebt in der Dunkelheit. In drei Jahren habe ich ihn nie bei irgendeiner Tätigkeit im Freien gesehen. Urlaub macht er in Las Vegas, wo er die Casinos praktisch nicht verläßt.
Ich höre einem Vortrag zu, der rasch zu einer langatmigen Aufzählung von Bruisers größten juristischen Triumphen wird, die fast alle mit Prince zu tun hatten. Seltsamerweise fange ich an, mich zu entspannen. Ich bin in guten Händen.
Bruiser hat in
Weitere Kostenlose Bücher