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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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sich in der Regel sehr bedeckt. Aber Professor Atlee wollte nur Grundsätzliches wissen.
    Das Canyon Casino in Tunica County lag am Mississippi, war während der zweiten Bauwelle Mitte der Neunzigerjahre entstanden und hatte die erste Pleitewelle in der Glücksspielbranche überlebt. Es bestand aus neun Stockwerken, vierhundert Zimmern, siebentausend Quadratmetern mit Spieltischen und Automaten und war mit Künstlern aus der Motown-Ära erfolgreich gewesen. Ray wurde von Jason Piccolo begrüßt, einem Vize-präsidenten aus der Zentrale in Las Vegas, der von Alvin Barker, dem Si-cherheitschef des Kasinos, begleitet wurde. Piccolo war Anfang dreißig und wie ein Fotomodell von Armani gekleidet. Barker war in den Fünfzigern und sah aus wie ein erfahrener Ex-Cop in einem schlecht sitzenden Anzug.
    Die beiden boten ihm zuerst eine Tour durch das Kasino an, was Ray jedoch ablehnte. Er hatte im letzten Monat so viele Kasinos gesehen, dass es ihm für die nächsten Jahre reichte. »Ist die ganze obere Etage für Besucher gesperrt?«, fragte er stattdessen.
    »Schauen wir’s uns an«, antwortete Piccolo höflich. Die beiden führten ihn an den Spielautomaten und Kartentischen vorbei zu einem Korridor, der hinter den Schaltern der Kassierer lag. Nachdem sie die Treppe hinaufge-stiegen waren und einen weiteren Korridor durchquert hatten, kamen sie in einen schmalen Raum, in dem eine Wand aus Einwegspiegeln bestand.
    Durch die Spiegel konnte man in einen großen Raum mit niedriger Decke sehen, in dem runde Tische mit Monitoren standen. Dutzende Männer und Frauen hingen wie gebannt an den Bildschirmen. Offenbar befürchteten sie, etwas zu verpassen.
    »Das hier ist unser internes Überwachungssystem«, erklärte Piccolo.
    »Die Mitarbeiter auf der linken Seite beobachten die Tische, an denen Blackjack gespielt wird. In der Mitte Craps und Roulette, rechts Spielautomaten und Poker.«
    »Und was genau beobachten sie?«
    »Alles. Absolut alles.«

    »Würden Sie mir das bitte erläutern?«
    »Alle Spieler. Wir beobachten die Gewinner, die Profis, die Kartenzähler, die Falschspieler. Blackjack zum Beispiel. Unsere Leute dort drüben können zehn Spieler auf einmal im Auge behalten und feststellen, ob jemand Karten zählt. Der Mann im grauen Jackett sieht sich die Gesichter an und sucht nach Zockern, die immer mit hohen Einsätzen spielen. Sie wechseln ständig das Kasino, sind heute hier, morgen in Vegas, dann machen sie eine Woche Pause und tauchen in Atlantic City oder auf den Bahamas wieder auf. Falschspieler oder Kartenzähler erkennt unser Mann in dem Moment, in dem sie sich hinsetzen.« Piccolo übernahm das Reden. Barker beobachtete Ray, als wäre dieser ein potenzieller Falschspieler.
    »Wie nah können die Kameras herangehen?«, fragte Ray.
    »So nah, dass man die Seriennummer auf einem Geldschein lesen kann.
    Im vergangenen Monat haben wir einen Falschspieler erwischt, weil wir einen Diamantring erkannt haben, den er vorher schon einmal getragen hatte.«
    »Kann ich reingehen?«
    »Nein, tut mir Leid. «
    »Was ist mit den Tischen, an denen Craps gespielt wird? «
    »Genau die gleiche Überwachung, die allerdings etwas schwieriger ist, weil das Spiel schneller und komplizierter ist.«
    »Gibt es bei Craps professionelle Falschspieler?«
    »Selten. Genau wie bei Poker und Roulette. Falschspieler sind für uns kein großes Problem. Wir machen uns mehr Sorgen um Diebstähle durch Angestellte und Fehler am Tisch.«
    »Was für Fehler?«
    »Gestern Abend hat ein Spieler vierzig Dollar beim Blackjack gewonnen, aber unser Geber hat einen Fehler gemacht und die Jetons eingezogen.
    Der Spieler hat protestiert und den Pit Boss hinzugezogen. Unsere Leute hier oben hatten das Ganze beobachtet, daher konnten wir die Sache in Ordnung bringen.«
    »Wie?«
    »Wir haben einen Mitarbeiter vom Sicherheitsdienst nach unten geschickt, damit er dem Gast die vierzig Dollar auszahlt, sich bei ihm entschuldigt und ihm ein Abendessen spendiert.«
    »Was ist mit dem Geber passiert?«
    »Bisher hat es noch nie ein Problem mit ihm gegeben, aber noch ein Fehler, und er wird gefeuert.«
    »Es wird also alles aufgezeichnet?«

    »Alles. Jedes Blatt, jeder Wurf, jeder Spielautomat. Zurzeit laufen zweihundert Kameras.«
    Ray ging an der Spiegelwand entlang und versuchte, sich über das Ausmaß der Überwachung klar zu werden. Hier oben schienen mehr Leute in die Monitore zu starren, als unten Gäste spielten.
    »Wie kann ein Geber trotz all dem hier

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