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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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sagte Ray schließlich.
    »Wirklich?«
    »Ja. Wir werden Geld brauchen, um das Haus für den Verkauf herzu-richten, vermutlich um die fünfundzwanzigtausend. Was hältst du davon, wenn du, ich und Forrest den Rest miteinander teilen? «
    »Fünfundzwanzigtausend für Jeden?«
    »Genau. Was meinst du?«
    »Du nimmst das Geld nicht in den Nachlass auf?«, fragte sie. Mit den Gesetzen kannte sie sich besser aus als Harry Rex.
    »Warum sollte ich? Es ist Bargeld, niemand weiß etwas davon, und wenn wir es melden, geht die Hälfte für die Steuer drauf.«
    »Wie würdest du es erklären?« Sie war ihm wie immer einen Schritt voraus. Früher hatten alle gesagt, dass Claudia einen Fall schon entschieden habe, bevor die Anwälte mit ihrem Eröffnungsplädoyer begannen.
    Und sie liebte Geld. Modische Kleidung, Parfüm, immer ein neues Auto, und all das vom bescheidenen Gehalt einer Gerichtsstenotypistin. Wenn sie eine Rente bekam, war sie mit Sicherheit nicht sehr hoch.
    »Ich kann es nicht erklären«, erwiderte Ray.
    »Wenn es Spielgewinne sind, müsstest du seine Steuererklärungen für die letzten Jahre korrigieren.« Sie hatte sofort erfasst, was das bedeuten würde. »Was für ein Aufwand.«
    »Ein Riesenaufwand.«
    Der Aufwand wurde mit keinem Wort mehr erwähnt. Von ihrem Deal würde nie jemand erfahren.

    »Wir hatten einmal einen Fall«, sagte Claudia, während sie über den Rasen hinwegstarrte. »Vor dreißig Jahren, in Tippah County. Ein Mann namens Childers. Er hatte einen Schrottplatz und starb, ohne ein Testament gemacht zu haben.« Eine Pause, ein langer Zug an der Zigarette. »Er hatte mehrere Kinder, die nach seinem Tod überall Geld fanden, in seinem Büro, auf dem Dachboden, in einem Geräteschuppen hinter dem Haus, im Kamin.
    Es war wie beim Ostereiersuchen. Nachdem sie jeden Zentimeter im Haus und auf dem Grundstück durchsucht hatten, zählten sie das Geld. Es waren etwa zweihunderttausend Dollar. Und das von einem Mann, der seine Tele-fonrechnung nicht bezahlt und zehn Jahre lang immer denselben Overall getragen hatte.« Wieder eine Pause, wieder ein langer Zug. Sie konnte Hunderte solcher Geschichten erzählen. »Die Hälfte der Kinder wollte das Geld teilen und sich aus dem Staub machen, die andere Hälfte wollte es dem Anwalt sagen und das Geld bei der Nachlasseröffnung angeben. Die Geschichte sickerte durch, die Familie bekam es mit der Angst zu tun, und das Geld wurde in den Nachlass des Vaters aufgenommen. Die Kinder zerstritten sich. Fünf Jahre später war das ganze Geld weg - die Hälfte war an den Staat gegangen, die andere Hälfte an die Anwälte.«
    Sie brach ab, und Ray wartete auf den Schluss der Geschichte. »Was willst du mir damit sagen?«, fragte er.
    »Der Richter sagte, es sei eine Schande. Die Kinder hätten das Geld behalten und unter sich aufteilen sollen. Schließlich habe es ihrem Vater ge-hört.«
    »Für mich klingt das sehr vernünftig.«
    »Er hasste Erbschaftssteuern. Warum soll man dem Staat einen großen Teil seines Vermögens überlassen, nur weil man stirbt? Ich habe ihn jahrelang darüber schimpfen hören.«
    Ray nahm einen Umschlag, der hinter seinem Schaukelstuhl lag, und gab ihn Claudia. »Das sind fünfundzwanzigtausend in bar.«
    Sie starrte den Umschlag an. Dann sah sie ihm ungläubig ins Gesicht.
    »Nimm es«, drängte er sie. »Niemand wird je etwas davon erfahren.«
    Sie ergriff den Umschlag und war für einen Moment sprachlos. In ihren Augen standen Tränen, was bei ihr Seltenheitswert hatte. »Danke«, flüsterte sie und umklammerte das Geld noch etwas fester.

    Ray saß noch lange, nachdem Claudia gegangen war, in seinem Schaukelstuhl. Er wippte in der Dunkelheit hin und her, zufrieden mit sich selbst, weil er Claudia als Verdächtige streichen konnte. Die Tatsache, dass sie so bereitwillig fünfundzwanzigtausend Dollar angenommen hatte, war der Beweis dafür, dass sie nichts von der erheblich größeren Summe wusste.
    Aber es gab keinen Verdächtigen, der ihren Platz auf der Liste einneh-men konnte.

23
    Der Kontakt war über einen von Rays ehemaligen Studenten der Universität von Virginia hergestellt worden. Er war inzwischen Partner in einer großen New Yorker Kanzlei, die wiederum für jene Betriebsgesellschaft tätig war, der sämtliche Canyon Casinos im Land gehörten. Anrufe gingen hin und her, man erbat Gefälligkeiten und übte sehr behutsam und diploma-tisch Druck aus. Fragen der Sicherheit waren betroffen, und bei diesem heiklen Thema gab man

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