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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Benachrich-tigung eventueller Gläubiger wird heute beantragt und in einer Lokal-zeitung veröffentlicht. Auf eine Kaution wird verzichtet. Eine Liste der Vermögensgegenstände und die Abrechnung sind innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen einzureichen.«
    Genau dieselben Worte hatte Ray schon hundertmal von seinem Vater gehört. Er sah zu Richter Farr hoch.
    »Sonst noch etwas, Mr. Vonner?«
    »Nein, Euer Ehren«, antwortete Harry Rex.
    »Nochmals mein Beileid, Mr. Atlee.«
    »Danke, Euer Ehren.«
    Sie gingen zum Mittagessen zu Claude’s und bestellten frittierten Catfish. Ray war seit zwei Tagen wieder in Clanton und spürte bereits, wie sich das Fett in seinen Arterien ablagerte. Forrest hatte nicht viel zu sagen.
    Er litt noch unter den Nachwirkungen von Drogen und Alkohol.
    Rays Pläne waren ziemlich vage. Er sagte, dass er einige Freunde besuchen wolle und keine Eile habe, nach Virginia zurückzukehren. Forrest brach kurz nach dem Mittagessen auf und sagte, er müsse wieder nach Memphis.
    »Zu Ellie?«, fragte Ray.
    »Vielleicht«, sagte Forrest nur.

    Ray wartete auf der Veranda auf Claudia, die pünktlich um siebzehn Uhr kam. Er ging zu ihr, als sie ausstieg und vor dem Schild »Zu verkaufen«

    stehen blieb, das im Vorgarten zur Straße hin aufgestellt worden war.
    »Musst du das Haus wirklich verkaufen?«, fragte sie.
    »Entweder das, oder wir verschenken es. Wie geht es dir?«
    »Mir geht es gut, Ray.« Sie brachten es fertig, sich mit einem Minimum an Körperkontakt zu umarmen. Claudia trug eine Hose, flache Schuhe, eine karierte Bluse und einen Strohhut und sah aus, als käme sie gerade von der Gartenarbeit. Auf ihren Lippen leuchtete knallroter Lippenstift, die Wim-pern waren perfekt getuscht. Ray hatte sie noch nie ungeschminkt oder nachlässig gekleidet gesehen.
    »Ich bin froh, dass du angerufen hast«, sagte sie, während sie langsam die Auffahrt entlang zum Haus gingen.
    »Wir waren heute vor Gericht und haben den Nachlass eröffnet.«
    »Das war sicher sehr schwer für dich.«
    »Nein, es war nicht so schlimm. Ich habe Richter Farr kennen gelernt.«
    »Wie findest du ihn?«
    »Ganz nett, trotz allem, was geschehen ist.«
    Er nahm ihren Arm und führte sie die Treppe hinauf, obwohl Claudia trotz der zwei Schachteln Zigaretten, die sie am Tag rauchte, noch sehr gut zu Fuß war. »Ich kann mich noch daran erinnern, wie er angefangen hat«, sagte sie. »Er hatte gerade das Studium abgeschlossen und konnte den Klä-
    ger nicht vom Beklagten unterscheiden. Wenn ich noch da gewesen wäre, hätte Reuben die Wahl gewinnen können.«
    »Setzen wir uns hierher.« Ray deutete auf die zwei Schaukelstühle.
    »Du hast das Haus in Ordnung gebracht«, sagte sie, während sie den Blick über die Veranda gleiten ließ.
    »Das hat alles Harry Rex veranlasst. Er hat Maler, Dachdecker und ein paar Putzfrauen organisiert. Sie mussten den Staub von den Möbeln sand-strahlen, aber jetzt kann man hier wenigstens wieder atmen.«
    »Stört es dich, wenn ich rauche?«, fragte sie.
    »Nein.« Es spielte keine Rolle, was er sagte. Sie würde in jedem Fall rauchen.
    »Ich bin so froh, dass du angerufen hast«, wiederholte sie und zündete sich eine Zigarette an.
    »Ich kann dir Tee und Kaffee anbieten.«
    »Eistee bitte, mit Zitrone und Zucker«, erwiderte sie und schlug die Beine übereinander. Sie saß in ihrem Schaukelstuhl wie eine Königin, die auf den Tee wartete. Ray konnte sich noch gut an ihre engen Kleider und die langen Beine erinnern, damals, vor vielen Jahren, als sie direkt unterhalb des Richtertisches saß und mit stenografierte, während sie von sämtlichen Anwälten im Gerichtssaal angestarrt wurde.
    Sie redeten über das Wetter, wie alle Menschen im Süden, wenn eine Unterhaltung ins Stocken gerät oder es sonst nichts gibt, worüber man plaudern könnte. Sie rauchte und lächelte viel, weil sie sich wirklich freute, dass Ray an sie gedacht hatte.
    Sie wollte sich von ihm trösten lassen. Er versuchte, ein Rätsel zu lösen.
    Sie sprachen über Forrest und Harry Rex, zwei nicht ganz einfache Themen, und nach einer halben Stunde kam Ray schließlich zur Sache.
    »Wir haben Geld gefunden«, sagte er und ließ die Worte in der Luft hängen. Claudia nahm sie in sich auf, bedachte sie und fragte dann erst einmal:
    »Wo?«
    Es war eine ausgezeichnete Frage. Wo hatten sie das Geld gefunden?
    Auf einem Bankkonto zusammen mit den entsprechenden Dokumenten?
    Oder einfach so unter der Matratze?
    »In seinem

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