Der Ring der Kraft - Covenant 06
Periode endete, begannen die Gefährten Skorpionen und Hirschkäfern zu begegnen, die die Größe von Wölfen besaßen. Aber das Schwert der Ersten hielt ihnen diese bedrohlichen Geschöpfe vom Hals. Und wenn Blankehans und Nebelhorn das zusätzliche Gewicht Covenants und Lindens auf sich nahmen, kam die ganze Gruppe flott voran.
Trotz ihrer angeborenen Zähigkeit ermüdeten die Riesen allerdings zusehends, indem Staub, Hitze und Entfernung ihre Kräfte verschlissen. Nach dem zweiten Tag der Sonne der Seuchen folgte jedoch eine Sonne des Regens. Während die Gefährten in der Morgendämmerung auf Stein standen, spürten sie auf einmal unvermutete Kühle in den Gesichtern, als die Sonne aufging, umgeben von einem Strahlenkranz, dessen Farbe einem konzentrierten Tiefblau des Himmels glich. Dann begannen sich fast unverzüglich schwärzliche Wolken westwärts zu wälzen.
Der Gedanke an Regen erleichterte Covenants Herz. Aber als kräftiger Wind einsetzte, hartnäckig an seinen schmutzigen Haaren und dem verdreckten Bart zauste, fiel ihm wieder ein, wie schwierig es war, unter einer solchen Sonne durchs Land zu ziehen. Er wandte sich an die Erste. »Wir brauchen Seile.« Der Wind brauste in seinen Ohren. »Damit wir uns nicht verlieren.«
Linden starrte nach Südwesten, als beanspruche die Vorstellung, daß dort Schwelgenstein lag, all ihr Denken. »Der Regen ist ungefährlich«, sagte sie zerstreut. »Aber 's wird sehr viel fallen.«
Die Erste spähte den Wolken entgegen, nickte dann. Nebelhorn warf sein Bündel ab und holte eine Länge dicken Stricks heraus.
Das Seil war zu schwer, als daß man es um Covenant und Linden hätte schlingen können, ohne sie zu behindern. Als die ersten Regentropfen herabrauschten, schwer wie Kieselsteine, wand sich die Schwertkämpferin das Seil um die Hüften und führte es danach die Reihe der Gefährten entlang nach hinten, zu Nebelhorn, dessen Hünengestalt ihm den rückwärtigen Halt gab. Einen Moment lang ließ die Erste ihren Blick übers Gelände schweifen, um sich seine Beschaffenheit einzuprägen. Dann trat sie den Weg in das immer düsterer drohende Unwetter an.
Der Regen zog aus dem Osten heran, prasselte so laut herab wie Hagel. Die Wolken erstreckten sich vom einen bis zum anderen Horizont, nahmen bald auch die letzte Sicht. Trübnis drang wie Wasser in Covenants Augen. Schon konnte er kaum noch die Erste an der Spitze der Kolonne erkennen. Pechnases mißgestaltete Umrisse waren nur noch verschwommen sichtbar. Der Wind drückte gegen Covenants linke Schulter. Die Stiefel begannen unter ihm wegzurutschen. Übergangslos verwandelte sich Erde, so verdorrt, als wären Jahrhunderte der Trockenheit verstrichen, in Schlamm und Lehm. Sofort breiteten sich Pfützen am Untergrund aus. Der Wolkenbruch schlug mit der Wucht von Keulenhieben herab. Blindlings klammerte sich Covenant ans Seil.
Es führte ihn in einen konturenlosen Abgrund aus Regen. Die Welt verkam zu einem Pfuhl irrsinniger Nässe, die alles durchtränkte und aufweichte, einem Abwärtspeitschen von kaltem Wasser. Covenant überlegte, daß er seinen Überwurf hätte heraussuchen sollen, bevor der Regen anfing; sein T-Shirt war in diesem Gießen nur ein Fetzen. Wie konnte soviel Wasser vom Himmel rauschen, wenn die Nordlandebenen – das ganze Land – tagelang verzweifelt gedürstet hatten? Vor ihm war nur noch Pechnases Gestalt zu sehen, zwar sehr undeutlich, aber immerhin handgreiflich fest, außer dem Seil das einzige Handgreifliche in Covenants Nähe. Als er sich nach Cail, Nebelhorn, Hohl und Findail umzuschauen versuchte, traf der Sturm ihn mit voller Kraft ins Gesicht. Er wanderte durch eine Landschaft der äußersten Verhängnisfülle, weil es ihm mißlungen war, eine Antwort auf seine Träume zu ersinnen.
Schließlich war auch Pechnase nicht länger sichtbar. Der ohrenbetäubende Regenguß vertrieb aus der Luft jeden Rest von Helligkeit und Ausblick. Die Hände gefühllos von Lepra und Kälte, war sich Covenant keiner anderen Sache noch sicher als des Stricks, den er sich unter den Ellbogen geklemmt hatte, auf den er sein Körpergewicht stützte. Noch lange, nachdem er zu glauben angefangen hatte, es sei besser, diese Schinderei aufzugeben, die Gefährten sollten lieber irgendeinen Unterschlupf ausfindig machen und dort warten, bis sich das Unwetter verzog, zerrte das Seil ihn weiter vorwärts.
Und dann, ganz plötzlich, so wie jene Herbeirufungen, die seinem gesamten Leben einen anderen Verlauf
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