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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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nicht von der Schwellung an Lindens zerbissenem Finger lösen. Sonnenübel-Krankheit , dachte er voller Elend. Sie war schon einmal davon befallen worden. Sunder und Hollian, die sich mit dieser Art von Erkrankung auskannten, waren der Überzeugung gewesen, sie müsse sterben. Er würde Lindens Anblick nie vergessen, wie sie hilflos dagelegen hatte, in der Gewalt von Konvulsionen, die seinen Alpträumen an Schrecklichkeit nicht nachstanden. Nur ihre Sinneswahrnehmung und Voure hatten sie gerettet.
    Die Erinnerung daran trieb ihn zu dem Risiko, daß er nochmals ihren Zorn auf sich lud. »Ich dachte«, begann er, »ich hätte dir gesagt ...«
    »Und ich habe dir gesagt«, unterbrach sie ihn, »daß du mich in Ruhe lassen sollst. Es ist überflüssig, daß du mich bemutterst.« Aber Covenant musterte sie festen Blicks, zwang sie zur Anerkennung seiner Sorge. Im nächsten Moment legte sie ihre Streitbarkeit ab. Mit düsterer Miene schaute sie zur Seite. »Du brauchst dich deswegen nicht zu beunruhigen«, sagte sie mit einem Aufseufzen. »Ich weiß, was ich mache. Es hilft mir beim Konzentrieren.«
    »Hilft ...?« Er wußte nicht, wie er ihre Äußerung verstehen sollte.
    »Sunder hat recht gehabt«, entgegnete Linden. »Sie ist am schlimmsten ... die Sonne der Seuchen. Sie saugt an mir ... oder sich in mich ein. Ich weiß nicht, wie ich's beschreiben soll. Ich werde sie. Sie wird ich.« Der bloße Versuch, ihre Bürde in Worte zu fassen, ließ sie zusammenschaudern. Bedächtig hob sie die Hand, betrachtete ihren verletzten Finger. »Der Schmerz. Die Art, wie ich die Wunde fürchte. Das hilft mir dabei, den Unterschied zu wahren. Es hält mich getrennt.«
    Covenant nickte. Was hätte er anderes tun können? Lindens Anfälligkeit war für ihn zum Schrecken geworden. »Gib acht, daß es nicht zu arg wird«, sagte er heiser. Danach versuchte er noch einmal, Essen in seinen verkrampften Magen hinabzuzwingen.
     
    Der Rest des Tages verlief mörderisch. Und der nächste Tag war noch übler. Aber am frühen Abend, zum durchdringenden Lärmen von zahllosen Zikaden und schrillen Gesirre des Unmuts von durch den Qualm abgeschreckten Moskitos, gelangten die Gefährten in einen hügeligen Landstrich, in dem aus dem ausgedehnten Sumpf von Moos und bodendeckendem Efeu noch weitflächig Felsklötze aufragten. Das war glücklicherweise genau die richtige Gegend zum Lagern; denn als die Sonne erneut aufging, war sie von einer lehmbraunen Aura umringt. Nach nur zwei Tagen.
    Die Höhe der Findlinge schützte die Gefährten vor dem Effekt der Sonne der Dürre auf die Vegetation, die umgehend zu zerfallen begann. All das Grün, das durch die Sonne der Fruchtbarkeit hervorgebracht und durch die Sonne der Seuchen verpestet worden war, hätte ebensogut aus Wachs bestehen können. Die mit Braun umkränzte Sonne zerschmolz alles, zersetzte jede Form von Pflanzenfaser, jede Art von pflanzlichem Mark und Saft, sämtliche monströsen Insekten zu einem nekrotischen grauen Matsch. Die wenigen Büsche in der Umgebung sanken zusammen wie zu stark erhitzte Kerzen; Moos und Efeu zerflossen zu Jauche, die in den Mulden des Geländes schlammige Tümpel bildete. Das alles wirkte, als würde die Welt in einem Akt der Liebe und des Grams, beides gleichermaßen schauerlich, im Handumdrehen niedergerissen. Anschließend vertrocknete der Morast mit einer Schnelligkeit, als ob die Sonne der Dürre ihn aufsauge. Lange bevor der halbe Morgen verstrichen war, hatte sich jeder Hang, jede Senke, jeder Quadratmeter Erdboden in kahle Ödnis und Staub verwandelt.
    Für die Riesen war dieser Vorgang entsetzlicher als alles andere, das sie bislang gesehen hatten. Bis jetzt hatte nur das schiere Ausmaß der Macht des Sonnenübels sie bestürzt. Grün wuchs von selber, und Insekten und Fäule, wie kraß sie auch sein mochten, durften zum normalen Erfahrungsbereich zählen. Aber nichts hatte Covenants Begleiter auf eine so schnelle Vernichtung von soviel übermäßig üppiger Vegetation mitsamt all ihrer Pestilenz vorbereitet.
    »Ach, Ankertau Seeträumer!« stieß die Erste gedämpft hervor, während sie erschüttert rundum Ausschau hielt. »Kein Grund zur Verwunderung ist's, daß dir die Stimme ermangelte, um derlei Gesichte in Worte zu kleiden! Vielmehr ist's verwunderlich, daß du ausgehalten, sie allesamt ertragen hast ... ertragen in aller Einsamkeit.«
    Pechnase klammerte sich an seine Gattin, als wäre er innerlich ins Torkeln geraten. Nebelhorns Gesichtsausdruck

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