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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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seelenlosen Tonfall an. »Du fühlst es nicht. Es ist einfach grauenvoll. Dagegen kannst du nicht kämpfen.« Vor ihrem Gesicht wanden sich Dunstschwaden, als wäre auch sie in Fäule übergegangen.
    Nachdrücklich faßte Covenant Linden an den Schultern, grub seine tauben Finger hinein. »Ich vielleicht nicht. Aber du. Du bist die Sonnenkundige. Was glaubst du eigentlich, warum du hier bist?«
    Sonnenkundige. Die Elohim hatten ihr diesen Titel verliehen. Für einen Moment starrte sie wild drein, und er befürchtete, das dünne Gewebe ihrer Geistesklarheit zerrissen zu haben. Dann aber richtete sie ihren Blick mit solcher emotionaler Wucht auf ihn, daß er sich unwillkürlich duckte. Schlagartig schien sie sich in seinem Griff in Alabaster und Diamant zu verwandeln. »Laß mich los«, sagte sie deutlich und entschieden. »Du gibst zu wenig, um ein Recht zu so einem Benehmen zu haben.« Stumm flehte er sie um Verständnis an; doch sie ließ sich nicht erweichen. Als er die Arme senkte und zurücktrat, drehte sie ihm den Rücken zu, als wäre er nun ein für allemal aus ihrem Leben gestrichen. »Sammelt frisches Holz«, sagte sie zur Ersten. »Zweige oder dergleichen. Was ihr auftreiben könnt.« Ihre Stimme klang seltsam hart und spröde, nach nichts als Unnahbarkeit. »Taucht sie in Vitrim und zündet sie an. Der Rauch dürfte uns einen gewissen Schutz geben.«
    Die Erste war Zeugin der Spannung zwischen Covenant und Linden geworden, hatte ihre Brauen gehoben. Doch die Riesen zögerten nicht im geringsten; sie hatten mit Lindens besonderen Sinnesfähigkeiten bereits ausreichend Bekanntschaft gemacht. Innerhalb weniger Momente hatten sie mehrere Zweige in der Größe handlicher Fackeln von nahen Bäumen gebrochen. Gedämpft beklagte Pechnase den Einfall, sein kostbares Vitrim für einen derartigen Zweck zu verwenden, aber er reichte der Ersten bereitwillig einen der Schläuche, die er mittrug. Binnen kurzem hielten die vier Riesen und Cail brennende Zweige in den Fäusten, deren Flammen knisterten und sprühten und genug Qualm erzeugten, um selbst den Gestank des Vermoderns zum Teil zu überlagern. Unnatürlich große Fluginsekten sirrten zornig durch die Umgebung, dann summten sie davon, um andere Opfer zu suchen.
    Sobald der Proviant wieder zusammengepackt war, wandte die Erste sich um Instruktionen an Linden; feinfühlig hatte sie die in der Auserwählten vorgegangenen Veränderungen gespürt. Covenant war der Riesenfreund und Ringträger; aber das Überleben der Gefährten hing nunmehr von Lindens Wahrnehmungsvermögen ab. Ohne Covenant anzusehen, nickte Linden. Dann nahm sie Pechnases Stelle hinter der Ersten und Blankehans ein; und die Gruppe machte sich ans Weitermarschieren.
    Umwallt von Rauch und Modergestank erkämpften sich die Gefährten einen Weg durch die Wildnis. Unter der eigentümlichen Fäulniswirkung der scharlachroten Aura der Sonne zeigten sich Ranken, die zuvor zu hart für das Schwert der Ersten gewesen waren, nun mit beulenähnlichen Schwellungen übersät, die barsten, mit Rissen, aus denen es troff. Fauligkeit und Bohrkäfer hatten etliche Bäume befallen, zerfraßen ihr Inneres. Andere verloren breite Streifen ihrer Rinde, entblößten morsches Holz, in dem es zerstörerisch von Termiten wimmelte. Ab und zu setzte sich der betäubend-süßliche Duft von Orchideen gegen den scharfen Geruch des Qualms durch. Covenant hatte das Gefühl, sich durch die Frucht dessen schleppen zu müssen, was Lord Foul schon vor zehn Jahren beziehungsweise dreieinhalb Jahrtausenden zustande zu bringen bestrebt gewesen war – die Schändung alles Gesunden und Heilen im Lande, seine Umwandlung in Leprose. Hier zeichnete sich der Sieg des Verächters ab. Die Schönheit von Land und Gesetz war dahin. Mit Rauch in den Augen und Abscheu in der Magengegend, Anblicken der Brandigkeit und Qual an allen Seiten hoffte Covenant nun geradezu auf eine Sonne von nur zweitägiger Dauer.
    Allerdings bot die rote Sonne auch einen Vorteil; das Verrotten des Holzes ermöglichte es der Ersten, wieder mit dem Schwert einen Pfad zu bahnen. Die Gruppe konnte beschleunigt weiterziehen. Und schließlich wich der verwucherte Wald aus Zederzypressen einem Gebiet mit hohem, dickem Gras, das gänzlich entartet war und so klebrig wie eine Teergrube. Die Erste veranlaßte eine Rast für ein kurzes Mahl und ein paar Schlucke Diamondraught.
    Covenant hatte den Trank bitter nötig, aber zu essen vermochte er kaum etwas. Sein Blick wollte sich

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