Der Ring der Kraft - Covenant 06
aufgezwungen hatten, spannte ein Ruck, der von hinten ausging, das Seil, und die Kolonne kam zum Stehen; fast stürzte Covenant in den Schlick. Während er taumelte, ums Gleichgewicht rang, erschlaffte das Seil. Bevor er wieder richtig auf den Beinen stand, prallte jemand heftig gegen ihn, und er fiel der Länge nach in den Schlamm. Das Tosen des Sturms hatte einen sonderbaren Unterton angenommen, als riefen und schrien ringsum Leute. Fast unverzüglich packten große Hände Covenant, hoben ihn zurück auf die Füße. Ein Riese. Pechnase. Er schob Covenant durch den Wind ein Stück weit in die Richtung zum Schluß der Kolonne, veranlaßte ihn dann mit energischer Hand zum Stehenbleiben. Den Regen im Rücken, sah Covenant vor sich drei Gestalten. Sie sahen alle aus wie Cail.
Eine der Personen ergriff Covenants Arm, legte den Mund an sein Ohr. Durch das Rasen des Unwetters hörte er schwach Cails Stimme. »Da sind Durris und Fole von den Haruchai! Mit anderen unseres Volkes sind sie hier, um der Sonnengefolgschaft Widerstand zu entbieten!«
Regen drosch auf Covenant ein; Wind durchstob ihn. »Wo ist Sunder?« brüllte er. »Wo ist Hollian?«
Nun zeichneten sich im Toben des Wolkenbruchs verwaschen zwei weitere Gestalten ab. Eine von ihnen, so hatte es den Anschein, richtete einen Gegenstand auf Covenant. Weißes Licht strahlte davon aus, durchdrang die Dunkelheit. Helligkeitsschein schimmerte aus einem klaren Edelstein, den man an der Stelle, wo Klinge und Griff aneinanderstießen, in einen langen Dolch eingearbeitet hatte. Die Glut seines Gleißens ließ Regenwasser verzischen; das Licht selbst jedoch glänzte, als könne es von keinem Regen berührt werden. Loriks Krill.
Er erleuchtete sämtliche Gesichter rund um Covenant; die Mienen Cails und seiner Volksgenossen Durris und Fole, die Gesichtszüge Nebelhorns sowie Hohls und Findails, die an seinen Seiten standen; Pechnases Gesicht, die Gesichter der Ersten und Blankehans', die sich vorbeugten, zwischen sich Linden; und der beiden Menschen, die mit sich den Krill brachten.
Sie waren niemand anderer als Sunder, Nassics Sohn, Steinmeister aus dem Steinhausen Mithil, und die Sonnenseherin Hollian, Tochter Amiths.
8
DIE VERTEIDIGER DES LANDES
Die Ströme von Regen röhrten vom Himmel herunter wie Donner. Der Regen war voller Stimmen, die Covenant nicht zu hören vermochte. Sunder bewegte die Lippen; aber kein Laut erreichte Covenants Ohren. Hollian blinzelte in das Wasser, das ihr übers Gesicht rann, als wüßte sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Am liebsten wäre Covenant auf sie zugestürzt, um sie – schon aus Erleichterung, weil sie noch lebten – in die Arme zu schließen; aber der Lichtschein des Krill hielt ihn zurück. Er wußte nicht, was er zu bedeuten hatte. Das Gift in seinem Unterarm lechzte danach, sich seiner zu bemächtigen und ihn zu entflammen.
Erneut rief Cail direkt in Covenants Ohr. »Der Steinmeister wünscht zu erfahren, ob die Suche Erfolg erlangt hat.«
Da bedeckte Covenant das Gesicht, preßte die immanente Hitze seines Rings an seine Schädelknochen. Der Regen war zuviel für ihn; unterdrücktes Weinen krampfte ihm die Brust zusammen. Er hatte sich so sehr danach gesehnt, Sunder und Hollian wiederzusehen, daß er keinen einzigen Gedanken daran verschwendet hatte, was das Scheitern der Suche für die beiden Steinhausener heißen mußte.
Die Erste besaß ein schärferes Gehör als Covenant. Sie hatte Sunders Frage verstanden. Sie hob ihre Stimme, um ihm durch das Brausen des Regens zu antworten. »Die Suche ist zu einem Fehlschlag mißraten!« Ihr Tonfall bezeugte, wie stark das Eingeständnis sie belastete. »Ankertau Seeträumer ist vom Tod ereilt worden! Wir sind gekommen, um andere Hoffnung zu suchen!«
Obwohl Sunder aus vollem Halse brüllte, war seine Erwiderung kaum vernehmlich. »Hier werdet ihr keine Hoffnung finden!« Dann entfernte sich das Licht; der Steinmeister hatte sich umgedreht. Indem er den Krill in die Höhe reckte, um den Gefährten zu leuchten, strebte er durchs Unwetter voraus.
Covenant ließ die Hände sinken, als wären sie ein Schrei, den auszustoßen ihm nicht gelang. Im ersten Moment machte niemand Anstalten, Sunder zu folgen. Hollian stand, gegen den Lichtschein des Krill abgehoben, vor Covenant und Linden. Covenant bekam es kaum mit, als Hollian zu ihm trat und ihn zur Begrüßung an sich drückte. Ehe er reagieren konnte, ließ sie ihn stehen, um Linden zu umarmen. Doch der
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