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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sich wußte sie ihn zu ertragen. Und sie war eine Schwertkämpferin, gedrillt aufs Durchstehen bewaffneter Auseinandersetzungen. Die Gefährten hatten einen bedeutsamen Sieg errungen. In diesem Umfang hatte die Suche, deren Anführerin sie war, nun einen Erfolg zu verzeichnen.
    Irgendwie gelang es dem Paar, Linden mit einem Lächeln zu begrüßen. Sie waren Riesen, und Linden war wichtig für sie. Doch Linden fühlte sich wie von trockenem Wüstenwind durchfegt, weil sie sich mit ihnen nicht messen konnte; solche Freunde verdiente sie nicht.
    Ohne Umschweife deutete die Erste in die Heilige Halle. »Ein kühner Einfall, Auserwählte, höchsten Stolzes würdig. Stets rascher bewältigt das Wasser, was nicht einmal der Erdfreund mit all seiner Macht ...« Da unterbrach sie sich, betrachtete Linden genauer. Unvermittelt stieg der eigene Kummer von neuem in ihr auf, und Tränen quellen ihr in die Augen. »Oh, Auserwählte«, sagte sie gedämpft. »Dich trifft keine Schuld. Du bist sterblich, so wie ich ... Und unser Widersacher ist über jedwedes Maß hinaus voller Bosheit. Du darfst nicht ...«
    »Ich habe versucht, von ihm Besitz zu ergreifen«, fiel Linden der Ersten ins Wort. »Wie ein Wütrich. Beinahe hätte ich uns beide ins Unglück gestürzt.«
    Daraufhin legte die Riesin unversehens wieder ihre alte Härte an den Tag. »Nein.« Ihre Stimme klang schneidend scharf. »Aus Selbstvorwürfen vermag nichts zu gedeihen. Du bist dringlich vonnöten. Die Verwundeten sind in der Vorhalle gesammelt worden. Sie brauchen Beistand.« Sie verdrängte sichtlich eine schmerzliche Erinnerung. »Nebelhorn widmete sich ihnen«, fügte sie dann hinzu, »wiewohl er selbst übel zugerichtet ist. Dennoch gönnt er sich keine Ruhe.« Die Erste schaute Linden ins Gesicht. »Dein Werk ist's, dem er sich hingibt.«
    Ich weiß , seufzte Linden bei sich. Ich weiß. Ihr Blick trübte sich, Tränen rannen ihr aus den Augen, als bestünde kein Zusammenhang mit der Ödnis des Verlusts in ihrem Herzen. Indem sie es, was Anerkennung und Dank betraf, dabei beließ, bat sie Durris, sie in die Eingangshalle zu bringen.
    Als sie die große Halle betrat, erschütterte das darin angehäufte Unheil und Elend sie zutiefst. Der Zorn hatte den Steinboden stark beschädigt, ihm Brocken herausgerissen, die Fleischklumpen ähnelten. Tote Landläufer lagen in Lachen eigenen Blutes. Eine Anzahl Haruchai war vergleichbar schwer verletzt worden wie Nebelhorn; einer war tot. In ihren scharlachroten Roben lagen da und dort Gefolgsleute verkrümmt am Boden, so wie ihre Todeszuckungen sie verkrampft hatten. Schlimmer als alles andere aber waren die zerhackten und zerhauenen Leiber jener, die man nie hätte in den Kampf senden dürfen: der Köche und Wäscher, Hirten und Erntearbeiter der unschuldigen Bediensteten der Sonnengefolgschaft. Sie ruhten verstreut zwischen dem Wirrwarr ihrer unzureichenden Waffen, ihrer Hackmesser, Mistgabeln, Sicheln und Knüppel, gemahnten an die Verwüstung, die zuvor von ihren Herren übers Land gebracht worden war. Nun vermochte Linden ihr Weinen nicht mehr zu unterdrücken, und sie versuchte es erst gar nicht. Durch ihren Tränenschleier sprach sie zu Durris, schickte ihn und mehrere andere Haruchai los, damit sie Holz zum Schienen, Verbandszeug, ein scharfes Messer, heißes Wasser und allen Metheglin besorgten, der sich auftreiben ließ, um mit letzterem den restlichen Vitrim der Gefährten und den im Schwinden begriffenen Vorrat an Diamondraught zu ergänzen. Dann suchte sie Nebelhorn, indem sie sich statt anhand ihrer direkten Sicht mit ihrer Sinneswahrnehmung orientierte.
    Er schuftete zwischen den hingestreckten Gefolgschaftsmitgliedern, als wäre er Arzt – oder könnte einer werden, wenn er sich bloß hartnäckig genug weigerte, soviel Qual und Not ungelindert zu lassen. Er trennte die Toten von jenen, die vielleicht noch zu retten waren; den Überlebenden half er, so gut es ging, verband ihre Wunden mit Stoffstücken, die er aus der Kleidung der Gefallenen riß. Seine Aura wirkte auf Linden, als weine er ebenfalls, und ihr war, als könne sie deutlich seine Gedanken lesen: Auch diesen habe ich erschlagen. Sie habe ich zerschmettert. Ihn habe ich verkrüppelt. Diesem habe ich im Namen des Dienstes das Leben genommen.
    Linden mitempfand seine seelische Pein mit aller Schärfe. Mißtrauen gegen sich selbst hatte ihn in eine Art von Gier nach Gewalt getrieben, ihm Verlangen nach irgendwelchen Aktionen oder Taten eingegeben, mit

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