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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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zu bringen. Ein Ruck durchfuhr den Untergrund, als wäre er in Zuckungen der Pein verfallen, so daß Linden und Covenant der Länge nach hinstürzten. Linden prallte auf ihn, während die Hügel wankten. Die Wucht stieß ihm die Luft aus den Lungen. Linden wälzte sich von Covenant, versuchte auf die Beine zu gelangen. Die Erde zitterte wie von Ekel gepacktes Fleisch.
    Eine zweite Erschütterung schien rings um Linden die ganze Welt zu vertilgen. Sie zerriß den Himmel, als wäre die Sonne explodiert. Linden kam erneut zu Fall, wand sich im Dreck, der sich unter ihr aufbäumte. Vor ihrem Gesicht wallte der Staub wie aufgewühltes Wasser, tanzte im Gefolge der Stöße in feinen Wirbeln. Die Helligkeit wich, als hätte die Faust des Firmaments sich zu schließen begonnen. Als sie den Kopf hob, sah Linden aus allen Himmelsrichtungen fürchterliche Gewitterwolken heranbrodeln, näher wehen, um die blaue Korona der Sonne allen Blicken zu entziehen.
    Für einen Augenblick vermochte Linden nicht zu denken, hatte sie vergessen, wie man Bewegungen ausführte. Außer der in der Annäherung begriffenen Heftigkeit des Regens war kein Laut zu hören. Vielleicht war der Kampf auf der anderen Seite des Höhenzugs vorbei. Dann jedoch stellte sich Lindens Bewußtseinsklarheit mit der Plötzlichkeit eines Donnerschlags wieder ein. Voller Panik raffte sie sich auf Hände und Knie hoch, tastete mit ihren Sinnen nach den Steinhausenern.
    Sunder saß da, als hätte die Detonation von Erde und Himmel ihn nicht betroffen. Sein Kopf war gesenkt. Der Krill lag mit noch teilweise umhülltem Griff vor ihm am Erdboden. An den Rändern war Sunders Kleidung verkohlt worden. Seine Atmung ging flach, ließ sich kaum noch wahrnehmen. In seiner Brust humpelte sein Herz wie ein mißhandeltes Etwas vom einen zum nächsten Pochen. In Lindens erstem Schrecken glich sein Leben dem letzten Qualm eines gelöschten Dochts. Doch sobald sie mit ihrer Sinneswahrnehmung tiefer in ihn eindrang, erkannte sie, er würde mit dem Leben davonkommen.
    Hollian dagegen lag verkrümmt auf dem Rücken, die zerschnittenen und von der Hitze verstümmelten Handflächen offen unter der immer dunkleren Trübnis. Ihr schwarzes Haar säumte die fahle Wehrlosigkeit ihres Gesichts, bildete unter ihrem Kopf ein Kissen wie die gewölbte Hand des Todes. Zwischen ihren geöffneten Lippen sickerte ein dünnes Rinnsal von Blut hervor. Hastig kroch Linden durch den Staub, senkte ihr Wahrnehmungsvermögen überstürzt in die Sonnenseherin, tastete sich eilends in Hollians Inneres vor, versuchte ihren Geist zurückzurufen, bevor er das Irdische vollends floh. Aber Hollian starb zu schnell; Linden vermochte es nicht aufzuhalten. Hollian war zu schwer verletzt worden. Lindens Finger umklammerten die erschlafften Schultern der Sonnenseherin, schüttelten sie, als könnte sie dadurch die Lungen zum Weiteratmen zwingen; doch sie konnte nichts tun. Ihre Hände waren nutzlos. Sie war nur eine gewöhnliche Frau und zu Wundern außerstande – nichts war ihr klar als das Ausmaß ihres ständigen Versagens. Vor ihren Augen verrann das Leben der Sonnenseherin. Das rote Rinnsal aus ihrem Mund floß langsamer und schließlich gar nicht mehr.
    Macht: Linden hätte Macht besitzen müssen. Aber Gram sonderte sie von allem ab. Die Sonne blieb ihr unerreichbar. Die Erde war geschändet und dem Untergang geweiht. Und Covenant hatte sich verändert. Zuvor hatte sie ihm gegen seinen Willen wilde Magie abzapfen können; das war nun nicht länger möglich. Ein völlig neues Wesen war aus ihm geworden, eine Legierung aus Feuer und Persönlichkeit. Ohne Besitzergreifung mußte seine Macht ihr unzugänglich bleiben. Und selbst wenn sie es über sich gebracht hätte, ihm so etwas anzutun, wäre dafür Zeit erforderlich gewesen – Zeit, die Hollian längst nicht mehr hatte.
    Die Sonnenseherin wirkte im Tode bemitleidenswert klein und schmächtig, über jedes erträgliche Maß hinaus tapfer und gebrechlich. Und mit ihr war ihr Sohn verloren, ohne nur die allergeringste Chance zum Leben erhalten zu haben. Blicklos stierte Linden die Nutzlosigkeit ihrer Hände an. Der Krill -Edelstein schimmerte ihr ins Gesicht.
    Aus sämtlichen Richtungen gleichzeitig brauste Regen heran, prasselte übers Erdreich näher wie Flammen. Regentropfen klatschten rings um Linden auf den Untergrund, als Covenant sie packte, sie von Hollian zurückzerrte. Unwillkürlich empfand sie das Furchtbare seiner Seelennot. »Ich habe dir doch gesagt, du

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