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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mehrfach im Sattel einschlief und fast vom Rücken ihres Reittieres gefallen wäre.
    Dabei lag gerade erst die Hälfte ihrer heutigen Etappe hinter ihnen. Die schlimmere Hälfte, versuchte Robin sich einzureden. Die Sonne stand noch nahezu senkrecht über ihnen. Aber die verzerrten Schatten, die die Kamelreiter auf den unebenen Untergrund warfen, begannen allmählich wieder länger zu werden; die Mittagsstunde war vorbei, und damit auch die der größten Hitze. Vor ihnen lagen noch endlose Stunden, bis die Sonne wieder untergehen und es kurz nach Einbruch der Dunkelheit ebenso grausam kalt werden würde, wie es jetzt unerträglich heiß war. Doch mit jedem Schritt, den das Kamel tat, jedem Atemzug glühender Luft, die ihre Kehle weiter ausdörrte, wurde der Tag kürzer und rückte das Ende des Martyriums näher.
    Robin hob müde den Kopf und blinzelte aus entzündeten, schmerzenden Augen in die braunrote Landschaft, durch die sie ritten. Seit einiger Zeit bewegte sich die Karawane durch ein gewundenes Wadi, ein trockenes Flussbett, das sich tief in den Boden eingegraben hatte und zu beiden Seiten von rötlichem, hartkantigem Gestein eingefasst wurde. Auf dem Boden lag Geröll, kein Sand mehr. Felsbrocken und Trümmer in allen nur denkbaren Größen und Formen machten auch den Kamelen das Vorankommen schwer. Es war Robin ein Rätsel, warum Omar ausgerechnet diesen Weg gewählt hatte, denn er brachte keinerlei Vorteile. In dem ausgetrockneten Flussbett war es kein bisschen kühler. Die Hitze schien sich im Gegenteil hier noch zu stauen und es war nur eine Frage der Zeit, bis eines der Kamele einen Fehltritt tun und stürzen würde, was für Reiter wie Tier böse ausgehen konnte.
    Vielleicht hoffte Omar, auf dem Talgrund eher vor den Blicken etwaiger Verfolger verborgen zu bleiben oder dass ihre Tiere auf dem steinigen Boden so gut wie keine Spuren hinterließen. Obwohl Robin in Taktik und Kriegsführung allenfalls theoretisch ausgebildet war, wusste sie doch, dass eine so große Anzahl von Tieren unübersehbare Spuren hinterlassen würde, die ein erfahrener Fährtenleser auch noch nach Tagen zu deuten vermochte. Omar hatte entweder aus purer Verzweiflung diesen Weg eingeschlagen, oder er hatte andere Beweggründe, die er niemandem von ihnen anvertraut hatte.
    Wenn es so war, dann musste er wirklich eine gewaltige Überraschung parat haben, dachte Robin müde. Er verlangte das Allerletzte von Mensch und Tier. Die zurückliegenden beiden Tage hatten Robin mehr an Kraft geraubt, als sie in den Wochen seit ihrer Ankunft in diesem Land mühsam wieder zurückerlangt hatte. Soweit sie es in ihrer Erschöpfung mitbekam, erging es den anderen kaum besser. In der vergangenen Nacht hatte sie gehört, wie sich Nemeth und ihre Mutter gegenseitig in den Schlaf geweint hatten. Diese Flucht aus der Stadt, die zugleich die erste Etappe ihrer eigenen Flucht hatte werden sollen, war längst zu einem Albtraum geworden, der vielleicht nie ein Ende nehmen würde.
    Sie versuchte, sich mit der Zungenspitze über die rissigen, verschorften Lippen zu fahren, um sie anzufeuchten, aber es gelang ihr nicht. Ihr Gaumen war ausgedörrt und der Durst hatte ihre Zunge so unförmig anschwellen lassen, dass sie schon Schwierigkeiten mit dem Sprechen hatte. Zum unzähligsten Mal an diesem Tag glitt ihre Hand wie von selbst zu dem schmal gewordenen Wasserschlauch, der vor ihr am Sattel befestigt war, und zum unzähligsten Mal zog sie den Arm zurück, ohne die Bewegung beendet zu haben. Omar hatte sie alle eindringlich ermahnt, sparsam mit dem Wasser umzugehen, und Harun hatte diese Warnung Robin gegenüber noch einmal wiederholt.
    Ihr Weg würde sie an mehreren Wasserstellen und kleineren Oasen vorbeiführen, von denen man aber nie genau sagen konnte, ob sie im Moment Wasser führten oder nur ausgetrocknete Löcher voller Sand in einer Welt aus Stein waren. Omar hatte auch keinen Zweifel daran gelassen, dass sie so viel trinken konnte, wie sie wollte. Aber er hatte es laut genug gesagt, um ihr mit diesen Worten gleichzeitig vollkommen unmöglich zu machen, dieses Privileg zu nutzen. Von allen hier litt sie vermutlich am meisten unter Hitze und Durst, denn sie war weder in diesem Land aufgewachsen wie Saila und ihre Tochter, noch war sie lange Ritte durch die Wüste gewohnt, wie Omar, Mussa und die anderen. Aber sie würde lieber sterben, bevor sie die Rolle des verweichlichten Christenweibes spielte, die Omar ihr offenbar so gerne zugedacht hätte. So

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