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So kam der Mensch auf den Hund

Titel: So kam der Mensch auf den Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Lorenz
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|7| Wie es gewesen sein könnte
    Durch das hohe Steppengras ziehen Menschen, eine kleine Schar unbekleideter wilder Gestalten. In den Händen tragen sie Speere
     mit Knochenspitzen, einige haben sogar Pfeil und Bogen. Wohl gleichen sie körperlich den Menschen unserer Tage, aber ihr Benehmen
     mutet tierhaft an, rastlos und ängstlich blicken ihre dunklen Augen, genau wie bei einem scheuen Wild, das dauernd auf der
     Hut sein muß. Das sind noch keine freien Menschen, keine Herren der Erde, sondern Gejagte, die in jedem Dickicht Gefahren
     fürchten müssen.
    Die Stimmung ist gedrückt. Stärkere Verbände hatten sie jüngst gezwungen, das ursprüngliche Jagdgebiet zu verlassen und weit
     nach Westen in die Steppe auszuweichen, in unbekanntes Land, das viel mehr Raubtiere hat als die einstige Heimat. Obendrein
     war vor wenigen Wochen der alte erfahrene Jäger, der die Schar führte, einem säbelzähnigen Tiger zum Opfer gefallen. Daß der
     Räuber später an einem Speerstich zugrunde ging, war kaum ein Trost in dem Unheil.
    Am meisten litt die Horde unter Schlafmangel. In der alten Heimat hatten alle am Feuer geschlafen, das in einem weiteren Gürtel
     auch die lästigen Goldschakale 1 umlagerten; dadurch ersparte man Wachen, da die Schakale schon von weither das Nahen eines Raubtieres anzeigten. Freilich waren sich jene primitiven
     Menschen dieses Nutzens nicht bewußt. Wenn sie auch nicht gerade einen Pfeil verschwendeten, so scheuchten sie doch mit Steinwürfen
     den Schmarotzer, der sich an das Feuer wagte.
    |8| So ziehen sie dahin, müde und schweigsam. Die Nacht wird bald einfallen, aber die Horde hat noch immer keinen Platz gefunden,
     der für ein Lagerfeuer taugte, um endlich die karge Beute des Tages, ein Stück Wildschwein, den Rest vom Mahle eines Säbelzahntigers,
     zu braten.
    Plötzlich, gleich verhoffenden Rehen, wenden alle die Köpfe gespannt in die nämliche Richtung: Sie haben einen Laut gehört.
     Der konnte nur von einem wehrhaften Tiere sein, denn die Gejagten haben gründlich gelernt, sich still zu verhalten. Und wieder
     dieser Laut. Ja, es ist ein Schakal, der da schreit. Seltsam bewegt steht die Horde und lauscht dem Gruß aus besseren und
     weniger gefährlichen Zeiten. Und dann tut der junge, hochstirnige Leiter der Horde etwas den anderen Unverständliches: Er
     trennt ein Stück von der Beute ab und wirft es auf den Boden. Möglich, daß sich die anderen ärgern, sie leben schließlich
     nicht so im Überfluß, daß man den Braten in der Steppe verstreuen dürfte. Wahrscheinlich wußte der Junge selbst nicht, weshalb
     er es tat, er handelte offenbar gefühlsmäßig, vielleicht wünschte er, die Schakale näher bei sich zu haben. Jedenfalls legte
     er noch öfters ein Stückchen Wildschwein auf die Spur. Begreiflich, daß die anderen dies für einen üblen Scherz nahmen und
     der Hordenleiter sich nur mit Mühe des Grimmes der Hungrigen erwehren konnte.
    Schließlich saßen sie aber doch alle am Feuer, und mit der Sättigung überkam wieder der Friede die aufgebrachte Schar.
    Mit einem Male hört man das Heulen der Schakale. Sie haben die ausgelegten Stücke gefunden und nähern sich auf der Spur dem
     Lager. Da sieht einer fragend nach dem Hordenführer, steht dann auf und legt in einiger Entfernung Knochen nieder, dort, wohin
     gerade noch der Feuerschein reicht. Ein bedeutendes Ereignis: die erste Fütterung eines nützlichen Tieres durch den Menschen.
    Heute darf die Horde ruhig schlafen, denn die Schakale umschleichen das Lager, sie sind verläßliche Wächter. Und als am anderen
     Morgen die Sonne aufgeht, ist die Menschenhorde |9| gut ausgeruht und vergnügt. Von diesem Tage an wird kein Stein mehr nach einem Schakal geworfen...
     
    Viele Jahre sind vergangen, viele Generationen. Die Schakale sind zahmer, furchtloser geworden. In größeren Scharen umlagern
     sie die Plätze der Menschen, die jetzt sogar Wildpferde und Hirsche erlegen. Die Schakale haben auch ihre Lebensweise geändert:
     Während sie früher nur nächtens umherzogen, tagsüber aber tief versteckt im Dickicht ruhten, sind die Stärksten und Klügsten
     zu Tagtieren geworden und folgen dem jagenden Menschen auf seinen Beutezügen.
    Und da mag es denn einmal geschehen sein, daß die Horde die Spur einer trächtigen Wildpferdstute aufgenommen hat, die durch
     eine Speerwunde in ihrer Flucht behindert wurde. Die Jäger sind sehr erregt, zumal die Kost seit langem schmal ist. Daher
     folgen auch die Schakale

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