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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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müssen, bis Reisende durch diese Gegend zogen, denen sie sich anschließen konnte.
    Oben auf dem Hügel angekommen, beschleunigte Nemeth ihre Schritte, um die jenseitige Böschung in einem geradezu atemberaubenden Tempo hinabzusausen. Robin folgte ihr nicht, sondern blieb stehen und warf einen langen Blick in die Landschaft. Es gab nicht besonders viel zu sehen. Vor ihr lag karges Hügelland. Ein gutes Stück entfernt zog sich eine schmale Linie von Grün durch das Graubraun aus ausgedorrter Erde und Felsen. Vermutlich ein kleiner Bach, der irgendwo südlich des Dorfes ins Meer mündete. Zu den Bergen am Horizont hin stieg das Land langsam an. Am Fuß des Hügels lief ein ausgetretener Pfad, der sich in Schlangenlinien in der Ferne verlor.
    Vielleicht würde sie doch nicht so lange warten müssen, bis hier Reisende vorbeikamen, dachte Robin und schlang sich fröstelnd die Arme um den Leib. Die schneidende Kälte überraschte sie. Nach allem, was sie von Salim über dieses Land gehört hatte, sollte es nur aus Sand und Hitze bestehen. Aber der Wind, der ihr ins Gesicht schlug, war eisig, und er biss ohne den geringsten Widerstand durch ihr Kleid.
    Frierend rieb sie sich die Oberarme und dachte ernsthaft darüber nach, wieder zum Zelt zurückzugehen und dort abzuwarten, bis die Sonne höher stieg und die Kälte vertreiben würde. Sie wollte schon wieder aufbrechen, als sie ein Geräusch hinter sich hörte. Als sie sich umdrehte, fuhr sie entsetzt und mit einem halblauten, spitzen Schrei ein paar Schritte zurück. Vor ihr stand die bizarrste Kreatur, die sie jemals gesehen hatte! Im Halbdunkeln und aus einem Dutzend Schritten Entfernung hätte man sie vielleicht für ein Pferd halten können, aber das Tier war viel größer als jedes Ross, das sie je zu Gesicht bekommen hatte, und unvorstellbar hässlich. Es hatte lange, dürre Beine mit übergroßen, plumpen Fußballen und dicken, wie geschwollen aussehenden Kniegelenken. Sein Fell war struppig und ungepflegt. Der kurze Schwanz peitschte nervös hin und her. Auf seinem Rücken befand sich so etwas wie ein Buckel und am Ende des langen, biegsamen Halses saß ein abgrundtief hässlicher Schädel mit einem breiten, schlabbernden Maul und riesigen Augen, die Robin - wie es ihr schien - voller tückischer Bosheit musterten. Es hatte riesige stumpfe Zähne, die ununterbrochen mahlten, und es stank wortwörtlich zum Himmel.
    Hinter dieser grässlichsten Kreatur unter den Geschöpfen Gottes erscholl helles Kinderlachen. Robin wandte nervös den Blick und begegnete Nemeths breitem und eindeutig schadenfrohem Grinsen. Robin sah zu dem Ungeheuer hoch und dann wieder in das Gesicht des Mädchens. Plötzlich kam sie sich ziemlich albern vor. Nachdem sie ihren ersten Schrecken überwunden hatte - und vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass dieses Kind ganz eindeutig keine Angst vor dem Monster zu haben schien -, begann ihr Verstand ganz allmählich wieder zu arbeiten. Jetzt erinnerte sie sich auch daran, dass Salim ihr von genau diesen Tieren berichtet hatte: Kamele hatte er sie genannt, manchmal auch Dromedare, was ein Unterschied zu sein schien, auch wenn er Robin nicht ganz klar war. Er hatte ihr erzählt, dass sie in seinem Land sozusagen die Stelle von Pferden einnähmen und diesen, was Ausdauer und auch Schnelligkeit anging, sogar überlegen seien. Zumindest, dachte Robin, übertrafen sie auch den jämmerlichsten Klepper, den sie je gesehen hatte, was Hässlichkeit anging.
    Um Nemeth - und vor allem sich selbst - zu beweisen, dass sie keine Angst vor dieser Kreatur hatte, machte sie einen Schritt auf das Kamel zu und blieb erschrocken wieder stehen, als das Tier seinerseits näher kam, den riesigen Kopf senkte und seine Nüstern so dicht an ihr Gesicht brachte, dass Robin von dem Gestank beinahe übel wurde. Sie schloss angewidert die Augen, blieb aber tapfer stehen, selbst als das Monster begann, ihr mit einer langen, schlabbernden Zunge das Gesicht abzulecken.
    Nemeth lachte kichernd, kam mit ein paar schnellen Schritten näher und klatschte in die Hände. Das Kamel zuckte erschrocken zurück, sah das Mädchen einen Moment lang fast vorwurfsvoll an, drehte sich dann behäbig um und trottete davon. Jetzt erst bemerkte Robin verwundert die ledernen Fesseln an den Vorderbeinen des Tieres, die ihm lediglich erlaubten, sich mit ungelenken, trippelnden Schritten zu bewegen.
    Robin sah dem grotesken Geschöpf stirnrunzelnd nach. Salims Behauptung über die angebliche

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