Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
sodass sich Robins Magen beim Anblick des Toten zu einem harten Klumpen zusammenballte, der mit aller Macht versuchte, ihren Hals emporzuklettern. Ihr Herz begann zu pochen. Der Schrecken ließ eisige Schauer über ihren Rücken laufen und ihre Knie wurden weich. Und dennoch zwang sie sich, zweimal tief ein- und auszuatmen und dann die Augen wieder zu öffnen und dem furchtbaren Anblick Stand zu halten.
    Das Bild, das sich ihr bot, wurde auch beim zweiten Anblick nicht besser, aber sie war plötzlich sicher, dass es sehr, sehr wichtig für sie sein könnte, den Inhalt dieses Bootes genauer in Augenschein zu nehmen. Es gab nur diesen einen Leichnam. Darüber hinaus war das Boot so gefüllt mit Schwertern, Dolchen, Kleidungsstücken, Helmen, Schilden, Rüstungsteilen, Bögen und anderem Strandgut, dass sich Robin fragte, wie es bei diesem Gewicht überhaupt noch hatte schwimmen können. Allein die Waffen, die der Fischerkahn geladen hatte, mussten ausreichen, um eine kleine Armee auszustatten. Und es waren längst nicht nur die Krummsäbel und Rundschilde der Muselmanen. Da waren auch Breitschwerter, Morgensterne und Streitkolben - und mindestens ein Dutzend weißer Wappenröcke mit dem roten Tatzenkreuz der Tempelritter.
    Während Robin das Boot weiter durchsuchte, wurde ihr nur allmählich klar, was geschehen war und auch wie sie hierher gekommen war. In dem dichten Nebel am vergangenen Tag hatte es keiner von ihnen bemerkt, aber die Schlacht gegen die Sarazenen musste in unmittelbarer Nähe des Ufers stattgefunden haben. Möglicherweise waren die Fischer hier sogar von seinem Lärm angelockt worden. Vielleicht hatte sie auch nur eine Laune des Schicksals mitten auf das maritime Schlachtfeld geführt. So oder so - sie mussten sich in unmittelbarer Nähe befunden haben, als Robin über Bord gegangen war. Doch allem Anschein nach war ihnen weniger daran gelegen gewesen, Überlebende der Schlacht zu finden und möglicherweise sogar vor dem Ertrinken zu retten, als vielmehr möglichst viel Beute zu machen.
    Warum sie den toten Templer aus dem Wasser gezogen und mitgebracht hatten, blieb Robin ein Rätsel, aber sie verspürte ein neuerliches, noch kälteres Schaudern, als ihr klar wurde, dass Salim ihr in mehr als einer Beziehung das Leben gerettet hatte, als er darauf bestand, dass sie das schwere Kettenhemd auszog und sich ihrer Waffen entledigte. Hätten die Fischer sie im Wasser treibend gefunden und nicht praktisch auf Anhieb gesehen, dass sich unter dem weißen Wappenrock kein Mann verbarg, hätten sie sie zweifellos ertrinken lassen - oder ihr vielleicht auch kurzerhand die Kehle durchgeschnitten.
    Hinter ihr wurde plötzlich eine erboste Stimme laut. Robin verstand zwar die Worte nicht, aber ihr Sinn war ihr klar, noch bevor sie sich herumdrehte und ins Gesicht des bärtigen Mannes blickte, den sie schon am Tag zuvor kennen gelernt hatte. Er war nicht allein, sondern in Begleitung von fünf oder sechs anderen Arabern gekommen, die kein bisschen weniger aufgeregt und wütend zu sein schienen als er.
    Robin wich unwillkürlich zwei Schritte vom Boot zurück. Sie konnte verstehen, dass der Bärtige nicht begeistert war, sie schon wieder - und noch dazu allein, denn Nemeth war offensichtlich davongelaufen - hier draußen zu erblicken. Die Mischung aus rasender Wut und eindeutigem Schrecken in seinen Augen blieb ihr aber ein Rätsel. Noch immer wütend auf sie einbrüllend und mit den Armen fuchtelnd, kam der Bärtige weiter auf sie zu.
    Robin hob instinktiv die Arme vor das Gesicht; nicht aus Angst, dass er sie schlagen könnte, sondern einfach aus einem Reflex heraus. Der Bärtige deutete die Bewegung aber ganz offensichtlich falsch. Er packte sie grob mit der linken Hand an der Schulter - so fest, dass der Schmerz Robin die Tränen in die Augen trieb - und holte mit der anderen aus, um sie nun tatsächlich zu schlagen. Das war zu viel. Ganz so, wie Salim es ihr unzählige Male gezeigt hatte, griff sie nach seiner Hand, versuchte jedoch nicht, seinen Schlag abzufangen, sondern zerrte noch zusätzlich an seinem Arm und drehte sich dabei blitzartig halb um ihre eigene Achse. Der Bärtige ächzte vor Überraschung, als er plötzlich nach vorne gerissen wurde und das Gleichgewicht verlor. Er stolperte an ihr vorbei und prallte mit großer Wucht gegen das Boot. Mit einem ächzenden Wimmern brach er in die Knie. Robin wich rasch ein Stück zurück und spannte sich, um auf einen neuen Angriff vorbereitet zu sein.
    Aber es

Weitere Kostenlose Bücher