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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schnelligkeit dieser Tiere war wahrscheinlich nicht ganz ernst gemeint gewesen. Zumindest dieses Kamel schien alle Mühe zu haben, sich überhaupt auf den Beinen zu halten, denn abgesehen von den Fesseln schaukelte es auch noch bei jedem Schritt so gefährlich nach rechts oder links, dass Robin sich nicht gewundert hätte, wäre es auf die Nase gefallen. Nemeth zupfte an ihrem Kleid und machte eine Geste, deren Bedeutung Robin nicht verstand. Sie strahlte über das ganze Gesicht.
    »Ich weiß, du wolltest mir dein Tier zeigen«, sagte Robin. »Anscheinend bist du auch noch stolz auf dieses hässliche Vieh.«
    Nemeth nickte heftig, wiederholte ihre Geste… und dann begriff Robin auch, was sie ihr sagen wollte.
    »Die… die Milch?«, fragte sie. Ihre Stimme wurde ein wenig schrill. »Du willst mir sagen, ich habe Milch von diesem… diesem Ding getrunken?« Sie verstand Nemeths Antwort zwar nicht, aber an der Bedeutung ihres Nickens gab es keinen Zweifel.
    »Oh«, sagte Robin. »Ja, das war… ganz köstlich. Ich danke dir noch einmal, aber ich glaube, in Zukunft werde ich doch lieber Wasser trinken.«
    Nemeth deutete aufgeregt gestikulierend zum Pfad am Fuß des Hügels hinab, aber Robin war für den Augenblick nicht nach weiteren Abenteuern zumute. Sie schüttelte sanft, doch entschlossen den Kopf, drehte sich wieder herum und sah auf das Dorf hinab. Ihr war ebenso wenig danach, wieder ins Zelt zurückzugehen und tatenlos abzuwarten, was das Schicksal als Nächstes mit ihr vorhatte. Da sie ja schließlich keine Gefangene hier war, konnte sie die Gelegenheit ebenso gut nutzen und sich einen Überblick über das Dorf und seine Bewohner verschaffen.
    Vom Kamm des Hügels herab konnte sie das gesamte Dorf überblicken. Ihre Einschätzung von gestern schien richtig gewesen zu sein, auch wenn sie noch ein paar weitere Häuser entdeckte. Dennoch lebten also an diesem Ort kaum mehr als hundert Menschen, vermutlich waren es eher weniger. Kaum eines der Häuser schien wesentlich größer zu sein als jenes, in dem Nemeth mit ihrer Familie lebte.
    Neben und zwischen etlichen Gebäuden waren große Gestelle aufgebaut, auf denen Netze unterschiedlicher Größe und Machart trockneten. Bei einigen Häusern gab es Pferche mit Zäunen aus ausgeblichenem Treibholz. Sie waren jedoch alle leer. Vielleicht hielten die Dorfbewohner dort Schafe und Ziegen oder auch Tiere, von denen sie noch nie zuvor etwas gehört hatte.
    Unten am Ufer, nahe dem Boot, machte sie eine Bewegung aus. Vielleicht würde sie ja Saila dort treffen. Ohne auf Nemeth zu achten, die unentwegt weiter an ihrem Gewand zupfte und ihr anscheinend etwas auf der anderen Seite des Hügels zeigen wollte, lief sie wieder den Pfad hinab. Wenn es sich bei den Bewohnern dieses Dorfes wirklich um Fischer handelte, dann machten sie sich jetzt vermutlich bereit, um mit dem ersten Licht des Tages auszulaufen und auf Fischfang zu gehen.
    Sie kam an einigen Häusern vorbei, die allesamt verlassen waren. Die Stille hier war unheimlich. Vielleicht waren die Fischerboote auch schon ausgelaufen, beruhigte Robin sich in Gedanken. Als sie den Strand erreichte, war auch dort niemand zu sehen. Nur ganz weit draußen auf dem bleigrauen Meer entdeckte sie zwei winzige dreieckige Segel. Die Bewegung nahe dem Boot rührte vom Segeltuch her, mit dem es abgedeckt war. Träge flatterte der schmutzige Stoff in Morgenwind. Nach den zurückliegenden Tagen auf See interessierte sich Robin für alles, nur nicht für Schiffe. Dennoch fragte sie sich, warum man das Boot wohl abgedeckt hatte. Die Reling des langen Fischerkahns war recht hoch und man konnte nicht ohne Weiteres ins Innere des Bootes sehen. Dicke Schmeißfliegen krochen über das Segeltuch. Es stank nach Fisch, Tang und noch etwas anderem, Süßlichem. Robin zögerte noch einen Augenblick, dann griff sie nach der Reling. Nemeth, die ihr gefolgt war, stieß einen ängstlichen Schrei aus und zerrte heftig am Saum ihres Kleides.
    »Keine Angst«, sagte Robin. »Ich habe nicht vor, das Boot ins Wasser zu schieben und damit davonzurudern.« Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um einen Blick über die niedrige Bordwand zu werfen. Und dann wünschte sie sich, sie hätte auf Nemeth gehört.
    Das Boot war nicht leer. Direkt vor ihr lag der Leichnam eines Mannes. Es war kein Muselmane, sondern die übel zugerichtete Leiche eines Tempelritters. Sein Gesicht war von einer schrecklichen Wunde entstellt und von eingetrocknetem Blut bedeckt,

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