Der Ring des Sarazenen
schon Sklavin in diesem Haus, als ich noch gar nicht auf der Welt war. Ich glaube, sie hat schon meinem Großvater gedient, zumindest aber meinem Vater.« Er lächelte flüchtig. »Ohne sie wäre dieser Ort nur ein Haus und kein Zuhause, fürchte ich. Ich kenne sie mein Leben lang und ich habe sie geliebt wie meine eigene Mutter. Vielleicht ist sie der einzige Mensch in dieser ganzen Stadt, dem ich wirklich trauen kann.«
»Und trotzdem habt Ihr sie fast umgebracht.«
»Sie hat mich enttäuscht«, antwortete Omar, plötzlich wieder mit harter Stimme.
»Ist ein Mann wie Ihr das nicht gewohnt?«, fragte Robin böse.
Der Sklavenhändler sah sie einen Herzschlag lang auf sonderbare Weise an. Er wirkte nicht zornig, eher traurig, und sie begriff, dass ihre Frage ihm wirklich wehgetan hatte. Sonderbarerweise empfand sie keine Freude bei dieser Erkenntnis. »Ja«, antwortete er schließlich. »Hintergangen zu werden ist niemals schön. Aber es ist umso schlimmer, je mehr du dem Betrüger zuvor vertraut hast.«
»Aber es ist doch nur ein Ring!«
Wieder schüttelte Omar den Kopf. »Das ist er nicht«, erklärte er. Er sah ein wenig überrascht aus. »Ich glaube fast, du hast die Wahrheit gesagt, als du behauptet hast, du wüsstest nicht, was dieser Ring bedeutet. Für dich ist er tatsächlich nur ein Andenken, nicht wahr?«
»Ist er denn mehr?«
»Hast du je von den Ismailiten gehört?« Robin schüttelte den Kopf.
»Nun, dieser Ring gehört einem Ismailiten, ganz ohne Zweifel, und wie es aussieht, keinem gewöhnlichen Krieger oder Kaufmann. Du zusammen mit dem Ring bist die kostbarste Ware, die ich je besessen habe.«
Ismailiten? Salim hatte ihr erklärt, er sei ein Tuareg, und er wusste so viel über dieses stolze Wüstenvolk zu erzählen, dass ihr niemals auch nur der leiseste Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Behauptung gekommen war. Aber auf der andern Seite hätte er ihr ebenso gut erzählen können, er stamme vom Mond, und sie hätte es vermutlich auch geglaubt. »Was sind Ismailiten?«
»Du wirst sie kennen lernen«, erwiderte Omar, während er wieder zum Fenster schlenderte und hinaussah. Er fuhr fort, ohne sich zu ihr herumzudrehen: »Ich war in den vergangenen Tagen unterwegs, um deine Freunde zu benachrichtigen. Darüber hinaus hat auch Al-Malik al Mustafa Omar, der Herrscher über diese Stadt, Interesse an der wunderschönen weißen Sklavin bekundet, von der er gehört hat. Ich bin noch nicht sicher, wem ich den Zuschlag geben werde. Die Ismailiten sind mächtig und einflussreich und niemand möchte sie zum Feind haben, aber Al-Malik ist nicht nur der Herrscher über diese Stadt, er ist auch ein Neffe Sultan Saladins.« Omar drehte sich nun doch zu ihr herum und sah sie nachdenklich an. »Wer weiß, vielleicht schicke ich auch noch einen Boten in die mächtige Burg deiner Freunde nahe Hama, um die P r inze s sin, die man in einem Rittergewand aus dem Meer gefischt hat, zum Verkauf anzubieten.«
In seiner Stimme war plötzlich etwas Lauerndes, ein Unterton, der Robin warnte und sie davor bewahrte, die unbedachte Antwort zu geben, die Omar zweifellos hatte provozieren wollen. Schweigend hielt sie seinem Blick stand, schließlich zuckte Omar mit den Schultern, stieß sich von der Wand neben dem Fenster ab und ging mit langsamen Schritten zur Tür.
»Harun al Dhin wird später wieder zu dir kommen«, sagte er. »Ich rate dir, seinen Lektionen aufmerksam zu folgen, denn wenn der Neffe Saladins dich ersteigern sollte, dann wäre es besser für dich, wenn du mehr als blasse Haut und goldfarbenes Haar zu bieten hättest. Das Leben einer Haremsdame, deren Herr das Interesse an ihr verloren hat, kann sehr unerfreulich sein.«
»So wie das Leben einer Sklavin, deren Ziehsohn sein Interesse an ihr verloren hat?«, fragte Robin.
Omar blieb mitten im Schritt stehen und drehte sich zu ihr herum. In seinen Augen blitzte es auf. Für einen Atemzug verdüsterte Wut sein Antlitz, und Robin wäre nicht überrascht gewesen, hätte er sie geschlagen. Dann aber entspannte er sich wieder und sagte: »Gegen die, die man am meisten liebt, muss man manchmal am grausamsten vorgehen, wenn man als gerechter Herr gelten will. Naida hat mich beschämt und gedemütigt. Glaube mir, dass der Schlag, den ich ihr versetzt habe, mich mehr schmerzt als sie. Aber wenn ich sie ungestraft davonkommen lasse, wird vielleicht ein anderer Sklave herauszufinden versuchen, wo seine Grenzen sind. Und ihn müsste ich dann töten lassen.« Er
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