Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
Vom Netzwerk:
schneller, wütender, aber gültiger Konsens. Vielleicht hätte Moira uns aufgehalten, vielleicht hätte sie zugestimmt, wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass wir keine Zeit zu verlieren haben.
    Kaum ist Quant in eine Nebenstraße abgebogen, kommen wir schneller voran. Fünfzehn Stundenkilometer, immerhin. Ein paar Minuten später haben wir den Fluss erreicht und kurz darauf überquert. Auf der Südseite geht es weiter, auf der Hauptverkehrsader Richtung Nordosten, Richtung Ankerstation.
    »Du hast uns gerettet, Eliud«, sagt Strom, weil Meda nicht in der Lage ist, für uns zu sprechen. Sie hält Moiras Hand und starrt ins Leere.
    Eliud grinst. »Ja. Und wie! Hast du gesehen, wie ich Traktor gefahren bin?«
    »Gesehen nicht, aber gehört. Aber wie hast du uns überhaupt gefunden?«
    Er runzelt die Stirn. »Die haben mich gar nicht gesehen, obwohl sie direkt an mir vorbeigerannt sind. Ich bin ihnen dann einfach hinterhergelaufen, bis zu diesem großen Haus. War ganz einfach.«
    »Kinder werden oft übersehen.«
    »Ja, aber die waren wirklich blind. Egal. Dadurch wusste ich also, welches Gebäude es ist. Aber da es so groß ist, musste ich erst mal herausfinden, wo genau ihr seid.«
    »Und wie hast du das gemacht?«
    »Ich bin reingegangen.«
    Strom lacht. »Du bist reingegangen? Einfach so?«
    »Na klar. Da waren tausend Leute, aber die hatten alle so ein Interface im Nacken, und mich haben sie überhaupt nicht beachtet. Ein paar von denen saßen in irgendwelchen großen Zimmern herum und haben an die Wand gestarrt. Und alle waren über Kabel mit Steckdosen verbunden. Überhaupt waren da überall Kabel.«
    »Das war sehr mutig von dir.«
    »Na ja, ehrlich gesagt hatte ich ziemliche Angst.«
    »Mutig war es trotzdem«, sagt Meda.
    »Meine Mutter war auch da. Ich musste eine Weile nach ihr suchen, aber das war kein Problem. Die haben sich nicht um mich gekümmert. Ich hatte das Gefühl, dass denen erst irgendjemand sagen muss, dass sie mich aufhalten sollen, damit sie mich aufhalten. Und dann hab ich meine Mutter gefunden. Sie saß auf einem Sofa, mit einem Kabel im Nacken. Ihre Augen waren zu. Ich wollte sie aufwecken, aber sie hat die Augen einfach nicht aufgemacht. Irgendwann hat es mir gereicht, und ich hab ihr das Kabel rausgezogen. Da ist sie aufgewacht. Sie war sehr wütend.« Eliud kämpft mit den Tränen. »Sie wusste gar nicht mehr, wer ich bin. ›Ich bin’s‹, hab ich immer wieder gesagt, ›ich bin’s, Eliud!‹ Bis sie irgendwann gesagt hat: ›Oh, Eliud, willst du auch ein Interface haben?‹ Und ich: ›Ja, vielleicht, aber kannst du mir erst mal zeigen, wie es hier so ist?‹ Da hat sie mich angelächelt und an der Hand genommen. Ich glaub, ich hab sie noch nie so lächeln gesehen. Wir sind dann ewig rumgelaufen, bis wir zu einem Flur mit lauter kleinen Kammern kamen. Das sind Gefängniszellen, dachte ich mir. ›Wer sitzt hier im Gefängnis?‹, hab ich gefragt, und sie hat geantwortet: ›Unsere Feinde.‹ Da wusste ich natürlich, wo ihr seid. Ich hab meiner Mama… – na ja, wahrscheinlich ist sie das jetzt gar nicht mehr, oder? Jedenfalls hab ich ihr gesagt, dass ich ein Interface haben will und später zu ihr zurückkomme. Darüber hat sie sich sehr gefreut. Aber ich wollte nur den Traktor holen. Ab da war es nicht mehr ganz so einfach, aber es ging schon.«
    Strom nickt. »Das hast du großartig gemacht, Eliud. Und das mit deiner Mama tut mir wirklich leid.«
    »Ist schon okay. Hauptsache, ich hab euch.«
    »Und du bist endlich selbst Traktor gefahren!«
    »Ihr habt mir ja nicht geglaubt, dass ich das kann.«
    »Da haben wir uns geirrt. Und wie.«
    Leto kontrolliert seine Leute über die Interface-Buchsen!
    Mittlerweile haben wir die Stadt hinter uns gelassen. Felder und frisch aufgeforstete Wälder ziehen an uns vorbei; ein Fuhrwerk schlittert in den Straßengraben, als es uns ausweichen muss. Wir können keine Rücksicht nehmen, wir haben keine Zeit zu verlieren.
    Hier geben wir ein leichtes Ziel ab, meint Quant.
    Sie hat Recht, natürlich. Das Gebiet der Genossenschaft ist streng linear angelegt – es gibt kein Ausweichen nach links oder rechts, nur ein Vor oder Zurück. Wenn Leto seine Leute im nächsten Ort anweist, eine Straßensperre zu errichten, sind wir geliefert.
    Strom wendet sich an Eliud. »Hast du zufällig das Satellitentelefon eingesteckt?«
    »Was soll ich eingesteckt haben?«
    »Schon gut.«
    Wir müssen runter von der Straße, sendet Manuel.
    An welchem Ufer liegt die

Weitere Kostenlose Bücher