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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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uns fast exakt auf dem Äquator bewegten, schwebte der Ring wie eine schmale Hängedecke über unseren Köpfen.
    Kein Aircar in Sicht, sandte Strom. Hatte es das Trio erst einmal zum Landeplatz geschafft, würde es uns binnen Minuten einholen. Zwischen uns und dem Dorf lagen noch keine zwölf Kilometer.
    Eine Stunde später bog Gueran in einen breiten Zufluss ein, der anderswo als stattlicher Fluss durchgegangen wäre, neben dem mächtigen Amazonas aber fast schon kümmerlich wirkte. Über uns formten sich die Äste zu einem Baldachin, der die Luft abkühlte und die Umgebungsgeräusche verstärkte. Hier war das Wasser so klar, dass wir bis auf den Grund sehen konnten, ein erstaunlicher Kontrast zum verschlammten Amazonas. Weit unten flitzten silberne Fische über rötliche Kiesel.
    Zweihundert Meter weiter steuerte Gueran auf eine Sandbank zu und klappte den Motor hoch. Kies und Matsch knirschten unter dem Rumpf, als sich das Boot aufs Ufer schob. »Hier schlafen.«
    Meda schüttelte den Kopf. »Es ist noch helllichter Tag. Wir können noch locker dreißig Kilometer schaffen.«
    »Nein. Wir schlafen. Hier und jetzt, nicht nachts. Nachts weiter. Hört ihr?«
    Quant registrierte das Geräusch als Erste. Aircar!
    Der Dschungel schien schlagartig zu verstummen, als hätte ihn das schrille Surren eingeschüchtert. Für einen Moment blitzte das schnittige Grau der Außenhülle zwischen den Blättern auf, als das Aircar in etwa hundert Metern Entfernung über die Wasseroberfläche strich, einen schmalen Wellenkamm im Schlepptau.
    »Verstehe«, meinte Meda. »Nachts können sie uns nicht sehen.«
    »Nein. Können uns nicht sehen, außer haben rote Augen.«
    Infrarot, meinte Quant.
    »Aber auch egal, hundert Wärmequellen auf Fluss, wir nur eine. Und hören uns sowieso nicht.« Er vertäute das Boot an einem Baumstumpf und ging ein paar Schritte ins Wasser. »Schau«, sagte er zu Strom und deutete auf einen Fisch. »Die fangen, okay? Nicht die. Hier draußen kein Klopapier.«
    Während Strom nickte, sahen wir alle, welche Fische Gueran meinte: die längliche Variante der silbernen. Das Wasser war so klar, dass es kein Problem sein sollte, ein paar zu erlegen.
    Gueran nickte. »Ich schlafe. Weckt mich zum Essen.«
     
    Mit dem Sonnenuntergang tauchten die Moskitoschwärme auf. Strom machte Feuer, um sie zu vertreiben, aber die fliegenden Blutsauger störten sich nicht an den Rauchschwaden.
    Ich bin ganz zerstochen! Meda hockte neben dem Feuer, die Arme um die Beine geschlungen, und warf einen neidischen Blick auf Gueran, der ruhig schlafend im Boot lag, während unzählige Mücken über sein Gesicht krabbelten.
    Springen die nicht auf eine bestimmte Wellenlänge an?, fragte Quant, die gerade einen Fisch zerlegte. Auf dem flachen Stein neben ihr stapelten sich die Eingeweide.
    Ja, auf Infrarot. Die Wellenlänge, die ein menschlicher Körper abstrahlt, meinte Moira.
    Das heißt, wir müssten bloß unsere Temperatur senken. Zum Beispiel, indem wir schwimmen gehen.
    Meda winkte ab. Dann fallen sie über uns her, wenn wir wieder rauskommen.
    Ich stieß eine Prise Babypheromon aus, um die beiden aufzuziehen – und prompt stürzte sich ein ganzer Moskitoschwarm auf die Drüsen an meinem Hals. Panisch sprang ich auf und wischte mir übers Gesicht. »Au!«
    Babypheromon mögen sie besonders gern, sandte Moira.
    Nachdenklich betrachtete Quant die Moskitoschwärme. »Fragt sich nur, was sie nicht mögen.«
    Wie meinst du das?
    Statt zu antworten, setzte sie ein Dutzend verschiedener Pheromone frei, zahllose Nuancen von Emotionen, ein Babel der Gerüche, und behielt dabei die Insekten im Auge. Plötzlich drehten die Viecher ab.
    Jetzt weiß ich, was sie nicht mögen, sandte Quant. Lachen. Sie meinte die chemische Zusammensetzung, die wir schon in der Krippe ausgestoßen hatten, wenn ein Witz gut angekommen war. Kaum folgten wir ihrem Beispiel, klarte sich der Himmel auf.
    Witzig, sandte ich, spießte die Fischfilets auf und reichte sie herum. Und jetzt gibt’s was zu essen.
    Kurz darauf rappelte sich Gueran mit einem Grunzen auf. »Was habt ihr mit Zanzara angestellt?« Er blickte sich verwirrt um, grunzte noch einmal und nahm mir ein Filet ab. »Ah, Essen. Endlich.«
     
    Entgegen meinen Befürchtungen erwies sich der Motorenlärm nicht als Signalfeuer für unsere Verfolger – die Geräusche der Nacht übertönten den kleinen Zweitakter vollständig, allein gegen das Zirpen der Grillen wäre er chancenlos gewesen.
    »Guter Fisch«,

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