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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ein Gesetzeshüter.«
    »Vielleicht ist er ein Gesetzeshüter.«
    Whittle ein Gesetzeshüter? So seltsam einem die Vorstellung auch erschien, lag sie durchaus im Bereich des Möglichen. Vielleicht war es sogar er gewesen, der die Posse auf der Jagd nach Apachen-Sam an diesen Ort geführt hatte. Das hätte auch erklärt, wie er es geschafft
hatte, alle umzubringen. Es ist leicht, Leute zu töten, die einem vertrauen.
    »Vielleicht kann man ihn tatsächlich nicht hereinlegen«, gab ich zu.
    »Wir sollten einfach losgehen. Wir werden das Blatt ausspielen, das wir in der Hand haben.«
    »Das hier ist kein Kartenspiel, Jesse.«
    »Nun, wenn wir aber nicht bald etwas unternehmen, muss ich die Karten hinschmeißen. Und das ist kein Bluff.«
    »Whittle!«, rief ich der dunklen Öffnung entgegen. »Whittle!«
    Er antwortete nicht.
    »Jesse ist getroffen! Du hast sie ins Bein geschossen!«
    »Willst du ihn mit der Wahrheit hereinlegen?«, flüsterte Jesse.
    »Du kannst sie haben!«, rief ich. »Was bietest du mir für sie?«
    Wieder kam keine Antwort. Aber ich ging davon aus, dass er mich hörte und ich sein Interesse geweckt hatte. Natürlich würde er meinen Worten keinen Glauben schenken.
    »Gib mir deinen Revolver«, sagte ich zu Jesse.
    Sie warf mir einen seltsamen Blick zu, überließ mir die Waffe jedoch.
    »Ich habe ihren Revolver!«, rief ich. »Ich werfe ihn weg!« Ich warf die Waffe in die Dunkelheit. Sie landete scheppernd auf dem Felsboden.
    »Trevor!«, flüsterte Jesse mit gerunzelter Stirn.
    »Das war ihr Revolver, Whittle! Sie ist jetzt unbewaffnet. Du kannst sie haben. Hundert Dollar. Whittle? Hast du verstanden?«

    »Das wird nicht funktionieren«, flüsterte Jesse.
    »Du hast gesehen, wie schön sie ist! Ich will nur hundert Dollar für sie haben. Sie ist mehr wert. Stell dir doch mal vor, welchen Spaß du mit ihr haben könntest.«
    »Trevor!«
    »Du könntest sie langsam ausziehen. Sie dann in aller Ruhe betrachten. Bevor du mit dem Messer loslegst.«
    »Hör auf!«
    Plötzlich begab ich mich mit einem Sprung hinter Jesse. Sie taumelte, aber ich fing sie auf, legte den linken Arm über ihre Brust und drückte sie an mich. Mit der Rechten zog ich den Colt und bohrte ihr die Mündung ins Ohr.
    »Verdammt!«, stieß sie hervor.
    »Komm und hol sie dir, Whittle! Wenn ich sie töte, wird sie wertlos sein. Das willst du doch bestimmt selbst erledigen - sie ganz langsam zerstückeln. Darum hast du doch all die Mädchen an diesen Ort gebracht, nicht wahr? So konntest du sie dir nach Herzenslust in aller Ruhe vornehmen, stimmt’s? So konntest du ihre Qualen genießen, sehen, wie sie bluten und schwitzen! Ihre Schreie hören!«
    Zu Jesse gewandt flüsterte ich: »Schrei.«
    »Ich weiß nicht, wie.«
    »Mach es einfach. Du bist mein Blatt. Du bist die Karten, die ich in der Hand halte.«
    »Hör auf.«
    »Du sollst schreien!«
    Jesse gehorchte. Und es war ein prächtiger Schrei. Whittle hätte es nicht besser machen können. Ihr Schrei tat meinen Ohren weh und ließ mich zusammenzucken.

    »Wie hat dir das gefallen, Whittle?«, rief ich. »Hat es dich angeheizt? Mit deinem Talent zur Folter könntest du sie stundenlang so schreien lassen. Aber dazu wird es nicht kommen. Es sei denn, du bezahlst mich. Tote Mädchen schreien nicht. Tote Mädchen können sich nicht winden oder um Gnade flehen. Dir wird das schönste Erlebnis deines Lebens entgehen, denn ich werde ihr eine Kugel in den Schädel jagen, wenn du dich nicht zeigst und sie mir abkaufst.«
    »Du bist so amüsant«, sagte Whittle aus der Dunkelheit zu mir.
    Der Klang seiner Stimme ließ mein Herz einen Schlag aussetzen. Ich hatte ihn hören wollen, hatte auf eine Antwort gehofft. Aber als er sich zu Wort meldete, kam das wie ein Schock. Vielleicht hatte ich tief im Inneren doch gehofft, dass er mit seinem Pferd die Flucht ergriffen hatte.
    »Wirst du bezahlen?«, fragte ich. »Oder soll ich ihr eine Kugel in den Kopf jagen?«
    Er lachte. »Nun hör aber auf, Trevor. Ich kenne dich zu gut. Du würdest eher sterben, als diesen hübschen kleinen Leckerbissen zu erschießen.«
    »Sie ist kaum mehr als eine Fremde, die zufällig meinen Weg gekreuzt hat«, sagte ich. »Ich habe keine Verwendung für sie.«
    »Hältst du mich für einen Narren? Du willst sie erschießen? Du, der mich wegen einer Hure aus dem East End angegriffen hat? Der an Bord der Jacht beinahe erfroren wäre, um Trudy vor dem Hängen zu bewahren? Der ins Meer sprang, um sie vor dem Ertrinken zu

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