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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ich die Kompresse. Nachdem ich ihn ein paarmal um den Oberschenkel gewunden hatte, hob ich noch einen zweiten Streifen auf und befestigte den Verband damit.
    »Fertig.«
    Jesse setzte sich auf. »Gib mir das Messer zurück.«
    Ich gehorchte. Jesse beugte sich vor, zog den Saum des verbliebenen Hosenbeins hoch und schob das Messer in den Stiefel.
    »Warum steckst du es nicht in den anderen Stiefel?«, fragte ich.
    »Weil da keine Messerscheide eingenäht ist.«
    »Trotzdem käme man da leichter ran.«
    »Das Bein hat genug abbekommen, es braucht nicht auch noch Schnittwunden.«
    »Wirst du laufen können?«

    »Schätze, das werden wir gleich herausfinden.«
    Ich stand auf und hielt ihr eine Hand hin. Als Jesse sie ergriff, zog ich sie auf die Beine. Sie stöhnte und zuckte zusammen, aber sie blieb stehen.
    »Du kannst mich jetzt loslassen«, sagte sie.
    Ich trat zurück. Nach einem schnellen Blick in die Runde, um mich zu vergewissern, dass Whittle nicht am Höhleneingang lauerte, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Jesse zu. Sie machte ein paar Schritte, und obwohl sie bei jedem zusammenzuckte, blieb sie auf den Beinen.
    Ich starrte sie an. Sie bot einen schier unglaublichen Anblick, den Sechsschüsser in der Hand, das im Fackellicht golden schimmernde Haar zerzaust; ein Bein ihrer Hose fehlte und enthüllte makellose Haut (bis auf den Verband um ihren Oberschenkel), das andere war bis zum Stiefelrand hochgeschoben, aus dem der Messergriff emporragte.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Du siehst umwerfend aus.«
    Jesse berührte den Verband. »Nun hast du mich doch noch in ein Kleid gezwängt. Schätze, jetzt bin ich eine richtige Becky Thatcher.«
    »Becky Thatcher?«, fragte ich überrascht.
    »Hast du denn nie von ihr und Tom Sawyer gelesen? Die sind schließlich auch in einer Höhle gelandet, genau wie wir.«
    »Ich kenne die beiden gut«, erwiderte ich.
    Jesse zupfte an dem Verband herum. »Whittle lässt ihren Injun Joe wie einen Schuljungen aussehen.«
    »Dafür sind wir besser bewaffnet als Tom und Becky.«
    Sie nickte. »Dann komm, bringen wir ihn um.«

53
    Showdown
    »Lass uns nachdenken«, sagte ich. »Er wird uns erwarten.« Ich trat an Jesses Seite. Sie lehnte sich an mich, und ich legte den Arm um sie.
    »Das ist schon besser«, sagte sie. »Also, was gibt es da groß nachzudenken? Es führt nur ein Weg nach draußen. Vermutlich lauert er im Hinterhalt, aber er ist ein mieser Schütze.«
    »Er hat dich erwischt, oder etwa nicht?«
    »Wir haben ziemlich gute Ziele abgegeben, trotzdem hat er viermal danebengeschossen.«
    »Er will dich lebend haben, Jesse. Damit er … du weißt schon … mit dir rummachen kann.« Ich hasste, ihr das sagen zu müssen, zumal uns die Überreste von Whittles Werk umgaben. Aber sie musste wissen, wie die Dinge standen.
    Doch statt besorgt auszusehen, grinste sie bloß. »Wenn er mich nur mit einer verirrten Kugel getroffen hat, die für dich bestimmt war, dann ist er ein noch schlechterer Schütze, als ich gedacht habe. Wir sollten einfach nach draußen stürmen und ihn niederschießen.«
    »Das ist eine schreckliche Idee.«
    »Ich gehe zuerst.«
    »Bist du verrückt?«
    »Du hast selbst gerade gesagt, dass er mich nicht erschießen will. Ich bin zwar nicht sicher, ob du da Recht hast, aber …«

    »Aber wir wissen nicht, wo er steckt. In dem dunklen Felsgang werden wir nichts sehen können.«
    »Wir könnten eine Fackel mitnehmen.«
    »Damit wir ein bequemeres Ziel bieten?«
    »Hast du denn eine bessere Idee? Vielleicht sollten wir einfach hierbleiben und warten, bis er an Altersschwäche stirbt. Allerdings könnte es durchaus passieren, dass ich in der Zwischenzeit verblute.«
    Wir sahen beide zu ihrem Bein hinunter. So dick der Verband auch war, an einigen Stellen war er bereits durchgeblutet.
    Ich wusste nicht viel über Schussverletzungen, aber es wäre sicher angebracht gewesen, dass sich Jesse hinlegte und das Bein ruhig hielt, damit die Blutung aufhören konnte. Natürlich würde sie so etwas nicht tun. Nicht, solange Whittle noch am Leben war.
    »Wir brauchen eine List«, sagte ich.
    »Mit der wir an ihm vorbeikommen?«
    »Oder die ihn zu uns lockt. So wie McSween und ich die Posse in den Hinterhalt gelockt haben.«
    »Er wird doch nicht auf eine List hereinfallen, dazu ist er zu durchtrieben. Denk nur daran, wie er uns mit seinem Schrei in die Höhle gelockt hat.«
    Das erinnerte mich an etwas. »Hast du gesehen, dass er einen Stern getragen hat? Als wäre er

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