Der rollende Galgen
und die Börse Atem holte. Im Norden dagegen war noch immer was los: Broadway, Times Square, Greenwich Village, in zahlreichen Blöcken und Vierteln lebte man jetzt erst auf. Auch die nächtliche Kühle trieb viele Menschen aus den Häusern.
Die Cops hatten Hochbetrieb. Fast immer jaulten die Sirenen. Der wimmernde Klang gehörte ebenso zu New York wie Musik, Tanz und Life in the Night.
Ruhe am Washington Square. Der Verkehr lief um die Insel herum. Für Penn war es günstig, so konnte er sich in aller Ruhe seine Motive aussuchen.
Er war ein Mensch mit Auge. Ihm fiel auch das auf, was andere nicht sahen.
Deshalb bemerkte er auch, daß der Nebel zu dieser Zeit eigentlich nicht paßte. Von den beiden Flüssen stammte er nicht. Er mußte also eine andere Ursache haben, die Penn unbedingt herausfinden wollte. Er rechnete durchaus damit, daß es sich um künstlichen Nebel handelte. Möglicherweise wurde in der Nähe ein Film gedreht. Penn schritt auf den Nebel zu. Er bewegte sich auf ihn zu. Sein Gefühl sagte ihm, sich nicht zu offen zu zeigen, so blieb er nach Möglichkeit in Deckung.
Dafür hörte er etwas. Geräusche, über die er sich wunderte. Das harte Quietschen, das Rollen von Rädern. Manchmal dumpf und kratzend klingend. Es drang aus dem Nebel auf ihn zu, und er spürte, daß etwas nicht stimmte. Es war nicht normal.
Die Kamera hielt er schußbereit. Sie gehörte zur absoluten Spitzentechnik, selbst bei dieser schlechten Sicht schaffte er es, Aufnahmen zu schießen.
Auf einmal glaubte er zu träumen.
Deutlich sah er es nicht, weil sich die Szene im Nebel abspielte, aber er sah, daß etwas bewegt wurde. Dieser breite Gegenstand gab die unnatürlichen Geräusche ab.
Penn ging noch näher. Ein furchtbares Bild hatte er im Sucher. Es war ein fahrbarer Galgen. Penn wußte Bescheid!
Er unterdrückte jedoch seine Gedanken, als er die vier Gestalten sah, die einen fünften angehoben hatten und ihn in die Galgenschlinge hängten. Dann erklang ein Quietschen, als würde ein Tier schreien, das getreten wurde.
Dabei war es nur die Winde…
Penn knipste weiter. Es war wie eine Sucht, und er beglückwünschte sich, vor einigen Minuten einen neuen Film eingelegt zu haben. So bekam er Aufnahmen, die man einfach nicht glauben konnte, die aber trotzdem Wahrheit waren.
Entdeckt wurde er nicht.
Die letzten Aufnahmen schoß er auf dem Boden liegend. Dann zog er sich zurück.
Er wußte, was jetzt kam, denn er kannte ähnliche Fälle. Man würde den Toten später nie am Galgen hängend finden, sondern an einem Baum am Washington Square.
Penn zog sich zurück. Der Washington Square lag in Greenwich Village, wo immer Trubel herrschte und nur der Platz eine Insel der Ruhe darstellte. Wenig später schluckte ihn der Trubel aus leichtgekleideten und feiernden Menschen.
Er nahm einen Drink im Stehen, traf zwei Bekannte, ließ sich von ihnen nicht in ein Gespräch verwickeln und ging noch einmal zurück. Diesmal war sein Ziel der Torbogen, unter dem er stehenblieb. Der Galgen war verschwunden. Er hörte auch keine Geräusche, aber er brauchte nicht weit zu laufen, um das Schreckliche zu entdecken. Der Tote hing an einem starken Ast einer alten Eiche. Wie die vier Galgenopfer zuvor auch.
Damit hatte die Polizei ein Rätsel mehr zu lösen…
***
Über dem East River lagen die Strahlen der aufgehenden Sonne. Sie gaben der Wasserfläche des grauen Flusses einen goldroten Schein. New York hatte eine kleine Pause eingelegt und holte noch einmal tief Luft, bevor es die zahlreichen Pendler schluckte, die aus den Außenstädten und Vororten in die Stadt zu ihren Arbeitsplätzen strömten.
In den Straßenschluchten lag noch die Finsternis, aber die Spitzen der Wolkenkratzer bekamen einen violetten Glanz mit gelben und roten Streifen dazwischen. Einige von ihnen schienen in Flammen zu stehen. Ein wunderschönes Schauspiel, für das die Polizisten am Washington Square keinen Blick hatten. Ihren Gesichtern sah man an, was sie dachten, und ihre Gedanken waren nicht eben fröhlich. Der fünfte Tote!
Irgendwie wirkte die Mannschaft der Mordkommission ratlos. Die Männer ertrugen ihre Arbeit stumm und verbissen. Sie gehörten noch zur Nachtschicht, waren sauer, noch einmal ausrücken zu müssen. Zu den Personen, die nicht zum Kreis der Mordkommission gehörten, zählte ein blonder Mann, der ein helles Jackett und eine schwarze Hose trug. Er stand ein wenig abseits, rauchte eine Zigarette und ärgerte sich darüber, daß ihn der Anruf
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