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Der Roman eines Konträrsexuellen

Der Roman eines Konträrsexuellen

Titel: Der Roman eines Konträrsexuellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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schmerzvollen Zustand verfiel ich zuweilen in eine Stimmung voller Energie, grundloser Freude und Hoffnungen, die sich nie verwirklichen sollten. Ich versuchte, meine Natur durch ernste Lektüre und Ausübung meiner religiösen Pflichten zu verändern. Alles war umsonst, und nach jedem Versuch war ich verzweifelter als zuvor.
    Ich wollte zu Frauen, jungen Mädchen, fast noch Kindern, Zuneigung fassen, doch es gelang mir nicht. Die Frauen erschienen mir als schöne und zärtliche Freundinnen, die in voller Sicherheit neben mir hätten schlafen können, ohne daß ich sie auch nur mit einem Wunsche gestreift hätte.
    Nur der Mann erschien mir in seiner Kraft und Stärke reizvoll und schön, und zu ihm fühlte ich mich von einer unbekannten Kraft, von einem unwiderstehlichen Zauber hingezogen. Es machte mir Vergnügen, die schönen jungen Männer durch die Straßen wandeln zu sehen, und wenn jemand mir gefiel, so wandte ich mich um, um ihn noch einmal zu erblicken. Ich hatte dann im Geiste Geliebte, die ich verehrte und denen ich stillschweigend folgte, ohne daß jemals einer irgendetwas ahnte. Ich verkehrte mit niemandem, aus Furcht, mein schreckliches Geheimnis zu verraten, vor dem ich zitterte und dessen ich mich schämte. Ich will nicht beschreiben, was ich damals litt, auch will ich die entsetzlichen Gedanken nicht nennen, die in meinem Kopfe auftauchten. Sie werden sie sich leicht vorstellen können.
    So erreichte ich mein 18. Jahr, ohne daß alle diese moralischen Qualen meine Konstitution und meine Gesundheit spürbar beeinträchtigt hätten.
    Ich war damals derselbe, der ich mit kleinen Veränderungen noch heute bin. Meine Gestalt ist unter Mittelgröße, 1,65 Meter, wohlgebaut, ich besitze schlanke Formen, bin aber nicht mager. Mein Körper ist prächtig; ein Bildhauer würde nichts daran auszusetzen haben und zwischen dem des Antinous und dem meinen keinen großen Unterschied finden. Ich bin sehr gewölbt gebaut, vielleicht zu sehr, und meine Hüften sind sehr entwickelt; mein Becken ist breit wie das einer Frau, meine Knie sind leicht eingebogen, meine Füße ganz klein, meine Hände prächtig, die Finger gekrümmt, mit glatten, rosigen und glänzenden Nägeln, die wie die der antiken Statuen viereckig geschnitten sind. Mein Hals ist lang und rund, mein Nacken bezaubernd, mit kleinen Härchen versehen, mein Kopf ist ebenfalls reizend, und mit 18 Jahren war er es noch mehr. Das Oval desselben ist vollendet und fällt jedermann durch seine kindliche Form auf.
    Mit 23 Jahren hält man mich höchstens für siebzehn. Mein Teint ist weiß und rosig, ich werde bei der leichtesten Erregung purpurrot; die Stirn ist nicht schön, sie ist leicht fliehend und an den Schläfen eingefallen, doch glücklicherweise wird sie halb von dunkelblonden Haaren verdeckt, die natürlich gelockt sind. Die Form des Kopfes ist wegen der gelockten Haare vollkommen, doch bei näherer Betrachtung zeigt sich am Hinterkopf ein sehr starker Vorsprung. Meine Augen sind langgestreckt, blaugrau, mit langen, kastanienbraunen Wimpern und sehr starken, bogenförmigen Brauen. Mein Blick ist wie von einer Flüssigkeit getrübt, meine Augen sind fast immer von Schatten und Ringen umgeben, auch sind sie Zuckungen unterworfen, die schnell vorübergehen. Der Mund ist ziemlich groß, mit dicken, roten Lippen; die Unterlippe fällt herab, man sagt mir, ich hätte einen »österreichischen« Mund. Die Zähne sind blendend, obwohl drei plombiert und schlecht sind, doch zum Glück sieht man sie nicht. Die Ohren sind klein mit sehr dunklen Ohrläppchen. Mein Kinn ist sehr fett, mit 18 Jahren war es glatt und samtweich wie das einer Frau. Jetzt bedeckt es ein leichter, stets rasierter Bart. Zwei schwarze, samtweiche Flecken befinden sich auf meiner linken Wange und bilden einen starken Gegensatz zu meinen blauen Augen. Meine Nase ist fein und gerade, mit weichen Nüstern und kleiner, kaum merklicher Krümmung. Meine Stimme ist sanft, und man bedauert stets, daß ich nicht Gesang gelernt habe.
    Das ist mein Porträt; es wird Ihnen vielleicht beim Nachzeichnen des seltsamen Wesens dienlich sein können, das die Natur zu meiner großen Verzweiflung geschaffen hat.
    Mit 20 Jahren, dem Alter der allgemeinen Einberufung, hätte ich meine Soldatenpflicht erfüllen müssen. Da mein Vater von neuem Vermögen erworben hatte, konnte ich vor der vom Gesetz vorgeschriebenen Zeit dienen und als Freiwilliger eintreten. Mein Vater hatte die Kavallerie gewählt, die mehr

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