Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
von Harmodius’ Gegenzauber abgelenkt worden. Oder sie waren ein Teil dieses Gegenzaubers.
Das Kräuseln der Macht durchfuhr den König, der entsetzt mitansehen musste, wie Ser Alan neben ihm verbrannte. Seine Rüstungsriemen verkohlten, sein Gesicht war dunkelrot, als er schrie – und Mann und Pferd brachen zusammen. Hinter ihm runzelte Harmodius die Stirn. Seine Hand verschrumpelte, wurde zu Asche und verwehte, und innerhalb weniger Herzschläge war der ganze Magus verzehrt. Er wandelte sich zu Asche, zerfiel und wurde vom Wind davongetragen.
Thorn wurde in dem Augenblick von dem Spiegel getroffen, als er sein Phantasma vervollständigen wollte, und ein wenig von seiner eigenen, sorgsam gehorteten Macht wurde zu ihm zurückgeworfen und verbrannte ihn schließlich.
Er schrie. Er zuckte. Doch draußen auf dem Schlachtfeld flackerte Harmodius’ Innerstes und verlosch.
Lissen Carak · Der Rote Ritter
Der Hauptmann schlug zu; sein Schwert ging eher aufgrund der Schwerkraft nieder als infolge seiner eigenen Muskelkraft.
Im Äther hielt er Harmodius bei der Hand.
Nimm mich auf, Junge.
Innerhalb eines Augenblicks musste der Hauptmann verstehen und handeln. Er öffnete den Weg in seinen Palast, ergriff den Geist des toten Magus mit der einen ätherischen Hand und wob seinen eigenen Zauber mit der anderen. Die Luft draußen war vor abgesonderter Macht ganz schwer geworden, grün und reif, und er pflückte sie, geleitet von dem thaumaturgischen Wissen seiner Lehrerin und dem Zauber Amicias …
Und da war er. Er stand auf dem Podest, auf dem Prudentia immer gestanden hatte.
»Besser der Sklave eines schlechten Meisters …«, murmelte der Magus.
Plötzlich war sich der Hauptmann unsicher, ob er es dieser … Wesenheit hatte erlauben dürfen, sich in seinen Palast zurückzuziehen.
»Im Sturm ist jeder Hafen recht, Junge«, sagte der Magus. »Geh und kämpfe gegen die Ungeheuer, oder du bist bald so tot wie ich.«
Und wieder hob er sein Schwert. Die Luft war noch immer mit Macht gesättigt.
George war hinter ihm, hatte sich wieder auf die Beine gekämpft.
Verstärke meine Stimme, befahl er dem toten Magus.
»Keilformation! Zu mir! Michael – das Banner zu mir!« Seine Stimme erschallte wie die eines Gottes aus dem Altertum.
In einem Augenblick, der aus der Zeit gefallen schien, fragte sich der Hauptmann, ob so die Legenden über diese Götter zustande gekommen waren.
Dann war er wieder ganz in der Gegenwart.
Kniet nieder!, befahl er den Kreaturen der Wildnis.
Dreimal heiliger Hermes, Junge! Du forderst ihn heraus! Hör auf damit!
Ein Drittel der Kreaturen um ihn herum hörte zu kämpfen auf, fiel zurück oder stand einfach nur verblüfft da.
Lissen Carak · De Vrailly
Ser Jean de Vrailly führte die Armee des Königs den letzten Hang hinunter, und die Hufe klapperten wie Hagelschlag, als die Pferde die Brücke überquerten. Er hatte mehr als tausend Ritter bei sich, und niemand – nicht einmal der Graf der Grenzmarken – stellte seine Befehlsberechtigung infrage. Ein Erzengel hatte ihm Glorie verliehen, und jeder Mann in der Hauptschlacht wusste das.
Jean sah, dass die königliche Standarte in der Falle steckte, weit draußen im Meer der Feinde, zusammen mit einem anderen Banner, das er nicht kannte: Wappen in Gold auf schwarzem Feld. Ein geckenhaftes Banner.
Doch er lachte, als er die Schlacht sah, und führte die ersten Kolonnen hinter der Brücke nach links – nach Westen auf die untergehende Sonne zu.
Die Soldaten in dem langen Graben stiegen nun allmählich heraus – entweder aufgrund der treuen Entschlossenheit, ihren König zu retten, oder aus Eifer, am bevorstehenden Angriff teilzunehmen.
Gut für sie. Hier gab es genug Ruhm für alle zu erwerben.
Er ritt weiter nach Westen, während ihm die lange Reihe der Ritter folgte und die südliche Flanke des Feindes allmählich einkreiste.
Hinter ihm stellte sich der Comte d’Eu in die Steigbügel und deutete mit seiner Lanze auf das Gewühl um die königliche Standarte herum. »À moi!«, brüllte er.
Daniel Favor, ein ehemaliger Fuhrmann, kletterte über den Rand des Grabens und stellte sich ins windumtoste Gras. Überall um ihn herum sahen ihn die Bauern aus den Dörfern bei Lissen Carak bewundernd an.
Adrian Pargeter kletterte ebenfalls aus dem sicheren Graben, legte seine Armbrust auf den Boden und zog sein Schwert. Ältere Gildenmänner sahen einander an. Ein graubärtiger Tuchhändler fragte seinen lebenslangen Rivalen: »Sollen wir
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