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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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dort brauchte, dann würden wir auch dort sein. Nein, man braucht uns gerade hier.«
    »Ihr seid wie mein Bruder, der versucht, mich in seine Pläne einzupassen!«
    »Ich wünschte, ich wäre wie Euer Bruder. Er hat Visionen und sieht, was geschieht, während ich lediglich einen Brief von einer Fackel erhalte. Aber hier bin ich nun, und hier seid auch Ihr, und wenn wir nicht hier sein sollten, dann wären wir es einfach nicht, ob Euch das nun gefällt oder nicht.«
    Alvin mochte das Gerede über das, was geschehen sollte, nicht. Wer machte denn nur diese Annahmen? Was wollte Geschichtentauscher damit sagen – daß sie alle nur Marionetten waren? Gab es da jemanden, der sie irgendwie umherbewegte, so, wie es ihm gerade gefiel? »Wenn irgend jemand es so darauf abgesehen hat, alles zu leiten«, wandte Alvin ein, »dann hat er jedenfalls ziemlichen Mist gebaut, uns in eine solche Lage zu bringen.«
    Geschichtentauscher grinste. »Dir liegt die Religion wirklich nicht, nicht wahr, mein Junge?«
    »Ich glaube einfach nur nicht, daß irgend jemand uns zu irgend etwas zwingt.«
    »Das habe ich auch nicht behauptet«, sagte Geschichtentauscher. »Ich sage nur, daß die Dinge nie so schlimm werden, als daß wir sie nicht noch irgendwie verbessern könnten.«
    »Nun, Vorschläge lasse ich mir gern gefallen. Was soll ich denn nach der Meinung dieser Fackel tun?« fragte Alvin.
    »Sie sagt, daß du den Berg besteigen und Measure heilen sollst. Frag mich nicht nach Einzelheiten – das ist alles, was sie gesagt hat. In dieser Gegend gibt es keinen Berg, der diesen Namen verdient hätte, und Measure befindet sich in einem Keller hinter dem Haus von Vinegar Reiley ...«
    »Das kenne ich«, sagte Alvin. »Ich bin schon einmal dagewesen. Aber ich kann nicht ... Ich meine, ich habe doch noch nie versucht, jemanden zu heilen, der sich nicht direkt vor mir befand.«
    »Genug Gerede«, warf Ta-Kumsaw ein. »Weißer Junge, der Achtgesichtigen Hügel hat dich in einem Traum gerufen. Dieser Mann ist gekommen, um dir zu sagen, daß du den Berg besteigen sollst. Alles beginnt, wenn du ihn besteigst. Sofern du es kannst.«
    »Manche Dinge enden auch auf dem Achtgesichtigen Hügel«, meinte Geschichtentauscher.
    »Was weiß ein Weißer schon von diesem Ort?« fragte Ta-Kumsaw.
    »Überhaupt nichts«, antwortete Geschichtentauscher. »Aber ich habe vor vielen Jahren am Bett einer sterbenden Irrakwa-Frau gekniet, und sie sagte mir, was das Wichtigste in ihrem Leben gewesen war. Sie war die letzte Irrakwa gewesen, die jemals im Achtgesichtigen Hügel gestanden hatte.«
    »Die Herzen der Irrakwa sind alle weiß geworden«, sagte Ta-Kumsaw. »Heute würde der Achtgesichtige Hügel sie nicht mehr einlassen.«
    »Aber bin ich nicht auch weiß?« wandte Alvin ein.
    »Eine sehr gute Frage«, meinte Ta-Kumsaw. »Der Hügel wird dir die Antwort darauf geben. Vielleicht lautet die Antwort, daß du nicht hinaufgehst und daß alle sterben. Komm.«
    Er führte sie den Weg entlang, bis sie an einen steilen Hügel gelangten, der dicht mit Bäumen und Sträuchern bewachsen war. Es war kein Pfad zu sehen. »Das ist das Gesicht des roten Mannes«, erklärte Ta-Kumsaw. »Hier steigt der rote Mann empor. Der Pfad ist fort. Hier kannst du nicht hinaufsteigen.«
    »Wo dann?« fragte Alvin.
    »Woher soll ich das wissen?« erwiderte Ta-Kumsaw. »Es heißt, daß man immer einen anderen Hügel vorfindet, je nachdem, von welcher Seite man ihn besteigt. Es wird erzählt, daß man die uralte Stadt der Erbauer auf dem Hügel findet, wenn man das Gesicht der Erbauer besteigt. Klettert man am Tiergesicht hoch, so gelangt man in ein Land, wo ein Riesenbüffel als König herrscht, ein seltsames Tier mit Hörnern, die ihm aus dem Maul hervortreten, und einer Nase wie eine schreckliche Schlange; und riesige Berglöwen mit Zähnen, so lang wie Speere; und alle verneigen sich vor ihm und verehren ihn. Wer weiß, ob diese Geschichten stimmen? Heute erklimmt niemand mehr diese Gesichter.«
    »Gibt es auch ein Gesicht des weißen Mannes?« fragte Alvin.
    »Es gibt das Gesicht des roten Mannes, das Gesicht der Erbauer, das Tiergesicht. Von vier weiteren Gesichtern kennen wir die Namen nicht«, antwortete Ta-Kumsaw. »Vielleicht ist eines davon das Gesicht des weißen Mannes. Kommt.«
    Er führte sie um den Hügel. Der ragte steil zu ihrer Linken empor. Nirgendwo war ein Pfad zu sehen. Alvin erkannte alles, was sie erblickten. Sein Traum aus der vergangen Nacht war wahr gewesen,

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