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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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unsere Arbeit konzentrieren. Was wir nicht mitbekamen, war, dass Nagorski in der Welt draußen nicht nur für seine, sondern auch für unsere Arbeit die Lorbeeren einheimste.«
    »War er immer schon so gewesen?«, fragte Pekkala.
    Zalka schüttelte den Kopf. »Nagorski war einmal ein guter Mensch, bis es in seinem Leben nichts mehr gab außer dem Konstantin-Projekt. Früher war er großzügig, er hat seine Familie geliebt und nicht diese krankhafte Geheimniskrämerei betrieben. Aber seit dem Projekt ist eine Veränderung in ihm vorgegangen. Ich habe ihn kaum wiedererkannt, das Gleiche können wohl auch seine Frau und sein Sohn behaupten.«
    »Sie haben sich also wegen des Antriebs gestritten?«, fragte Pekkala.
    »Nein«, antwortete Zalka. »Es ging um Folgendes: Nagorskis Konstruktion führt mit ziemlicher Sicherheit dazu, dass die Besatzung bei lebendigem Leib verbrennt, wenn im Kampf- oder Motorraum Feuer ausbricht.«
    »Das hat man mir bereits gesagt«, erwiderte Pekkala.
    »Ich wollte das ändern, auch wenn dadurch die Stabilität der Wanne ein klein wenig beeinträchtigt worden wäre. Nagorski verbat sich jegliche Diskussion darüber.« Frustriert hob Zalka die Arme und ließ sie wieder fallen. »Typisch russisch – die Maschine, die wir zu unserer Verteidigung bauen, wird für uns genauso gefährlich wie für unsere Feinde!«
    »Und deswegen hat Nagorski Sie gefeuert?«, fragte Pekkala.
    »Ich wurde nicht gefeuert. Ich habe gekündigt. Es gab noch andere Gründe.«
    »Die wären?«, fragte Kirow.
    »Ich habe entdeckt, dass Nagorski die Pläne für die Federung des T-34 stehlen wollte.«
    »Stehlen?«
    »Ja.« Zalka nickte. »Von den Amerikanern. Die sogenannte Christie-Federung. Einzeln aufgehängte Laufräder mit L-förmigem Federarm und Doppel-Schraubenfedern …«
    Pekkala hob die Hand. »Ich glaube Ihnen, Professor Zalka.«
    »Wir haben an einer Eigenentwicklung gearbeitet«, fuhr Zalka fort, »aber nachdem sich Nagorski immer wieder eingemischt hat, fielen wir so weit hinter den Zeitplan zurück, dass wir es nicht mehr für die Serienproduktion geschafft hätten. Nagorski geriet in Panik und entschied sich für die Christie-Federung. Außerdem beschloss er, Stalin nichts davon zu sagen. Er ging davon aus, wenn erst einmal alles abgesegnet war, würde es sowieso niemanden mehr interessieren, solange alles funktionierte.«
    »Was haben Sie getan?«, fragte Pekkala.
    »Ich habe ihn zur Rede gestellt. Ich habe ihm gesagt, wie gefährlich es sei, Informationen vor Stalin geheim zu halten. Er meinte nur, ich solle den Mund halten. Da habe ich beschlossen, zu kündigen. Im Gegenzug sorgte er dafür, dass ich keine andere Stelle bekam. Keiner wollte mich einstellen, keiner wollte auch nur in meine Nähe kommen. Außer sie.« Er wies mit dem Kinn in Richtung der Blutegel im Schwimmbecken.
    »Aber Sie sagten, Sie würden nach wie vor eigene Forschungen betreiben«, sagte Pekkala.
    »Das ist richtig.«
    »Und was geschieht mit Ihren Arbeiten?«
    »Sie stapeln sich auf meinem Schreibtisch«, erwiderte Zalka verbittert. »Seite um Seite, ich kann ja sonst nichts damit anfangen.«
    »Apropos«, sagte Pekkala und zog den Zettel aus seiner Tasche. »Können Sie uns sagen, was das ist? Es könnte irgendwas mit Nagorskis Tod zu tun haben.«
    Vorsichtig nahm Zalka das zerknitterte Blatt entgegen und betrachtete es eingehend. Einmal lachte er laut auf. »Nagorski«, murmelte er dazu nur und las weiter. Kurz darauf hob er den Kopf. »Es ist ein Rezept«, sagte er.
    »Ein Rezept? Wofür?«
    »Öl.«
    »Das ist alles?«, entfuhr es Kirow. »Einfach nur Öl?«
    »Nein, nein«, erwiderte Zalka. »Nicht einfach nur Öl. Motoröl. Und nicht einfach nur ein Motoröl. Das hier ist ein besonderes Motoröl niedriger Viskosität für den Einsatz in einem W-2-Motor.«
    »Und es ist ganz bestimmt Nagorskis Handschrift?«
    Zalka nickte. »Selbst wenn es nicht seine Handschrift wäre, könnte ich sagen, dass es Nagorski gehört.«
    »Warum?«
    »Wegen dem, was nicht da ist. Hier, sehen Sie?« Er deutete auf eine Zahlen- und Buchstabenreihe, die sich um seinen Finger anzuordnen schien wie Eisenspäne um einen Magneten. »Die Polymerkette ist an diesem Punkt unterbrochen. Er hat einen Teil absichtlich weggelassen. Würde man die Verbindung im Labor herzustellen versuchen, würde man nur eine schmierige Soße bekommen.«
    »Und wo ist der weggelassene Teil?«
    Zalka tippte sich an die Stirn. »Er hatte es im Kopf. Ich sagte doch, er traute

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