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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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niemandem.«
    »Könnten Sie diese Gleichung vervollständigen?«, fragte Pekkala.
    »Natürlich«, erwiderte Zalka. »Geben Sie mir einen Stift und zehn Minuten Zeit, dann arbeite ich es Ihnen aus.«
    »Wofür braucht man diese niedrige Viskosität?«, fragte Kirow.
    Zalka lächelte. »Bei dreißig Grad unter null beginnt sich normales Motoröl zu verdicken. Bei fünfzig Grad unter null ist es völlig nutzlos. Das heißt, meine Herren, dass mitten im russischen Winter plötzlich eine ganze Armee zum Stillstand kommt.« Er hielt den Zettel hoch. »Aber mit diesem Öl passiert das nicht. Das muss man Nagorski lassen. Er hat auch das Schlimmste mit eingeplant.«
    »Ist diese Formel so wertvoll, dass man deswegen jemanden umbringt?«, fragte Pekkala.
    Zalka kniff die Augen zusammen. »Ich glaube nicht«, antwortete er. »Sie steht nur für eine Entwicklungsentscheidung. Die Formel selbst ist nicht unbekannt.«
    »Warum wollte er sie dann geheimhalten?«
    »Er wollte nicht die Formel geheimhalten. Sondern die Entscheidung, dass dieses Motoröl Verwendung findet. Hören Sie«, seufzte Zalka, »ich weiß nicht, warum Nagorski umgebracht wurde oder von wem, aber ich kann Ihnen sagen, dass er seinen Mörder gekannt haben muss.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil Nagorski immer eine Waffe bei sich getragen hat. Das heißt also, dass er nicht nur seinen Mörder gekannt, sondern ihm auch vertraut haben muss.«
    »Wem hat Nagorski vertraut?«
    »Soweit ich weiß, gibt es nur eine Person, auf die diese Beschreibung zutrifft, und das ist sein Chauffeur Maximow. Wer zu Nagorski wollte, musste an Maximow vorbei, und glauben Sie mir, an ihm kommt keiner vorbei.«
    »Wir haben mit Maximow gesprochen«, sagte Pekkala.
    »Dann wissen Sie, dass Nagorski ihn nicht wegen seiner geistreichen Konversation angeheuert hat. Sondern weil er früher ein Attentäter war.«
    »Ein was?«
    »Er war Agent im Dienst des Zaren«, erläuterte Zalka. »Hat mir Nagorski selbst gesagt.«
    »Das würde erklären, warum er meinen Fragen ausgewichen ist«, sagte Pekkala und musste plötzlich daran denken, was Rasputin ihm damals in der Winternacht erzählt hatte, als er bei ihm angeklopft hatte.
    Es gibt viele wie uns, hatte Rasputin schwadroniert, und jeder ist mit einer anderen Aufgabe betraut – es gibt Ermittler, Liebhaber, Attentäter, und keiner weiß vom anderen. Nur der Zar kennt uns alle. Damals hatte Pekkala es für das Geschwätz eines Betrunkenen gehalten, heute wusste er, dass Rasputin die Wahrheit gesagt hatte.
    »Es erklärt auch, warum sich in den alten Polizeiakten nichts über ihn findet«, fügte Kirow hinzu.
    Die Tür ging auf, und die Schwester trug ein Tablett mit einer Servierglocke herein.
    »Ah, wie schön!« Zalka streckte die Arme aus.
    Die Schwester reichte ihm das Tablett. »Genau so, wie Sie es mögen«, sagte sie.
    Zalka setzte das Tablett vorsichtig auf den Knien ab und nahm die Servierglocke weg. Speisendunst stieg auf, den er wie ein Parfüm einatmete. Auf dem Teller lag ein Stück Fleisch, dazu einige Salzkartoffeln und gekochte Karotten. Zalka griff zu Messer und Gabel und schnitt vom Fleisch ab. Es war fast roh. »Ich bekomme hier jeden Tag rotes Fleisch«, sagte er. »Irgendwie muss ich den Blutverlust ja kompensieren.«
    Die Ermittler wandten sich zum Gehen.
    »Der T-34 wird uns nicht retten, wissen Sie«, sagte Zalka.
    Beide drehten sich um.
    »Darum geht es doch, oder?«, fragte Zalka, während er kaute. »Nagorski hat Sie alle davon überzeugt, dass der T-34 eine Wunderwaffe ist. Dass er den Krieg praktisch allein gewinnt. Aber das wird er nicht, meine Herren. Der T-34 wird Hunderte, Tausende, Hunderttausende töten. Was Nagorski und die anderen durchgeknallten Wissenschaftler, die für ihn arbeiten, nicht zugeben wollen, ist, dass es einfach nur eine Maschine ist. Man wird ihre Schwächen herausfinden. Man wird bessere Maschinen bauen. Und die Männer, die mit ihr getötet haben, werden selbst getötet werden. Aber das muss Sie nicht weiter beunruhigen.« Er machte sich wieder über sein Bratenstück her.
    »Warum sollten wir nicht beunruhigt sein?«, murmelte Kirow. »Bei solchen Aussichten?«
    »Weil die Einzigen, die das russische Volk vernichten können …«, Zalka hielt inne und schob sich eine weitere Gabel in den Mund, »… die Russen selbst sind.«
    »Da mögen Sie vielleicht recht haben«, sagte Pekkala. »Auf dem Gebiet sind wir leider Experten.«

    Pekkala atmete tief durch, als sie das Gebäude

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