Der Rote Sarg
verließen, und versuchte, den säuerlichen Gestank des Badehauses loszuwerden.
»Und ich dachte schon, wir hätten ihn«, sagte Kirow.
Pekkala nickte. »Ich auch, bis ich die Beinschiene gesehen habe.«
»Einzeln aufgehängte Laufräder«, murmelte Kirow, »Doppelschrauben-Federn, L-förmiger Federarm. Das alles ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln.«
»Für Zalka ist es reine Poesie«, erwiderte Pekkala. »So wie Kaviar-Blinis für Sie.«
Abrupt bliebt Kirow stehen. »Da fällt mir noch was ein!«
»Essen?«
»Ja, tatsächlich. Als ich Nagorski im Restaurant abgeholt habe, da hat er Kaviar-Blinis gegessen.«
»Wie hilfreich, Kirow. Vielleicht wurde er von einem Blini erschossen.«
»Was mir eingefallen ist …«, fuhr Kirow fort, »… seine Waffe.«
»Seine Waffe?«
»Nagorski hatte eine Pistole bei sich, und die hat er Maximow zur Aufbewahrung gegeben, bevor er das Restaurant verlassen hat.« Kirow zuckte mit den Schultern. »Hat möglicherweise nichts zu bedeuten.«
»Es sei denn, Nagorski wurde mit der eigenen Waffe erschossen. In dem Fall hat es eine ganze Menge zu bedeuten.« Er klopfte Kirow auf den Arm. »Wir sollten Maximow einen Besuch abstatten.«
Maximow lebte in Mytischtschi nordöstlich der Stadt.
Sie fanden ihn in einer Werkstatt gegenüber der Pension, wo er in einem Zimmer im oberen Stockwerk wohnte. Der Hausmeister der Pension, ein spindeldürrer, verbittert dreinblickender Kerl in einem Blaumann, richtete einen spitzen Finger auf die Werkstatt, hielt ihnen die offene Hand hin und sagte: »Für Tee.«
Pekkala legte ihm ein Geldstück in die Handfläche.
Lächelnd schloss der Hausmeister die Faust um die Münze. Männer wie er standen im Ruf, die leidenschaftlichsten Denunzianten der Stadt zu sein. Man witzelte, es würden mehr Menschen nach Sibirien geschickt, weil sie es versäumt hatten, dem Hausmeister zu seinem Geburtstag ein kleines Geschenk zu machen, als solche, die wirklich Verbrechen gegen den Staat begangen hatten.
»Maximow ist hier«, sagte der Werkstattleiter, ein breitgesichtiger Mann mit dichten schwarzen Haaren und gelbgräulichem Schnauzer. »Wenigstens die Hälfte von ihm.«
»Was soll das heißen?«, fragte Kirow.
»Na, von ihm bekommen wir immer nur die Beine zu sehen. Alles andere verschwindet unter der Motorhaube seines Wagens. Wenn er nicht in der Arbeit ist, schraubt er an seiner Karre herum.«
Die beiden durchquerten die Werkstatt mit ihrem schmierig schwarzen Boden vom verschütteten Motoröl, das sich seit Jahrzehnten in den Beton gefressen hatte, und standen dann vor einem Autofriedhof. Überall lagen ausgeschlachtete Karosserien herum, abgefahrene Reifen und ausgebaute Getriebeblöcke.
Ganz hinten war, wie der Leiter gesagt hatte, die untere Hälfte von Maximow zu sehen.
Sein nackter Oberkörper war über den Motor von Nagorskis Wagen gebeugt, dessen Motorhaube über ihm aufragte wie der Kiefer eines riesigen Tieres. Pekkala musste an die Geschichten von Krokodilen denken, die angeblich ihre Mäuler weit aufrissen, damit kleine Vögel ihnen die Zähne reinigen konnten.
»Maximow«, sprach Pekkala ihn an.
Bei der Erwähnung des Namens fuhr Maximow herum. Er musste ins Gegenlicht blinzeln, so dass er Pekkala nicht sofort erkannte. »Inspektor«, begrüßte er ihn schließlich. »Was führt Sie hierher?«
»Mir ist da was eingefallen«, begann Pekkala, »etwas, was Sie mir erzählt haben.«
»Anscheinend habe ich Ihnen eine ganze Menge erzählt«, erwiderte Maximow und wischte mit einem ölgetränkten Lumpen über die Einlassventile.
»Es geht vor allem um eines«, fuhr Pekkala fort. »Sie haben gesagt, Sie hätten Nagorski am Tag, an dem er ermordet wurde, nicht schützen können. Nun frage ich mich, ob er nicht selbst in der Lage gewesen wäre, sich zu schützen. Stimmt es, dass Nagorski immer eine Waffe bei sich hatte?«
»Wo haben Sie das gehört, Pekkala?« Maximow kratzte sich mit Hilfe des Lumpens den Dreck aus den Fingernägeln.
»Von Professor Zalka.«
»Zalka! Dieser Unruhestifter? Wo haben Sie den Dreckskerl aufgestöbert?«
»Hatte Nagorski eine Waffe bei sich oder nicht?«, fragte Pekkala mit nun merklich kühler Stimme.
»Ja, er hatte eine Waffe«, gestand Maximow. »Eine deutsche PPK.«
»Welches Kaliber?«
»7.62«, erwiderte Maximow.
Kirow beugte sich zu Pekkala hin. »Die in der Grube gefundene Patrone war eine 7.62«, flüsterte er ihm zu.
»Was soll das alles?«, fragte Maximow.
»Als ich Nagorski zur
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