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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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abgetrennten Arm.
    Als Kruzmak sich zu seinem verwundeten Kameraden hinunterbeugte, sah er die tiefe Bisswunde an dessen Hals und die Blutlache, die sich um seinen Kopf gebildet hatte. Er war tot.

39
Der Kerker
    Das Gemäuer mit seiner kuppelförmigen Decke roch muffig. Von den grob behauenen Felswänden tropfte Wasser herab und sammelte sich in flachen Pfützen auf dem Lehmboden. Ein zwei Fuß breites, vergittertes Fenster kurz unterhalb der Decke ließ gerade genügend Licht in den Raum, um einen Haublock zu bescheinen. In dem Block steckte eine Axt mit langer Klinge, die vom Rost bereits angefressen war. Aus einem Nebenraum drang der Schein einer Fackel und ließ seltsame Schatten an den Wänden tanzen.
    Mogda hörte die gleichmäßige Bewegung eines Blasebalgs. Von Zeit zu Zeit stocherte jemand mit einer Eisenstange in der Glut einer Esse herum. Der Oger wusste genau, wer sich dort an den mannigfaltigen Instrumenten zu schaffen machte. Die beiden Männer hatten es sich nicht nehmen lassen, sich und ihr Handwerk in den letzten Tagen eingehend vorzustellen. Und heute war anscheinend der Tag einer Demonstration ihres Könnens gekommen.
    Es waren zwei Männer, die sich gegenseitig ›Meister‹ und ›Schwachkopf‹ nannten. Das waren natürlich nicht ihre richtigen Namen, dennoch fand Mogda sie sehr passend.
    Meister sah aus wie ein Oger, gepresst in die Hülle eines Menschen. Sein kahler Schädel war übersät mit Narben, die Hände waren mit Schwielen bedeckt, und die ausgiebige Rückenbehaarung unterstrich seinen eigenwilligen Körpergeruch. Mit etwas Wohlwollen hätte man sagen können, dass er doppelt so viel wie Schwachkopf wog. Mogda wusste, dass so gut wie jeder, der darauf bestand, Meister genannt zu werden, an Größenwahn litt. Egal, ob diese Herrschaften durch Überzeugungskraft, Magie oder Gewalt zu ihrem Titel gekommen waren, sie verkörperten das, was Mogda seit Jahren bekämpfte.
    Schwachkopf dagegen war das typische Exemplar einer unterdrückten Kreatur. Sein Gesichtsausdruck allein schrie nach einem Joch. Er schien jedem zu vermitteln: Sag mir, was ich tun soll.
    Leider war Schwachkopf nicht in der körperlichen Verfassung, sich gegen seinen Unterdrücker zu wehren, wie es die Oger vor Jahren mit den Nesselschrecken getan hatten.
    Das Geräusch des Blasebalgs hatte aufgehört. Im Durchbruch erschienen zwei Gestalten, die den Fackelschein aus dem Nebenraum verdeckten und das Gemäuer in Dunkelheit tauchten. Meister hielt einen glühenden Schürhaken in der Hand und drehte ihn stolz. Schlimmer aber noch als die Drohung, gebrandmarkt zu werden, war das Grinsen von Schwachkopf. In seinem Gesichtsausdruck paarte sich Dummheit mit der Vorfreude auf eine Gräueltat.
    »Zünde die Fackeln an«, befahl Meister seinem Gehilfen. »Wir wollen doch sehen können, ob man unsere Künste zu schätzen weiß.«
    Mogda fragte sich, ob Meister sich wirklich als Künstler sah. Trolle und Orks töteten und quälten aus reinem Vergnügen, aber einen Menschen so etwas sagen zu hören war neu für Mogda.
    »Du solltest dich beeilen mit deinem glühenden Zahnstocher, sonst reicht es nur zum Füße wärmen«, brummte der Oger.
    Die Wachen hatten sich viel Mühe gegeben, ihn an die Wand zu ketten. Die Bewegungsfreiheit seiner Arme und Beine reichte keinesfalls aus, um die Verankerung aus den Wänden zu reißen. Die Ketten und Schellen waren vermutlich speziell für seinesgleichen angefertigt worden, oder aber die Menschen waren dazu übergegangen, ausgewachsene Bullen in ihren Verliesen anzuketten. An Flucht war nicht zu denken. Das wussten auch die beiden Folterknechte, und entsprechend selbstsicher verhielten sie sich.
    Schwachkopf war gerade dabei, die dritte Fackel in der Wandhalterung zu entzünden. Mogda wunderte sich, dass bei so viel Dummheit anscheinend auch das Feuer schlechter brannte. Angespornt von Mogdas spitzer Bemerkung eilte Meister auf die gegenüberliegende Wand zu, an der Barrasch und Finnegan hingen. Die beiden Männer waren ebenfalls an die Mauer gekettet worden, doch ihre Füße schwebten kurz über dem Boden. Schmerzen und Überanstrengung hatten sie bereits nach dem ersten Tag in Bewusstlosigkeit fallen lassen.
    Meister packte Finnegan am Fußgelenk und drehte das Bein gewaltsam nach oben. Dann presste er das glühende Brecheisen auf die Fußsohle. Stöhnend versuchte sich der junge Soldat aus dem Griff des Folterknechtes zu lösen, doch seine Kraft reichte nicht aus. Als Meister ihn wieder losließ,

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