Der Rubin der Oger

und trat ins Freie.
    »Ihr nie gesehen schlechtes Wetters?«, verhöhnte er die anderen. »Das nur Regen und Wind. Tabal wird lachen über Oger, Angst vor Wetter.«
    Die Worte taten ihre Wirkung. Nach und nach betraten die Oger den schmalen Pfad, der sie durch das Grindmoor leiten und zum Wald der Elfen führen sollte. Rator und Hagmu gingen an der Spitze des Zugs, dicht gefolgt von den Zwergen.
    Mogda hatte sich in der Mitte eingereiht und lief direkt hinter Gnunt. Unaufhörlich stieg der Wasserpegel im Moor, und es würde nur noch Stunden dauern, bis der Pfad nicht mehr passierbar war. Trotz des Sturms zog Mogda immer wieder ein feiner, kaum auszumachender Geruch in die Nase. Der Duft war ihm wohlbekannt und weckte böse Erinnerungen in ihm.
    »Schwefel«, murmelte er vor sich hin. »Der Gestank der roten Drachen.«
    Er hielt einen Moment inne und beobachtete den Himmel. Das schwere Unwetter machte es jedoch unmöglich, irgendetwas zu erkennen.
    »Dnu nicht Angst«, rief ihm Gnunt zu. »Gnunt wnissen wie töten Wandener.«
    Der massige Oger hatte eine Platzwunde über der Augenbraue. Blut lief ihm über die Wange und tropfte zähflüssig von seinem Kinn herab.
    »Du blutest«, stellte Mogda fest.
    Verwundert sah Gnunt an sich herunter. Erst als Mogda sich gegen die Stirn tippte, befühlte Gnunt die Platzwunde über der Braue.
    »Hagel gnoß wie Steine«, erklärte Gnunt und zeigte auf die Hagelkörner, die im Moorwasser trieben.
    Mogda betrachtete die im Wasser dümpelnden und immer kleiner werdenden Eissplitter. Erst jetzt bemerkte er die zarten Nebelschwaden, die über der Wasseroberfläche hingen und schnell vom Sturm zerstreut wurden. Er kniete nieder und tauchte seine Hand ins Wasser. Schnell zog er sie wieder zurück. Das Wasser war heiß. Unweit neben ihm erhob sich ein brauner Schlammhügel aus dem Moor, der auch der Quell des Nebels zu sein schien. Gelblicher Dampf blubberte aus dem Matsch hervor.
    »Halte mich fest«, bat Mogda seinen Kameraden und zog das Runenschwert, um das Gebilde näher zu untersuchen.
    Mit ausgestrecktem Arm stocherte Mogda in dem Hügel herum. Plötzlich brach aus dem Schlamm rot glühendes Magma hervor und ergoss sich mit einem Schwall Wasserdampf ins Moor.
    »Wir müssen weg von hier«, schrie Mogda seinen Kameraden zu. »Das Wasser wird uns sonst bei lebendigem Leibe kochen.«
    Nicht alle Oger verstanden sofort, wovor Mogda sie warnen wollte, doch als sich weitere heiße Wasserfontänen aus dem Moor erhoben, begriffen auch sie.
    Die Oger begannen zu laufen. Der schmale Pfad, der sie durch das Moor führte, ließ keine Fehltritte zu. Jede Unachtsamkeit konnte Verbrühungen oder den Tod bedeuten. Weiter vorn musste ein Oger gestürzt sein, denn als Mogda an der Stelle vorbeikam, sah er nur noch einen Arm aus dem Wasser ragen.
    Keiner kümmerte sich mehr um den anderen. Jeder war nur noch daran interessiert, die kochende Landschaft schnell hinter sich zu lassen. Heiße Geysire schossen aus dem Moorwasser empor und ergossen sich über Oger und Zwerge.
    Urplötzlich erreichten sie die Grenze des Sturms der Elemente – und fanden sich in einer neuen Welt wieder.

53
Krieg der Götter
    Mogda überquerte die Grenze. Von einem Moment zum nächsten endeten Regen, Sturm und schwefliger Gestank.
    Sie waren immer noch in Nelbor, denn Mogda sah das Grindmoor und dessen Ausläufer, die Wälder der Elfen und dahinter im Osten die hohen Berge. Das Land war dasselbe wie zuvor ... und doch war es das nicht.
    Das Sonnenlicht hatte eine violette Färbung angenommen und ließ das Grün der Pflanzen fast schwarz erscheinen. Bis auf das erschöpfte Keuchen der Oger herrschte Stille. Mogda drehte sich um. Der Sturm wütete keine zehn Fuß von ihm entfernt. Bis hoch in den Himmel kämpften die Elemente gegeneinander, doch nicht ein einziger Tropfen fiel hinter die unsichtbare Grenze. Immer noch kamen Oger aus dem Unwetter hervor und blieben verdutzt stehen.
    An Rators Gesichtsausdruck konnte Mogda ablesen, dass die neue Umgebung dem Kriegsoger nicht sonderlich zusagte.
    »Was hier passieren?«, fluchte er.
    »Ich nehme an, genau das, was uns prophezeit wurde«, erwiderte Mogda.
    Diese Antwort schien Rator noch weniger zu gefallen als die Umgebung. Kurzerhand packte er Mogda an der Kehle und drückte zu, während er seine Frage wiederholte.
    »Ich erkläre es dir«, röchelte der gebeutelte Oger.
    Rator löste seinen Griff.
    »Die Götter versuchen, sich gegeneinander zu behaupten. Dadurch, dass der