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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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mächtigen Bäumen sah. Das violette Licht der Sonne schien durch das dichte Blätterdach hindurch und formte eine Lichtung, die kaum größer war als ein Schweinepferch. Dicht an dicht drängte sich ein knappes Dutzend menschengroßer Pilze in den wärmenden Sonnenstrahlen. Die Pilze waren hellbraun und trichterförmig. Außer ihrer Größe konnte Mogda nichts Ungewöhnliches an ihnen entdecken.
    »Das sind große Pilze«, stellte er fest.
    »Sie gelaufen zu Licht«, erklärte Rator.
    »Sie sind gelaufen?«, fragte Mogda ungläubig. Unwillkürlich fiel Mogda Cindiels Worte über den Pilzmännchen-Aberglauben ein. Was hätte sie wohl gesagt, wenn sie dies hier gesehen hätte?
    »Was höre ich da über laufende Pilze?«
    Mit zweien seiner Krieger war auch Dranosil an die Spitze des Zuges geschlichen und belauschte nun offenkundig die Gespräche der Oger.
    »Du hast richtig gehört; laufende Pilze«, bestätigte Mogda. »Schau sie dir selbst an.«
    Dranosil warf einen Blick auf die Lichtung.
    »Die sind ja riesig«, stammelte er. »Und sie können laufen, sagt ihr?«
    Rator brummte zustimmend.
    »Das ist ja fantastisch, dann brauchen wir sie nicht zu schleppen. Pilze, die hinter einem herlaufen? Wenn es jetzt noch anfängt, Käse zu regnen, sage ich: Das hier ist das Paradies.«
    Auf eine Art konnte Mogda den Zwerg verstehen. Je länger der Bärtige von Essen sprach, desto überzeugender erschien sein Gerede.
    »Wie lange dauert es wohl noch, bis wir diesen Wanderer treffen?«, wollte Dranosil von Mogda wissen.
    »Ich würde sagen, noch zwei bis drei Stunden strammer Fußmarsch.«
    »Na bitte«, folgerte der Zwerg. »Gibt es einen besseren Zeitpunkt, um sich noch einmal richtig die Wampe voll zu hauen, bevor wir in die Schlacht ziehen? Ich würde vorschlagen, wir schnappen uns so viele dieser Pilze wie möglich und bereiten uns dann ein Festmahl zu. Los, Rator, ich weiß doch, wie du hinter den kleinen Leckereien aus meinem Proviant her warst! Ein voller Bauch liegt direkt vor dir.«
    Rators Hunger und die Worte des Zwerges taten ihr Übriges. Der Plan war einfach. Sie würden losstürmen und darauf hoffen, dass die fremdartigen Pilze nur unwesentlich schneller waren als ihre verwurzelten Verwandten. Rator fand mehr als genug Freiwillige für das Pilz-Kommando.
    Zehn Oger und eine Hand voll Zwerge stürmten schwer bewaffnet über den morschen Baumstumpf hinweg. Mogda lief mit Rator und Gnunt an der Spitze. Aus den Augenwinkeln sah Mogda, dass die Zwerge etwas zurückfielen. Noch bevor er sich wundern konnte, dass keiner der Pilze Reißaus nahm, hörte er einen hohen schrillen Ton. Mit jedem Schritt, den sie taten, wurde das Geräusch lauter, bis es schließlich in den Ohren schmerzte. Es gab keinen Zweifel, der Ton kam von den Pilzen. Sie schienen zu schreien. Immer lauter und unerträglicher wurde das Kreischen. Mogda presste sich die freie Hand auf ein Ohr, doch es half nichts. Es fühlte sich an, als müsste sein Kopf platzten. Gnunt tauchte neben ihm auf und versuchte, ihn abzudrängen. Blut lief aus den Ohren des riesigen Ogers. Er wirkte orientierungslos. Dann begann der Wald um Mogda herum zu verschwimmen. Er selbst wollte nur noch rennen, immer schneller, um dem schrillen Schreien der Pilze zu entgehen.

54
Mystraloon
    Seit Stunden irrte Mogda durch den Wald. Die Verteidigung der riesigen Pilze hatte außerordentlich gut funktioniert. In Panik waren Zwerge und Oger in alle Richtungen geflohen. Das Schreien der Pilze war so durchdringend und schmerzvoll gewesen, dass Mogda seinen Gehörsinn erst zwei Stunden später wiedererlangte. Noch immer schien der schrille Ton in seinen Ohren nachzuhallen. Wenn die Gefährten nicht vor Verzweiflung geflüchtet wären, hätte das Schreien sie sicherlich wahnsinnig gemacht. Immer noch sah Mogda vor seinem inneren Auge einen verzweifelten Gnunt, dem das Blut aus den Ohren lief.
    Mogda hatte aufgehört zu laufen. Wenn er aus diesem Wald herauskommen wollte, brauchte er seine Stärke. Immer wieder hörte er die entfernten Rufe der anderen. Anfangs hatte er sie noch hoffnungsvoll erwidert, doch dann musste er feststellen, dass seine Rufe ihn mehr und mehr Kraft kosteten, aber keineswegs halfen, die anderen aufzuspüren. Mal schienen die Rufer direkt vor ihm zu sein, dann erklangen ihre Stimmen wieder in seinem Rücken.
    Krampfhaft versuchte Mogda, sich nur in eine Richtung zu bewegen, auch wenn er nicht wusste, welche das war. Im Kreis herumzuirren wäre das Schlimmste, was ihm

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