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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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erschöpft nutzten alle irgendwann die restliche Nacht, um sich auszuruhen.
    Rator erwachte mit einem fahlen Geschmack im Mund und spröden Lippen. Durch seine Körperwärme hatten sich Kauder und Pech aus den Zwischenräumen der Planken gelöst und in den Haaren auf seinem Rücken verklebt. Schmerzvoll rollte er sich auf die Seite und musste feststellen, dass jetzt einige Stellen seines Rückens kahl waren, während andere zusätzliche Hanffasern aufwiesen. Seinen Kameraden erging es ähnlich.
    Die Seeleute hatten die Nacht besser überstanden. Die Auswirkungen des Alkohols schienen bei ihnen wie verflogen, und geschlafen hatten sie auf alten Leinensäcken.
    »Wo Kapitän?«, fragte Rator in die Runde.
    »Der Käpt’n ist an Deck und bestimmt den neuen Kurs«, murmelte Wirret, der Koch, und zeigte hinauf zu einer Luke.
    Es dauerte einige Zeit, bis Rator sich durch das enge Loch gezwängt hatte. Kapitän Morrodak stand achtern und befreite gerade seine Kajüte von dem herabgestürzten Tauwerk und anderen Trümmern.
    »Zieht ihr weiter?«, begrüßte er den Oger.
    Rator nickte beiläufig, weil sein Blick auf zwei weitere Schiffe fiel, die unweit am Fuß der Berge gestrandet waren. Fast hätte man denken können, sie kreuzten das Meer hinter der neu erschaffenen Kluft; nur ihre Schräglage und die abgebrochenen Masten deuteten darauf hin, dass sie nicht mehr seetüchtig waren.
    »Ja, wir sind nicht die Einzigen, die dem Sog zum Opfer gefallen sind. Aber im Gegensatz zu uns haben diese räudigen Bastarde ihr Schiff und ihre Ladung aufgegeben. Sie haben sich mit Mann und Maus in die Berge gerettet«, erklärte Morrodak.
    Rator versuchte mehr zu erkennen, doch die Spiegelungen auf dem Wasser und die langsam ziehenden Wolken am Horizont ließen alles undeutlich erscheinen. Morrodak bemerkte sein Interesse und reichte ihm ein Fernrohr, das auf dem Dach seiner Kajüte lag. Verwundert drehte Rator das Instrument in der Hand herum.
    »Das ist ein Fernrohr. Man hält es vor sein Auge und blickt hindurch«, verriet er. »Es vergrößert, sodass man weiter sehen kann.«
    Rator tat wie ihm geheißen und bestaunte das kleine Rohr. Er wandte sich Richtung Osten und visierte die Insel an, auf der sie ihre Kameraden zurückgelassen hatten. Schnell fand er die Gruppe. Sie waren auf halbem Weg zwischen ihrem Lagerplatz und dem Schiff. Tastmar führte sie an.
    Rator schob zwei Finger vor die Linse und versuchte vorsichtig, nach den Ogern zu greifen.
    »Man kann nur hindurchsehen, anfassen geht leider nicht«, sagte der Kapitän schmunzelnd.
    Rator drehte sich um und spähte nun zu den beiden Wracks hinüber.
    »Menschen auf Schiff nicht finden Rettung in Berge«, sagte er, nachdem er einen Augenblick durch das Fernrohr geschaut hatte.
    »Sondern?«
    »Finden Trolle.«
    Kapitän Morrodak überzeugte sich selbst von den Worten des Ogers und zählte leise die Geschöpfe, die auf den Trümmern der anderen Schiffe nach Nahrung und Schätzen suchten. Er glaubte einen Troll zu erkennen, der sich mit Inbrust an einem der toten Seeleute, der in den Wanten hing, gütlich tat. Er senkte das Fernrohr und flüsterte: »Es sind wenigstens drei Dutzend.«
    Er ließ den Kriegsoger stehen und ging unter Deck. Rator war der Weg zu beschwerlich, deshalb hangelte er sich an der Bordwand hinunter und kletterte durch den beschädigten Rumpf in den Laderaum, in dem der Kapitän seine Mannschaft um sich versammelt hatte.
    »Hört mir zu, Leute! Eine Bande Trolle ist auf dem Weg hierher. Ich möchte, dass ihr euch mit irgendetwas bewaffnet. Wir werden unser Schiff gegen diese stinkenden Biester verteidigen müssen.«
    Rator war verblüfft. Wie konnte dieser Mann für sein zerstörtes Schiff in den Tod gehen? Und nicht ein einziger seiner Mannschaft gab ein Widerwort von sich. Sie waren hoffnungslos unterlegen, dennoch folgten sie ihm.
    »Wir auch kämpfen gegen Trolle«, beschloss Rator grimmig.
    Kruzmak war der Erste, der sein Schwert blankzog.
    »Trolle viele?«
    »Zu viele«, entgegnete Morrodak an Rators Stelle. »Es sind immer zu viele, wisst ihr? Ich war nicht immer Kapitän auf diesem Schiff. Als junger Bursche habe ich auf der Nordinsel Argaht als Söldner gegen die Barbaren gekämpft. Jeden Morgen, an dem wir uns in Reih und Glied vor dem Schlachtfeld aufstellten, war mir schleierhaft, wie wir gegen diese Überzahl von Berserkern bestehen und den Abend erleben sollten. Aber jeden Morgen stand ich wieder dort, bis wir gewonnen hatten und das Feld von

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