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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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Gebirge. Plötzlich begann es sich zu bewegen und zu flackern.
    »Sein vielleicht Wanderer?«, mutmaßte Tastmar.
    Rator schüttelte den Kopf.
    »Licht zu hoch«, erklärte er. »Du wecken Kruzmak und zwei andere. Wir gehen nachsehen.«
    Tastmar tat, wie ihm aufgetragen. Kruzmak, Gnunt und Drachte waren nicht sonderlich angetan von dem Vorschlag, in der Nacht einen Späherauftrag auszuführen. Das Wasser, die Dunkelheit und eine Schar unbekannter Feinde konnten schnell ihren Tod bedeuten. Doch sie wussten auch, dass es unvermeidbar war, nachzuforschen, wer dort draußen lauerte. Andernfalls waren sie alle in Gefahr.
    Rator vermutete die Quelle des Lichtes ein bis zwei Meilen vor ihnen. Sie legten alle unnötigen Ausrüstungsgegenstände ab, um im Dunkeln nicht gezwungen zu sein, dem tieferen Wasser auszuweichen, und machten sich unverzüglich auf den Weg.
    Als die vier nahe genug waren, um zu erkennen, dass es sich um eine große Laterne handelte, die in hundert Fuß Höhe zu schweben schien, verlangsamten sie ihr Tempo. Rator tauchte bis zum Hals ins Wasser und bedeutete seinen Gefährten, es ihm nachzutun. Sinn und Zweck dieser Art Bewegung war den anderen zunächst unklar, doch als sie merkten, dass sie so fast lautlos durchs Wasser gleiten konnten und so gut wie unsichtbar waren, folgten sie seinem Beispiel. Beim Näherkommen lösten sich langsam die ersten erkennbaren Umrisse aus der Finsternis, und bald wurde ihnen klar, was sie gefunden hatten.
    Rator traute seinen Augen kaum. Vor ihm lag ein gestrandetes Schiff. Oder besser das, was von ihm übrig war. Es war keines dieser kleinen Fischerboote, die vor der Küste kreuzten, sondern eine ausgewachsene Dreimastbark.
    Rator kannte sich nicht sonderlich gut aus mit Schiffen. Das einzige Mal, dass er mit einem gefahren war, hatte er die meiste Zeit im Laderaum verbracht; und kurz nachdem er an Bord gekommen war, wurde es angegriffen und versank.
    Von diesem hier konnte er nur eines mit Bestimmtheit sagen: Es würde nie wieder fahren.
    Der Bug war weggerissen und klaffte auseinander wie das offene Maul eines Fisches. Der vordere Mast war in der Mitte gebrochen und hing in den Brassen fest. Die Aufbauten waren größtenteils zerstört oder unter herabgestürzten Trümmern begraben. Der Rumpf wies mehrere Löcher auf, durch die ein Mann hätte aufrecht gehen können, und das Ruder fehlte. Das ganze Schiff neigte sich auf eine Seite und war anscheinend auf Grund gelaufen. Im Ausguck des Hauptmasts hatte jemand eine brennende Laterne angebracht, vermutlich um Hilfe herbeizurufen. Rator wusste jedoch aus Erfahrung, dass so etwas eher Feinde anlockte.
    Insgesamt bot die Bark einen traurigen Anblick. Im Notfall hätte sie gereicht, um einer Horde Goblins als Unterschlupf für die Nacht zu dienen; oder als Brennholzvorrat für einen Monat.
    Ein schwacher Lichtschein drang durch die Löcher im Rumpf und wurde von Zeit zu Zeit durch lange, sich bewegende Schatten verdeckt.
    Lautlos glitten die Oger durch das fünf Fuß tiefe Wasser und arbeiteten sich langsam zum Bug des Schiffes vor.
    »Wenn ihr noch länger auf die Fässer glotzt, werde ich euch eigenhändig in der Brühe dort unten ertränken«, knurrte eine kräftige Männerstimme aus dem Rumpf des Schiffes.
    Unzufriedenes Gemurmel von mehreren Seeleuten erklang.
    »Käpt’n, nun seien Sie doch nicht so«, forderte eine zaghafte Stimme. »Wer wird später schon sagen können, wie viele Fässer den Schiffbruch überstanden haben? Eines mehr oder weniger, was macht das schon für einen Unterschied.«
    Wieder drang Gemurmel aus dem Rumpf, doch diesmal wurde es von beifälligem Klopfen begleitet.
    »Halt die Schnauze, Wirret! Kümmere dich lieber darum, dass der Fraß, den du uns hier zusammenschusterst, endlich genießbar wird.«
    »Auch dabei, Käpt’n, würde ein Schuss Rum Wunder wirken.«
    Die Oger hörten, wie eine Kiste beiseite gestoßen wurde und jemand aufsprang.
    »Ich hab dich gewarnt, Smutje. Jetzt friss das hier.«
    Ein hagerer Mann in einst weißer Hose und Hemd taumelte haltlos über die Planken und verlor das Gleichgewicht. Mit rudernden Armen und einem spitzen Schrei stürzte er durch das Loch im Bug rückwärts in die Tiefe. Doch der Sturz ins Wasser blieb ihm erspart. Gnunt fing ihn auf und wiegte ihn in seinen Armen wie eine Mutter ihr Neugeborenes.
    »Dnu Koch?«, fragte ihn der Oger verzückt.
    Durch das ausbleibende Geräusch des Auftreffens auf dem Wasser angelockt, zeigten sich die ersten

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