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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbuelt
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anderen ähnlich erging. Er hörte das Grollen aus dem Bergwerk, hörte, wie Felsen, Holz und Eisen alles unter sich begruben. Dann brach er zusammen und blieb zwischen den Felsen auf dem Rücken liegen. Das Letzte, was seine Augen sahen, waren die großen schwarzen Schiffe, die an der Küste vorüberzogen.

22
Elfenschiffe
    Lord Felton beugte sich über den Hals seines Schimmels und tätschelte das geduldige Tier. Seine persönliche Garde und große Teile der Stadtwachen lagerten zusammen mit ihm vor den Stadtmauern von Sandleg. Dutzende von Zelten hatten sie aufgeschlagen, doch Felton saß lieber auf seinem Pferd. Im Sattel zu sitzen hieß für ihn, ein Kommando zu haben. Im Zelt zu hocken war Politik. Normalerweise wäre Hauptmann Barrasch an seiner Seite gewesen. Er war einer der wenigen, der diesen Unterschied noch verstand.
    »Fühlt Ihr Euch auch ausgeschlossen, Leutnant?«, fragte Felton den Offizier, der neben ihm stand.
    »Wie meinen, Eure Lordschaft?«
    Verwirrt schaute der Leutnant zu Boden und überdachte die Frage seines Heerführers noch einmal.
    »Ihr wäret auch gerne zum Empfang der Elfen in die Stadt gezogen, oder etwa nicht?«
    Felton verzog das Gesicht, als ob ein tiefer Schmerz in seiner Brust ihn plagte. Dann stellte er sich in den Steigbügeln auf und ließ seinen Blick über den Horizont schweifen, bevor er weitersprach. »Hätte ich meine Hand gehoben, als es darum ging, Lord Sigurt aus Turmstein zum Oberbefehlshaber aller Truppen zu ernennen, würde ich nun sicherlich eine bessere Sicht auf den Hafen genießen«, brummte er.
    »Da stimme ich Euch zu«, antwortete der Leutnant. »Allerdings hättet Ihr nach der nächsten Schlacht unter seiner Führung auch eine lange Reihe toter Soldaten abzuschreiten. Der Tod seines Vaters hat ihn zwar zum Lord gemacht, das heißt aber nicht, dass er dieser Aufgabe auch gewachsen ist. Sigurt ist nicht gerade als brillanter Taktiker bekannt. Die meisten seiner Männer sterben durch seine Fehlentscheidungen.«
    Lord Felton nahm die Antwort von Leutnant Tossil mit Wohlwollen auf, aber er wusste auch, dass er den Worten seines Untergebenen nicht unbedingt vertrauen konnte. Irgendwann kam die Zeit, in der aus einem Leutnant ein Oberleutnant oder Hauptmann werden sollte, und da war es wichtig, vorher die richtigen Worte gewählt zu haben.
    Felton musste an Barrasch denken. Sein alter Vertrauter hatte es nicht mit Schmeicheleien zur Beförderung gebracht. Er hatte die Gabe, richtige Entscheidungen zu treffen und ihn mit seinem Können zu beeindrucken. Für Lord Sigurt spielte Leistung keine große Rolle. Fehler schob er üblicherweise auf Untergebene.
    »Glaubt Ihr, dass es Schwierigkeiten mit den Zwergen gibt?«, fragte Leutnant Tossil seinen Vorgesetzten.
    Lord Felton schüttelte den Kopf.
    »Nein, sie würden ihren Zorn niemals offen zeigen. Stattdessen gibt es Reibereien tief unter der Oberfläche, bis einer von ihnen aufgibt.«
    »Ihr seid ein Mann mit Weitblick«, sagte jemand hinter ihnen.
    Lord Felton fuhr im Sattel herum. Ein alter Mann mit langen grauen Haaren und in Bettlerkluft stand dort. »Weitblickend vielleicht schon«, erwiderte Felton. »Aber anscheinend nicht umsichtig genug, wenn ich es zulasse, dass ein Fremder die Gespräche zwischen mir und meinem Leutnant belauscht.«
    Peinlich berührt trat der Alte zwei Schritt zurück und hob besänftigend die Arme. Sein Gesicht war voller Falten, besaß aber dennoch jugendliche Züge.
    »Es tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein. Ein alter Mann stolpert schnell in Situationen, die ihn nichts angehen. Ich wollte Eurer Lordschaft auf keinen Fall zu nahe treten. Bitte verzeiht.«
    Felton sah sich den Fremden genauer an. Etwas stimmte nicht mit ihm, doch er konnte nicht auf Anhieb erkennen, was es war. Äußerlich war er ein Bettler, und zwar einer der übelsten Sorte. Seine Kleidung stank erbärmlich, und er selbst sah aus, als habe er den ganzen Tag mit bloßen Händen in der Erde gewühlt. Er trug nicht einmal Schuhe an den Füßen.
    Lord Felton störte sich nicht an Bettlern. In Osberg gehörten sie zum täglichen Leben, und meist waren sie unterwürfig und wortkarg. Dieser Mann war bis auf seine äußere Erscheinung das schiere Gegenteil. Seine Worte waren gut gewählt, fast höfisch, und in seinen Augen blitzte Arroganz auf.
    »Wohin führt Euch der Weg, Alter?«, fragte Lord Felton.
    »Ich will in die Stadt und ein wenig am Lauf der Geschichte teilhaben.«
    Felton musste grinsen.
    »Ich

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