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Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari

Titel: Der Ruf der Kalahari - Mennen, P: Ruf der Kalahari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Mennen
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völlig unmöglich, weil es wissenschaftlich nicht zu erklären war. Mittlerweile weiß ich jedoch, dass hier Dinge geschehen, die außerhalb unserer Vorstellungskraft liegen. Nimm es als Geschenk, dass du es erleben darfst.«
    Während sie durch die weite baum- und buschdurchsetzte Kalahari liefen, erfuhr Jella von ihrem Vater noch viel mehr über das Leben und die Menschen in Afrika. Unter anderem, dass diese Art von enger Verbindung, wie Jella sie zu Nakeshi empfand, innerhalb der Buschmänner durchaus häufig waren. Im Laufe der Jahrtausende hatten die kleinwüchsigen Wüstenmenschen Fähigkeiten entwickelt, sich über Trancezustände über Hunderte von Kilometern entfernt zu verständigen. Auf diese Weise verabredeten sie sich zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten, selbst in der unendlichen Weite der Kalahari.
    »In ihren Augen seid ihr Sternenschwestern«, erklärte Johannes. »In besonderen Augenblicken des Lebens wisst ihr immer, wie es der anderen gerade geht. Obwohl ihr euch vielleicht an unterschiedlichen Orten befindet, könnt ihr euch über die Anderswelt verständigen.«
     
    Trotz seiner Entschlossenheit war Jellas Vater gesundheitlich immer noch angeschlagen. Nur die Sorge um Owitambe verlieh ihm die nötige Kraft und Ausdauer, um den langen Marsch dorthin zu überstehen. Nakeshi versorgte Johannes mit stärkenden Kräutern.
Nur zu gern hätte Jella gewusst, um welche Pflanzen es sich dabei handelte. Sie nahm sich vor, ihre Freundin bei nächster Gelegenheit danach zu befragen. Wie nützlich konnten die Pflanzen doch auch für die Weißen sein. Hatte sie es nicht am eigenen Leib erfahren?
    Nach vielen Stunden Fußmarsch kam endlich Owitambe in Sicht. Das kleine, weiße Farmhaus zwischen den kugelrunden Felsen und seine Nebengebäude und Hütten schmiegten sich eng an den Fuß des Waterbergplateaus. Die große Schirmakazie auf dem kleinen Hügel hielt wie ein riesiger Sonnenschirm die gröbste Hitze von dem dorfähnlichen Platz ab. Johannes hielt für einen Moment inne und atmete tief durch. Seine hageren Gesichtsmuskeln spannten sich sichtbar an, während er mühsam seine Rührung zu verbergen suchte. Schließlich setzte er sich mit entschlossenen Schritten in Bewegung und führte die kleine Gruppe an, um die restlichen Meter zu seiner Farm zurückzulegen.
    Normalerweise herrschte auf der Farm ein reges Leben. Doch jetzt schien alles wie ausgestorben. Im Schatten der Hütten, in denen die schwarzen Farmarbeiter mit ihren Familien wohnten, tummelten sich ein paar Hühner, die verschreckt aufflatterten, als sich die kleine Gruppe ihnen näherte. Alles wirkte wie ausgestorben. Johannes ging als Erstes auf eine der Hütten zu und schaute in sie hinein. Mit sorgenvoller Miene stellte er fest, dass die Hütte verlassen war. Auch die nächste und die übernächste Hütte standen leer.
    »Verdammt«, entfuhr es Jellas Vater. »Die Arbeiter sind alle verschwunden. Sie haben alles, was sie besitzen, mit sich genommen.«
    Sein Blick wanderte traurig über das Anwesen, das er mit Hilfe der Arbeiter errichtet hatte. Die meisten dieser so unterschiedlichen Menschen waren für ihn so etwas wie eine Familie gewesen. Und jetzt waren sie alle fort. Im Schatten der großen Schirmakazie bewegte sich etwas. Jella blinzelte und erkannte eine Frau und
einen kleinen Jungen. Es war Sarah mit ihrem Sohn. Die schlanke Frau stieß einen kurzen Schrei aus, bevor sie langsam aus dem Schatten trat. Ihre Augen waren weit aufgerissen und füllten sich bei Johannes’ Anblick mit Tränen. Sie schien ihrer eigenen Wahrnehmung nicht zu trauen.
    »Sarah«, meinte Johannes nur. Ein kurzer, beinahe verschämter Blick streifte Jella, bevor er der Himbafrau mit raschen Schritten entgegenging. Jella verspürte einen leichten Anflug von Eifersucht, aber dann gewann doch die Freude für ihren Vater die Oberhand. Johannes blieb kurz vor der Himbafrau stehen und sagte etwas in ihrer Sprache. Sarahs sonst so ernstes Gesicht erhellte sich. Stolz schob sie ihm den Jungen entgegen. Dieser war ebenso überrascht wie seine Mutter und versteckte sich ängstlich hinter ihrem Rücken. Erst als Johannes ihn ansprach, traute er sich hervor und umarmte in einer heftigen Bewegung seine Beine. Voller Stolz winkte Johannes Jella zu sich.
    »Das ist Raffael«, erklärte er. »Er ist dein Bruder.« Und an Raffael gewandt: »Raffael. Das ist deine Schwester!«
    Jella wurde plötzlich ganz verlegen. Ihrer Meinung nach hatte sie auf einmal ein bisschen viel an

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