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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Bootsrennens vor ihrem Vater aus, wobei sie nur unwesentliche Kleinigkeiten ausließ, zum Beispiel den Kuss und das Herz im Baumstamm.
    »Er schreibt Gedichte, Daddy! Für mich!«
    Tim verdrehte die Augen. »Lilian«, meinte er dann und verlagerte mühsam sein Gewicht auf dem nicht sehr bequemen Stuhl. »Das mag dir ja alles sehr romantisch erscheinen. Aber es wäre mir doch lieber, der junge Mann schriebe seine Gedichte für jemand anderen. Du bist zu jung für einen Freund, und er ist zu jung für ein Mädchen. In euerm Alter habe ich noch Drachen steigen lassen!« Letzteres entsprach der Wahrheit, auch wenn die Angelegenheit nicht ganz so unschuldig gewesen war, wie Tim es jetzt darstellte. In Lilys Alter war er noch in einem englischen Internat gewesen, und der Drachen diente zur Übermittlung von Nachrichten an eine Farmerstochter namens Mary, deren Vater der Schule die Milch lieferte. Zu mehr als ein paar Liebesbriefen war es allerdings nicht gekommen. Mary suchte sich ihre Freunde lieber unter den älteren Schülern.
    »Ben ist sehr reif für sein Alter!«, behauptete Lily. »Er hat zig Schulklassen übersprungen.«
    Tim wehrte ab. »Das interessiert mich alles nicht, Lilian. Zweifellos ist der Junge intelligent, seine Eltern sind ja auch nicht dumm. Aber er sollte seinen Verstand nutzen und nicht ausgerechnet mit dem einzigen Mädchen in dieser Stadt herumtändeln, bei dem Schwierigkeiten vorprogrammiert sind. Du kannst dich nicht in den Sohn von Florence Biller verlieben, Lily!«
    Tim wedelte mit seiner Krücke, um seine Worte zu unterstreichen, und kam sich selbst albern dabei vor.
    Lilian warf ihr flammend rotes Haar zurück und hob stolz den Kopf. »Kann ich doch!«
     
    »Tim, das sind nichts als Spielereien. Wie kannst du das ernst nehmen?« Elaine Lambert saß im Garten ihres Hauses und beobachtete ihren wutschnaubenden Mann mit einer Mischung aus Sorge und Belustigung. Wie immer, wenn Tim sich über etwas aufregte, mochte er nicht stillsitzen. Vor seinem Unfall war er ein äußerst agiler Mann gewesen, der nur sporadisch im Büro aufgetaucht war. Eher suchte er den Kontakt mit den Bergarbeitern über und unter Tage, sprach persönlich mit den Zulieferern und erwies sich in seiner Freizeit als schneidiger Reiter. Die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit kam ihn auch Jahre nach dem Unglück hart an, und nun hinkte er vor Elaine zwischen Blumen- und Kräutergarten auf und ab und lamentierte über die offensichtliche Katastrophe, die Lilian und Ben gerade auslösten.
    Dabei hatte er, zumindest Elaines Ansicht nach, durchaus eine Mitschuld an den letzten, dramatischen Verwicklungen. An diesem Montagmorgen hatte er sich nicht anders zu helfen gewusst, als seine renitente Tochter schnurstracks heimzuschicken. Lilian hatte sich auch brav auf die kleine Stute gesetzt, die ihr Grandma Gwyn aus Kiward Station geschickt hatte. Sie hatte das Pferd auf der Farm geritten, und Gwyn hatte es ihr geschenkt – mit schlechtem Gewissen, ging es hier doch um jenes Fohlen, das Jack damals aus Glorias Ponystute und einem der Cobhengste gezüchtet hatte. Aber Gloria schien ja vorerst nicht heimzukommen ...
    Nun jedenfalls besaß Lilian die lebhafte »Vicky« – und fand wohl, dass sie an diesem Tag noch dringend Bewegung brauchte. Vicky hatte Vollblutahnen. Sie brauchte lange Galoppstrecken, und da bot sich der gut ausgebaute Weg zur Biller-Mine natürlich an. Auf der halben Strecke traf Lilian dann auf den Wagen der Billers, was Vicky zum Anlass nahm zu scheuen. Der einzige Passagier im Fond des Wagens ließ den Chauffeur daraufhin halten. Ben.
    Was anschließend passiert war, ließ sich kaum rekonstruieren, ohne die beiden Hauptbeteiligten einer hochnotpeinlichen Befragung zu unterziehen. Der Chauffeur – ursprünglich von der wutschnaubenden Florence dazu verdonnert, ihren widerspenstigen Sohn auf dem direkten Weg nach Hause zu bringen – berichtete, der junge Herr habe mit der Begründung aussteigen wollen, die junge Dame brauche vielleicht Hilfe bei der Bändigung ihres Pferdes. Danach war Ben, wohl auf der Suche nach Lily, im Farnwald am Fluss verschwunden, wohin der Chauffeur ihm verständlicherweise nicht folgen konnte.
    »Wieso hatte Florence Ben denn weggeschickt?«, erkundigte sich Elaine. Lilian war noch nicht zu Hause, aber darüber hatte sie sich keine Gedanken gemacht. Das Mädchen ritt oft noch spazieren, während sein Vater mit dem Auto oder dem Einspänner heimkam. Und von der morgendlichen

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