Der Ruf der Steine
leuchtende Feuersäule. Bevor sie fiel, sah Peter, wie sie ihre Arme anbetend zum Himmel hob.
Eine zweite Explosion folgte, die das Innere der Klippe erschütterte und Pulpit’s Point ein Stück weit in die Höhe hob. Die Steine schienen über das Inferno hinauszuwachsen und direkt der Kraft des Himmels zu gehorchen. Mit einem gewaltigen Donnern wuchsen sie hoch über sich hinaus und schienen sich endgültig aus der Umklammerung der Erde zu befreien. Doch die Kraft des Feuers war noch immer nicht groß genug, sodass der Kreis in der nächsten Minute wieder dorthin zurücksank, wo er seit Jahrhunderten gestanden hatte, und unter gewaltigem Donnerhall in sich zusammenstürzte und Hannah mit sich riss.
Und irgendwo auf dem weiten schwarzen Wasser der Hafenbucht brachen Tausende von Menschen in einen bewundernden Jubelschrei aus.
Epilog
I M F RÜHJAHR DANACH
Geisterhaft blass hing der Mond über dem Hafen.
Auf der anderen Seite des Himmels stieg die Sonne, die die kürzesten Tage längst hinter sich hatte, aus dem Blau empor und wärmte die Küste.
Es war Ostersonntag.
Peter, Connie und Andy verließen das Aquarium, wo Andy den Seehunden Fische hatte zuwerfen dürfen. Zusammen mit vielen anderen Menschen spazierten sie die Atlantic Avenue entlang, zwischen Musikern und Fotografen hindurch und an Zeichnern vorbei, die mit Staffelei und Kohle auf Kundenfang gingen. Einige Zeit ließen sie sich in einem Straßencafe nieder, verzehrten ihren Lunch und stöberten anschließend noch durch ein paar Geschäfte und Antiquitätenläden.
Seit sie zuletzt hier gewesen waren, waren neun Monate vergangen, und seitdem war viel geschehen. Manchmal schmerzte Peters Schulter noch, aber seine Seele hatte sich befreit. Sobald sie der Insel den Rücken gekehrt hatten, war Peter wieder ganz der Alte gewesen. Keine rauchgeschwängerten Erinnerungen, keine Halluzinationen, keine Stimmen mehr und erst recht keiner dieser paranoiden Wutanfälle mehr. Auch die übersinnlichen Fantasien waren vorbei. Was ihm dort draußen auf der Insel passiert war, entzog sich jeder rationalen Erklärung. Damit hatte er sich inzwischen abgefunden.
Nachdem die Felsen der Insel abgekühlt waren, waren die Arbeiter zurückgekehrt.
Im Herbst hatte Poro Construction sämtliche Maschinen und alles Baumaterial bis hin zur letzten Gerüststange und zum letzten Ziegel abtransportiert. Um die Entsorgung der wenigen Fundamente, der Abwasserleitungen und Gebäudeteile, die bereits errichtet waren, kümmerte sich der Staat.
Im Lauf des Winters hatte ein Team von Rechtsanwälten und Professoren dem Gericht von Suffolk County Dokumente vorgelegt, die zweifelsfrei belegten, dass Hannah Mac Ness in direkter Linie von Brigid Mocnessa und ihrem Mann Joshua Indian abstammte. Die Insel, die ihnen einst rechtmäßig gehört hatte, war ihnen nach Brigids Hinrichtung im Jahr 1692 von Reverend Jeremiah Oates abgenommen worden. Doch das Testament seiner Witwe Margaret Oates gab das Land im Jahr 1709 an die rechtmäßigen Nachkommen von Lydia Mocnessa zurück, die damals aufs Festland gezogen waren. Obgleich sie nie Kenntnis von dem Vermächtnis erhielten, war die Insel seitdem rechtmäßiges Eigentum der Familie Mocnessa und hätte jederzeit eingeklagt werden können. In diesem Moment wurde Peter klar, warum Hatcher ihm in jener Nacht nach dem Leben getrachtet hatte. Er wollte um jeden Preis die Entdeckung von Brigids Knochen verhindern.
Das Gericht akzeptierte die Beweisführung, und da keine Nachkommen existierten, machte der Staat von seinem Besitzanspruch Gebrauch und erklärte die Insel zum Teil eines Nationalparks. Der Name Kingdom Head sollte erhalten bleiben.
Hannah wäre glücklich gewesen, dachte Peter. Das Tagebuch der Lydia Mocnessa bestand im Grunde aus einer Sammlung verschiedenster Eintragungen, die nur teilweise von Lydia selbst stammten. Andere stammten aus späteren Generationen, aber alle darin beschriebenen Taten und Ereignisse trugen entscheidend dazu bei, Hannahs Herkunft und ihren Besitzanspruch zweifelsfrei zu belegen. Das Gericht verurteilte Edgar Fane Hatcher auf Grund verschiedenster Anklagepunkte wie Betrug, Verschwörung und versuchtem Mord zu sieben Jahren Gefängnis. Fred Goringer hatte den Anschlag auf Peters Leben eingeräumt, was ihm als strafmindernd angerechnet wurde, und der Pilot bestätigte das Geständnis. Flanagans Tod wurde als Notwehr eingestuft.
Auf dem Weg zum Waterfront Park blieben Connie, Peter und Andy einen Augenblick
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