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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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erzählst, Fiona«, sagte er leise. »Bitte erzähl mir den Rest. Ich muß es wissen.«

    Sie holte tief und zitternd Luft und zog ihre Hand unter der seinen hervor. Sie sah ihn direkt an. »Weißt du, wo sie hingegangen ist? Brianna?«
    »Ich glaube schon. Dahin, wo Gillian gegangen ist, nicht wahr?«
    Fiona antwortete nicht, sondern sah ihn weiter an. Ganz plötzlich überwältigte ihn die Irrealität der Situation. Es konnte doch nicht wahr sein, daß er hier saß, in der gemütlichen, abgenutzten Küche, die er seit seiner Kindheit kannte, und Tee aus einer Tasse trank, die mit dem Gesicht der Queen bemalt war, und dabei mit Fiona über heilige Steine und Zeitreisen diskutierte. In Gottes Namen, nicht Fiona , deren Interessen sich auf Ernie und den Betrieb ihrer Küche beschränkten.
    Hatte er jedenfalls gedacht. Er griff nach der Tasse, trank sie aus und stellte sie mit einem leisen Klirren hin.
    »Ich muß ihr folgen, Fiona - wenn ich kann. Kann ich?«
    Sie schüttelte den Kopf, und es war klar, daß sie Angst hatte.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur von Frauen; vielleicht können es nur Frauen.«
    Roger umklammerte den Salzstreuer. Das hatte er befürchtet - unter anderem.
    »Dann gibt es nur eine Möglichkeit, es herauszufinden, nicht wahr?« sagte er, äußerlich ruhig. Vor seinem inneren Auge erhob sich ein großer gespaltener Stein, ungebeten, schwarz, wie eine nackte Drohung vor dem verhangenen Himmel.
    »Ich habe ihr Notizbuch«, platzte Fiona heraus.
    »Was - wessen? Gillians? Sie hat etwas aufgeschrieben?«
    »Aye, das hat sie. Da ist eine Stelle…« Sie warf ihm einen Blick zu und leckte sich die Lippen. »Da bewahren wir unsere Sachen auf, damit wir sie vorher greifbar haben. Sie hatte das Buch da hingelegt, und - und - ich habe es mitgenommen, nachher.« Nachdem man Gillians ermordeten Ehemann in dem Steinkreis gefunden hatte, das meinte sie wohl.
    »Ich wußte, daß die Polizei es vielleicht haben sollte«, fuhr Fiona fort, »aber es - na ja, ich hätte es ihnen nicht gern überlassen, und trotzdem habe ich mir gedacht, was, wenn es etwas mit dem Mord zu tun hat? Ich konnte es ihnen doch nicht vorenthalten, und trotzdem…« Sie blickte zu Roger auf, und in ihrem Blick lag die Bitte um Verständnis. »Es war ihr persönliches Buch, verstehst du, ihre Handschrift. Und wenn sie es an diese Stelle gelegt hatte…«
    »Dann war es geheim.« Roger nickte.
    Fiona nickte ebenfalls und holte tief Luft.

    »Also habe ich es gelesen.«
    »Und deswegen weißt du auch, wohin sie gegangen ist«, sagte Roger leise.
    Fiona seufzte erschauernd und lächelte ihn matt an.
    »Also, der Polizei würde es jedenfalls nicht weiterhelfen, das steht fest.«
    »Könnte es mir weiterhelfen?«
    »Ich hoffe es«, sagte sie schlicht, wandte sich zur Anrichte, zog eine Schublade auf und holte ein kleines, in grünes Tuch gebundenes Buch heraus.

32
    Grimoire
    Dies ist das Grimoire der Hexe Geillis. Das ist ein Hexenname, und ich nehme ihn als den meinen an; als was ich geboren wurde, spielt keine Rolle, nur, was ich aus mir mache, was aus mir wird. Und was ist das? Ich kann es noch nicht sagen, denn nur, indem ich es mache, werde ich herausfinden, was ich gemacht habe. Mein Weg ist der Weg der Macht.
    Absolute Macht korrumpiert absolut, ja - und wie? Nun, durch die Annahme, daß Macht absolut sein kann, denn sie kann es nicht. Denn wir sind sterblich, ihr und ich. Beobachtet, wie die Haut auf euren Knochen schrumpft und dahinwelkt, spürt den Nähten eures Schädels nach, die sich durch eure Haut drängen, eure Zähne hinter den weichen Lippen ein Grinsen grimmigen Einverständnisses.
    Und doch, innerhalb der Grenzen des Körpers sind viele Dinge möglich. Ob solche Dinge auch jenseits dieser Grenzen möglich sind - das ist die Sache anderer, nicht meine. Und was ist der Unterschied zwischen ihnen und mir, jenen anderen, die sich aufgemacht haben, das schwarze Reich zu erkunden, jenen, die Macht in der Magie und der Geisterbeschwörung suchen?
    Ich gehe in meinem Körper, nicht in meiner Seele. Und indem ich meine Seele verweigere, gebe ich keine Macht an irgendwelche Kräfte ab, außer denen, über die ich die Kontrolle habe. Ich ersuche weder Teufel noch Gott um ihre Gunst; ich verneine sie. Denn wenn es keine Seele, keinen Tod zu berücksichtigen gibt, dann regiert weder Gott noch Teufel - ihr Kampf kümmert jene nicht, die nur für ihren Körper leben.
    Wir regieren einen Augenblick lang und doch für alle Zeit. Ein

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