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Der Safe mit dem Rätselschloß.

Der Safe mit dem Rätselschloß.

Titel: Der Safe mit dem Rätselschloß. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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schwache Band zu lösen, das die beiden fünf Jahre hindurch verbunden hatte. Deshalb rührte er sich nicht, als die Frau mit dem verschwollenen Gesicht ihn anrief, sondern drehte sich abrupt um und ging in der Richtung nach Aldgate von dannen.
    Er sah sich nicht um, aber nach einer Weile hörte er eilige Schritte hinter sich, und einmal wurde mit heiserer Stimme sein Name gerufen. Er bog in eine Seitenstraße ein, innerlich schäumend vor Wut; und als es menschenleer um ihn geworden war, stellte er sie.
    Sie sah die Wut in seinen Augen und versuchte zu sprechen. Jetzt kam sie als reuige Sünderin, in ihrer Erregung zu jedem Bekenntnis bereit, doch die drohende Haltung des Mannes verschlug ihr die Sprache.
    »So«, sagte er mit verkniffenen dünnen Lippen, »also nach allem, was ich gesagt und getan habe, läufst du mir auch noch nach. Machst mich lächerlich vor den Leuten, du!«
    Er rückte näher an sie heran, seine Hand ballte sich zur Faust; und die Frau, wie gebannt von dem boshaften Blick seiner stumpfen Augen, stand wie angewurzelt. Wutknurrend schlug er auf sie los - einmal, zweimal - bis sie, ein haltloses stöhnendes Bündel, auf dem Pflaster zusammenbrach.
    Man darf in der Commercial Road, wenn einmal die Laternen angezündet sind, gewisse Dinge tun, die bei hellem Tageslicht nicht gestattet sind, es sei denn an Samstagen. So sahen auch die wenigen Leute, welche die Hoffnung auf eine Keilerei angezogen hatte, entrüstet aber untätig zu. Anders ein ruhiger Mann mittleren Alters, der Vinnis den Weg vertrat, als er weitergehen wollte.
    »Das war eine ganz besonders rohe Tat«, sagte der Mann. Vinnis maß ihn prüfend und erkannte, daß dieser Mensch nicht mit sich spielen ließ.
    »Ich brauche Ihnen keine Rechenschaft zu geben«, erwiderte er grob und versuchte vorbeizukommen, aber ein eiserner Griff hielt seinen Arm gepackt.
    »Wart ein bißchen, mein Freund«, sagte der andere gelassen, »nicht so eilig. So ein roher Überfall auf offener Straße darf nicht ohne Bestrafung hingehen. Ich muß Sie ersuchen, mich zur Wache zu begleiten.«
    »Und wenn ich nicht mitgehe?«
    »Dann führe ich Sie ab. Ich bin Detektiv-Wachtmeister Jarris von Scotland Yard.«
    Vinnis überlegte blitzschnell. Entwischen war kaum möglich. Die Straße, in der sie sich befanden, war eine Sackgasse, und an dem freien Ende waren zwei Polizisten aufgetaucht. Schließlich war Mißhandlung einer Frau keine ernste Sache, und das Frauenzimmer -na, die würde schwören, es sei ein Zufall gewesen. Er beschloß, ruhig mitzugehen, schlimmstenfalls würde es einen Monat geben. Achselzuckend begleitete er den Beamten. In der kleinen Zelle stand er in bloßen Strümpfen, während ein Gefängniswärter ihn mit geübter Hand durchsuchte. Mit einem unterdrückten Fluch dachte er an das Geld, das er bei sich hatte. Es waren nur zehn Pfund, denn das andere hatte er eingeschlossen, aber zehn Pfund ist eine Menge Geld, wenn es bei einem Mann seines Schlages gefunden wird, und führt meist zu peinlichen Fragen. Zu seiner Verwunderung schien der Wärter, der ihm die Noten abnahm, keineswegs überrascht, und auch der Inspektor an seinem Schreibtisch nahm die Entdeckung als etwas Selbstverständliches hin. Vinnis bemerkte die überraschende Anzahl von Polizisten, die im Untersuchungszimmer Dienst taten. »Wie lautet die Anklage?« fragte der Inspektor. »Vorsätzlicher Mord!« sagte eine Stimme, und Mr. Angel trat aus dem Büro des Inspektors ins Zimmer herein. »Ich klage diesen Menschen an, in der Nacht zum 18. Februar…«
    Stumm vor Wut und Schrecken lauschte Vinnis der hellen Stimme des Detektivs, der alle Einzelheiten eines fast schon vergessenen Verbrechens aufzählte. Es handelte sich um den Einbruch in ein Landhaus: Ein Diener hatte den Dieb überrascht - ein Kampf im Finstern - ein Schuß - und ein Toter lag in dem großen Salon. Es war eine der üblichen kleinen Tragödien, vergessen von aller Welt, nur nicht von Scotland Yard. Jahr für Jahr hatten unbekannte Männer die Fetzchen des erreichbaren Beweismaterials zusammengesetzt; Faden für Faden war der Strick gedreht worden, an dem ein kaltblütiger Mörder hängen sollte. Zuletzt kam noch der zusammenhanglose Brief einer eifersüchtigen Frau - Scotland Yard wartet immer auf eine eifersüchtige Frau -, und das Beweismaterial war vollständig. »Stecken Sie ihn in Nr. 14«, sagte der Inspektor. Da wachte Vinnis auf, und die sechs diensttuenden Polizisten im Untersuchungszimmer hatten alle Hände

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