Der Safe mit dem Rätselschloß.
Vinnis’ Verhaftung.
»Wir müssen sofort losschlagen, Herr Connor«, sagte der Anwalt. Connor saß in dem Stuhl, der ein paar Tage vorher Jimmy beherbergt hatte. »Es hat keinen Sinn zu warten, bis der Alte redet; der erste Plan war der beste.«
»Ist irgend etwas geschehen?« fragte Connor. Seine einstige Scheu vor dem Rechtsanwalt war der Vertraulichkeit unter Mitverschworenen gewichen.
»Heute war ein Detektiv in meinem Büro, um sich nach einigen Banknoten zu erkundigen, die sie bei Vinnis gefunden hatten. Mr. Angel wird seine Schlüsse ziehen, und wir haben keine Zeit zu verlieren.«
»Wir sind soweit«, sagte Connor.
»Dann wollen wirs morgen nacht machen. Ich werde die Polizeiwache am Safe abberufen. Später kann ich mich leicht rechtfertigen.«
Connor hatte eine Idee.
»Könnten wir nicht andere Leute zur Ablösung schicken? Ich kann’n paar von den Jungens so herrichten, daß sie wie Polizisten aussehn.«
Spedding kniff die Augen zusammen.
»Ja«, sagte er langsam, »das ließe sich machen - ein ausgezeichneter Gedanke.«
Mit langen Schritten ging er im Zimmer auf und ab.
»Es wird zweimal abgelöst«, sagte er, »einmal morgens und einmal abends. Ich könnte dem Wachtmeister der Morgenablösung ein paar Zeilen schreiben, daß infolge einer anderen Vereinbarung eine Anzahl neuer Leute geschickt werden sollte - ich habe sie schon zweimal auswechseln lassen, denn man kann nie vorsichtig genug sein. Ihnen könnte ich die nötige Vollmacht geben, die Ablösung vorzunehmen.«
»Besser wär’s«, sagte Connor, »Sie weisen sie bloß an, sich zurückzuziehen und das Haus unbewacht zu lassen, dann wird unsere Ankunft gar nicht bemerkt. Lombard Street muß ja an das Kommen und Gehen der Polizisten gewöhnt sein.«
»Ein guter Gedanke«, sagte Spedding und setzte sich hin, um den Brief zu schreiben. - Die Nacht, welche für den großen Coup ausersehen war, erwies sich als elend naß und regnerisch.
»Um so besser«, murmelte Connor, der die Welt aus seiner Kensingtoner Vornehmheit heraus betrachtete. Das Zimmer, welches der Herr des Hauses bewohnte, war sehr einfach eingerichtet; auf den blanken Holztisch hatte Connor seinen Whisky gestellt, und nun starrte er durch die regennassen Scheiben auf die triefende Straße hinaus.
»England für die Arbeit und Ägypten fürs Vergnügen«, murmelte er; »wenn ich erst meinen Anteil von dem Geld habe - und ein größerer Anteil wird das sein, als mein Freund Spedding sich denkt - dann kriegt dieses verwünschte Land von Herrn Patrick Connor nicht mehr viel zu sehen.«
Er goß seinen Whisky auf einmal hinunter, wischte den Dunst von den Scheiben und blickte auf die öde Straße hinab. Zwei Männer kamen auf das Haus zu. Der eine, wohlverwahrt in einem schweren Gummimantel, ging mit langen Schritten; neben ihm wackelte der andere in einem neuen Überzieher daher, ängstlich bemüht, mit seinem energischen Gefährten Schritt zu halten.
»Spedding und der alte George«, sagte Connor. »Warum er ihn nur hierher bringen mag?«
Er lief hinunter, um sie einzulassen.
»Nun?« fragte Spedding und warf seinen nassen Mantel ab.
»Alles bereit«, erwiderte Connor. »Warum haben Sie den Alten mitgebracht?«
»Ach, nur so zur Gesellschaft«, antwortete der Anwalt.
In Wirklichkeit hoffte Spedding immer noch, der Alte würde sich besinnen. An diesem Tag war er ganz besonders geschwätzig gewesen, und manchmal hatte er beinah lichtvolle Augenblicke gehabt. Herr Spedding klammerte sich an die schwache Hoffnung, die Enthüllungen des Alten würden die Hilfe der › Stadtbande ‹ und, was weit wichtiger war, ihre Beteiligung an der Beute überflüssig machen.
Was diesen letzten Teil des Programms betraf, so hatte Herr Spedding gewisse Absichten, die Connor sehr erstaunt haben würden, hätte er sie nur gekannt.
Aber die Geschwätzigkeit des alten George versagte stets an dem einzig wichtigen Punkt, nämlich wenn es sich darum handelte, dem Anwalt über das Kryptogramm Auskunft zu geben. Spedding hatte ihn in der Hoffnung mitgebracht, daß er noch in letzter Stunde sagen würde, wer er eigentlich sei.
Ohne etwas von der Verantwortlichkeit zu ahnen, die seinem armen törichten Kopf beigemessen wurde, saß der alte Mann im oberen Zimmer und schwatzte vor sich hin.
»Wir wollen ihn hierlassen«, sagte der Anwalt, »da ist er sicher.«
»Ganz sicher; ich kenn ihn ja schon ewig. Stundenlang bleibt er so sitzen und amüsiert sich.«
»Und wie steht’s mit den andern?«
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