Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
jetzt?«
»Ich brauche deinen Rat. Die Situation ist verdammt vertrackt. Den ›Laurin‹ müssen wir haben, klar, aber es wäre Wahnsinn, in Fordsville einzubrechen. Wenn es dreist dreißig Sekunden dauert, bis sich nach einem Blackout das Alarmsystem einschaltet, das Risiko ist entschieden zu groß. Andererseits ist mein Risiko auch nicht gerade gering, wenn ich Grandma nichts liefere. Gewiß, ich könnte ein Versagen des ›Laurin‹ vortäuschen, aber eine Frau wie Gwendolyn Magginthy zu enttäuschen ist äußerst gefährlich.«
»Das ist es auch, wenn du ihr Informationen lieferst, Tiny! Der ›Laurin‹ verändert die Situation grundlegend. Du bist dann ein gefährlicher Mitwisser dafür, daß sie die Armeeführung hintergangen hat.«
»Ich weiß, Anne. Aber darf ich aus Angst um meinen schönen Hals darauf verzichten, den ›Laurin‹ in unsere Hände zu bekommen?« Timothy starrte lippenkauend auf seine Finger.
»Wenn ich den ›Laurin‹ unversehrt wieder abliefere und Grandma die Informationen bringe, wird sie mich vielleicht in Frieden lassen. Vielleicht gelingt es mir auch, bei der Übergabe heimlich ein paar Aufnahmen zu machen, mit denen ich sie davon abhalten kann, auf dumme Gedanken zu kommen.« Timothy lächelte. »Das wäre eine Art Lebensversicherung, zumindest gegenüber Anschlägen der GM. Wie auch immer, ich brauche Informationen über Henry Six!«
»Und wie willst du die beschaffen?«
»Smiley hat den ehemaligen Polizeichef von Ford entdeckt. Er versteckt sich in den Nolands von Maywood, 45 das heißt, er weiß etwas, das ihn den Kopf kosten kann. Siehst du eine Chance, ihn von unseren Leuten kidnappen und hinausbringen zu lassen? Smiley paßt, und Gangster will ich nicht anheuern; die Gefahr ist zu groß, daß sie Glover in einer kritischen Situation einfach umlegen.«
Anne überlegte eine Weile, dann schüttelte sie den Kopf. »Es gibt so gut wie keine Brüder in den Nolands. Wer dort landet, ist in der Regel für uns verloren, und wer dennoch zu uns stößt, will verständlicherweise so schnell wie möglich dort weg. Gewiß, wir haben Informanten, aber ein Kidnapping –?«
»Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als selbst nach Maywood zu fahren. Wenn Glover mit jemandem spricht, dann vielleicht mit mir. Ich habe ihm ein paarmal aus der Klemme geholfen.«
»Es muß doch noch eine andere Lösung geben, Tiny!«
»Welche denn, Anne? Meinst du, ich habe Sehnsucht nach dieser lausigen Gegend? Aber es muß schnell etwas passieren. Bevor Glover woanders untertaucht. Oder umkommt. Außerdem fahren täglich Leute in die Nolands, ohne daß ihnen etwas passiert.«
Smiley kannte sich gut in Maywood aus; er bekam gar nicht so selten Aufträge, die ihn in die Nolands führten. Er wurde erst ängstlich, als Timothy ihm verriet, was er als Ausrüstung mitführen wollte. »Du und deine Spezialausrüstungen!« sagte er wütend. »Denk an unseren Ausflug in die Funny Hills. Ich habe keine Lust, wieder bei der NSA zu landen, weil man uns für Agenten des UNDERGROUND hält.«
»Ich denke, in den Nolands gibt es weder Polizei noch NSA-Beamte?« konterte Timothy.
»Aber unterwegs und an der Grenze um so mehr. Und gnade uns Gott, wenn man uns in Maywood für Bullen hält. Hör zu, Tiny: Dies ist eine Sache, von der du keine Ahnung hast. Wenn wir zusammen nach Maywood gehen, dann unter der Bedingung, daß ich das Kommando habe und du mir versprichst, aufs Wort zu folgen. Du bist mir zu extrem: entweder zu ängstlich oder zu leichtsinnig.«
»Nicht so leichtsinnig, nackt in die Nolands zu gehen!«
Erst nach langen Verhandlungen einigten sie sich auf eine Stungun; eine Betäubungswaffe mußte jeder Polizist bei einem lizenzierten Detektiv, der in die Nolands ging, als unverdächtig durchgehen lassen. Außerdem engagierten sie die Brüder Spencer als Leibwache.
»Wir fahren mit einer Touristengruppe«, erklärte Smiley, »und du benimmst dich wie ein normaler sensationslüsterner Gierhals, okay? Sobald wir uns absetzen, sage ich dir Bescheid.« Er blickte Timothy prüfend an. »Versprichst du mir, daß du alles tun wirst, was Papa Smiley sagt, Kleiner?«
Timothy versprach es ihm in die Hand.
Ein Aerobus brachte sie an die Grenze. Vor der trotz des Tageslichts von Hallogenscheinwerfern gleißend hell ausgeleuchteten Station sammelten sich die Touristen, ausschließlich Männer, die meisten von ihnen schon über Vierzig, die Mehrzahl Schaulustige, die einmal den Nervenkitzel eines Tagesausflugs
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