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Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Prokop
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Boot stehen, als stieße es gegen eine gläserne Wand.«
    »Und wenn man schwimmt?«
    »Das ist lebensgefährlich. Ich habe es versucht. Audrey ist im Boot geblieben und hat mich an der Leine gehalten. Zu meinem Glück. Mir schwanden plötzlich buchstäblich die Sinne. Ich sah und ich hörte nichts mehr, ich fühlte nicht mehr das Wasser an meiner Haut, ich wußte nicht, ob meine Muskeln mir überhaupt noch gehorchten – unvorstellbar!« Sie seufzte. »Wir konnten nicht einmal feststellen, ob das Wasser hindurchkommt. Ich denke, ja. – Wie das Ende der Welt.« Inger zeichnete mit dem Finger Muster in den Sand.
    »Haben Sie schon mal vom ›Kap des Todes‹ gehört, Tiny? Oben in Nord-Oregon. Ich war mit Bentley da. Vor vielen Jahren soll man dort versucht haben, die ISOLATION mit einem Gewaltstreich zu durchbrechen.«
    Timothy sagte ihr nicht, daß er ganz gut über die Aktion »Independence« 10 informiert war. Die Aktion zählte zu den Top-Staatsgeheimnissen. Es war der letzte Versuch gewesen, auszubrechen, und er hatte viele hundert Milliarden Dollar und ein paar zehntausend Menschenleben gekostet. Man hatte Panzerschiffe und U-Boote eingesetzt, Flugzeuge und Raketen, sogar die noch auf Halde liegenden Raumschiffe, hatte versucht, die ISOLATION mit Wasserstoff-, Neutronen- und Nihilationsbomben aufzusprengen. – Er blickte Inger neugierig an.
    »Man darf nur in Schutzanzügen dahin, und das auch nur für Minuten«, sagte Inger. »Ein grausiger Anblick: Bei Ebbe ragen die rostigen Berge der Maschinen aus dem Wasser. Ein riesiger Friedhof. Das Meer soll einfach verdampft sein.« Inger wischte ihre Sandmuster mit der Hand aus.
    »Kennen Sie die ganze Küste?« erkundigte sich Timothy.
    »Nur die Enklaven an der Westküste. Ich habe Bentley begleitet, als er sich den Platz für Seabridge aussuchen durfte.«
    »Enklaven? Also ist die Küste doch verseucht?«
    »Verseucht oder vermint. Aber es gibt ein paar Dutzend solcher Plätze wie hier, an denen man leben kann.«
    »Wenn man ein Bigboss ist.«
    »Und außerdem die richtigen Beziehungen hat.« Inger lachte über Timothys verdutztes Gesicht. »General Shiftman, der Stabschef der Army, ist Bentleys Patensohn. Doch inzwischen sollen sich noch ein paar Leute einen Platz am Meer ausgebaut haben.«
    Sie stand auf und klopfte den Sand von der Haut. »Gehen wir an die Arbeit? Oder wollen Sie erst zu Mittag essen; baden macht hungrig, nicht wahr? Aber ich kann Ihnen ja schon beim Essen einen ersten Überblick über den Samenbankraub geben.«
    »Ich arbeite nie bei Tisch«, sagte Timothy. »Sie hätten auch keine Freude daran. Entweder kocht Jennifer gut, dann will ich es genießen. Oder sie kocht miserabel, und dann bin ich nicht zu genießen.«
    6.
    Das Essen war exzellent: Hühnerbouillon, Langusten in Knoblauchsoße, gedünsteter Salm auf Maisbrei, Reh-Medaillons mit Prinzeß-Kartoffeln, dazu ein leichter Riesling und als Nachtisch wahlweise Karamel-Creme oder Käse. Timothy nahm sich eine Scheibe Gorgonzola. Und dann wurde ihm unaufgefordert ein Mokka serviert, wie er ihn selbst nicht besser hätte zubereiten können. Er bedankte sich überschwenglich bei Jennifer. Wenn sie jemals ihren Job bei Bentley über habe, er würde sie sofort engagieren.
    »Glauben Sie ja nicht, daß wir alle Tage so schlemmen«, sagte Inger, als sie auf dem Weg in ihren Arbeitsraum waren, »Mister Bentley hält sehr viel von Diät. Für uns. Er selbst ißt ja ohnehin kaum noch etwas. Wir sollen um Himmels willen kein Fett ansetzen.«
    »So hat mein Besuch also auch angenehme Seiten für Sie«, stellte Timothy fest.
    Inger sah spöttisch auf ihn herab. »Was glauben Sie, warum ich ausgerechnet Sie engagiert habe, Tiny? Oder sind Sie tatsächlich so eingebildet, daß Sie sich für einsame Spitze halten ?«
    »Zumindest für Spitze.«
    »Bentley hätte ebensogut ein Dutzend anderer Detektive akzeptiert.«
    »Warum haben Sie dann mich genommen?«
    »Fünf Gründe sprachen für Sie. Erstens: Ich wollte nach Chicago, privat. Zweitens: Sie kennen das Milieu. Spätestens seit dem Boone-Fall haben Sie Ahnung von Kloning und Biogeontik. Drittens: Sie scheuen sich nicht, notfalls Ihr Leben einzusetzen, das haben Sie bewiesen, als Sie den Trick mit den gestohlenen Eisbergen entlarvten. Viertens: Diese beiden Fälle weisen Sie als Experten für ›unmögliche Diebstähle‹ aus.« 11
    Timothy sagte ihr nicht, daß er ungeachtet der Boone-Affäre und einiger anderer Fälle wenig von Biologie und Genetik

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