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Der Sand der Zeit

Titel: Der Sand der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fort, »wenn Sie sich ausgeruht genug fühlen, dann kann ich Ihnen ja jetzt meine kleine Sammlung zeigen, und wir können ein wenig fachsimpeln.«
    Ich senkte zögernd meine Tasse. »Professor Havilland«, begann ich. »Da ist etwas, was ich Ihnen …«
    Aber Havilland hörte mir gar nicht zu. Rasch stand er auf, ging zu einem Schrank auf der anderen Seite der Küche und öffnete eine Schublade. In seinen Händen lag ein schmaler, in saubere weiße Tücher eingeschlagener Gegenstand, als er zurückkam.
    »Hier«, sagte er. »Nehmen Sie, Mr. Craven, aber seien Sie um Gottes willen vorsichtig. Das ist mein ganzer Stolz.«
    Zögernd griff ich zu und begann die Tücher beiseite zu schlagen. Darunter kam ein schmaler, überraschend leichter Dolch zum Vorschein, eine elegante Waffe mit einer beiderseitig geschliffenen Klinge und einem zierlichen Griff, in den verwirrende Muster aus Schlangenlinien und Punkten eingeritzt waren.
    »Was ist das?« fragte ich mit gespielter Bewunderung.
    Havilland tauschte einen raschen Blick mit Becker, ehe er antwortete: »Der Zeremoniendolch eines Hetmans«, antwortete er. »Ich vermute stark, daß es Leif Ericksons eigene Waffe war. Ein phantastisches Stück, nicht?«

    Ich nickte vorsichtshalber und drehte den Dolch in den Händen. Auf mich wirkte er eher wie ein Spielzeug. »Er ist sehr leicht«, sagte ich zögernd. »Woraus ist er gemacht?«
    Havillands Blick wurde noch ein bißchen kälter. »Aus Pla-stik«, sagte er.
    Verblüfft sah ich zu ihm hoch.
    »Es gibt keine Zeremoniendolche bei den Wikingern«, sagte Havilland kalt. »Und es gibt unter ihnen auch keine Hetmane.
    Das da ist eine so billige Fälschung, daß jedes Kind sie erkannt hätte, Mr. Craven, oder wie immer Sie heißen mögen.« Er setzte sich und starrte mich mit steinernem Gesicht an.
    »Oh«, murmelte ich. Betreten legte ich den Dolch aus der Hand und sah hilfesuchend zu Becker hinüber. Aber der blickte weg.
    »Professor Havilland«, begann ich abermals. »Ich kann das erklären. Ich,« Havilland schien nicht an Erklärungen interessiert zu sein, denn er unterbrach mich rüde: »Wer hat Sie geschickt, Craven? Van Meer? Stanton? Lord?«
    Ich hatte keinen dieser Namen jemals zuvor gehört, und das sagte ich ihm auch. Havilland schnaubte wütend. »Sie lügen!« behauptete er. »Sie sind ein Narr, Craven, und wer immer Sie geschickt hat, ist ein noch größerer Narr, zu glauben, daß ich auch nur für eine Minute darauf hereinge-fallen wäre. Sie hätten wenigstens jemanden schicken sollen, der eine Ahnung von meinem Gebiet hat!«
    »Ich verstehe überhaupt nichts von nordischer Geschichte«, gestand ich. »Aber ich,«
    »Das habe ich gemerkt«, fauchte Havilland. »Schon gestern abend. Aber ich dachte, es läge an Ihrer Übermüdung.« Er beugte sich vor. Seine Augen wurden schmal. »Jeder, Mr.
    Craven, aber auch absolut jeder, der nur einen Deut von Ar-chäologie versteht, wäre völlig aus dem Häuschen gewesen, als ich behauptete, das Schiff dort draußen sei das von Leif Erickson.«
    »Stimmt es denn nicht?« fragte ich schüchtern.
    Havilland machte sich nicht einmal die Mühe zu antworten.
    »Das einzige, was mich noch daran hindert, Sie auf der Stelle aus meinem Haus zu werfen, ist meine Neugier, Craven!«
    sagte er wütend. »Ich will wissen, wer Sie geschickt hat.«
    »Niemand«, sagte ich.
    »Sie lügen!« Havilland fuhr halb aus seinem Stuhl hoch und setzte sich wieder. Es gelang ihm kaum noch, sich zu beherrschen. »Sie sind im Auftrag eines meiner sogenannten Kollegen hier, um herauszufinden, was ich wirklich weiß, um mich lächerlich zu machen!«
    »Nein«, sagte ich eindringlich. »Das bin ich nicht, Professor.
    Hören Sie, ich weiß nicht einmal, wer diese drei Männer sind, von denen Sie gesprochen haben!«
    »Spezialisten!« sagte Havilland abfällig. »Die sogenannten Koryphäen auf dem Gebiet der nordischen Geschichte.« Er ballte wütend die Faust. »In Wahrheit sind sie Ignoranten, alle drei. Sie versuchen seit drei Jahren, meine Theorie zu erschüttern und mich dem Spott der wissenschaftlichen Welt preiszugeben. Aber das wird ihnen nicht gelingen! Ich werde beweisen, daß die Wikinger fünfhundert Jahre vor Kolumbus nicht nur in Nordamerika waren, sondern auch hier. Und auch Leute wie Sie werden mich nicht daran hindern, Mr.
    Craven!«
    »Aber das will ich doch gar nicht!« sagte ich fast verzweifelt. »Bitte, Professor, hören Sie mir eine Minute lang zu.«
    Havilland schwieg, aber sein Blick

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