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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Nix.«
    »Tragisch«, sagt der Sandner, »vielleicht ist sie so abgebrüht, dass es für sie normal ist, oder sie wollt uns schnell wieder loshaben, da stellst du keine depperten Fragen.«
    »Irgendwie riecht die Gschicht komisch ... ich weiß nicht.«
    Der Sandner wedelt mit seinem Notizheft, in dem er die Adressen vermerkt hat. »Schau mer mal, dann seng ma’s scho.«
    Beide versinken in Schweigen.
    Der Dennis war ein armes Würstl gewesen, der versucht hatte, einen Zipfel Glück vom bunten Lebensteppich zu ergattern. Fast hätte er es geschafft, aber jemand hat ihm das nicht vergönnt. Der Sandner ist kein gläubiger Mensch, das war schon immer so in ihm, dass er sich gedacht hat, für eine gerechte, höhere Macht wäre das alles viel zu ungleich verteilt, auf dem Spielbrett. Zumindest ein Regelheft hätte sie dazulegen können oder gratis Cognac für alle ausschenken.
    Die Musik aus dem Autoradio plätschert dahin, den Regen als Vorbild. Das x-te Madl mit glockengleichem Stimmchen und dünnem Gitarrengeschrammel wird grausamst gepeinigt vom Ego-Trip ihres Verflossenen. In d-Moll. Der sonntägliche Verkehr hält sich in Grenzen. Die Leute bleiben lieber im Nest, machen es sich gemütlich und bereiten sich für den Sonntagabend vor. Das Kanapee wartet schon.
    Vor einer der zahllosen Bäckereifilialen im Viertel hält die Wiesner, und sie lümmeln sich drinnen an einen Stehtisch.
    »Ich mach mir Gedanken um den Kare«, sagt sie. »Irgendwie ...«
    Der Sandner hat die zwei Verkäuferinnen im Blick. Verkörperte Langeweile, gepaart mit mittelgradiger Erschöpfung. Könnten sich wohl Besseres vorstellen, als sich die Füße in den Bauch zu stehen. Krampfadern holst du dir, wegen ein paar Hanseln, die sonntags partout ihren Schwarzen nicht selber aufbrühen wollen.
    Die Polizisten sind aktuell die einzigen Kunden.
    »Der Kare kommt schon klar«, sagt er und weiß, dass es nicht stimmt. Auf diese Art Gespräch verspürt er keine Lust. Seine Nackenmuskeln versteifen sich. Den Beziehungsquark anderer Leute durchzurühren, ist substanziell gesehen für ihn nahe an der »BamS«. Zuerst könnte man den eigenen Dreck wegputzen. Traurig genug, dass man nie einen passenden Lumpen findet. Er könnte ihr weismachen, dass er mit dem Kare reden wird, irgendwann, nippt aber bloß vom Kaffee und beißt in seinen Schokomuffin.
    »Schon klar«, murmelt die Wiesner. Nachäffen bräuchte sie ihn nicht. Ruhe sollte wieder einkehren, aber wenn etwas einkehrte, dann alle dreißig Tage ein Tötungsdelikt, statistisch. Der Lehnharter kommt ihm in den Sinn, samt Gockel.
    »Hast du schon einmal ein Viech geschlachtet?«, fragt er die Kollegin unvermittelt.
    »Ich hätte einen Angelschein zu bieten, aber ich komm nie dazu«, sagt sie und schaut ihn groß an. »Den Schein hab ich mal einem Typen zuliebe gemacht, stell dir vor, wie tramhappert muss ma sein. Kurz drauf war eh der Kas bissen.«
    »Waidgerecht«, murmelt der Sandner. Er kriegt einen Blick von ihr, als hätte er nicht alle im Stüberl.
    »Wie kommst jetzt darauf?«
    »Ich hab grad an einen Gockel denken müssen, dem wer die Gurgel abdraht hat. Tötungsdelikt.«
    »Ich tät schätzen, kein Einzelfall.«
    »Der scho, glaub mir. Präzedenzfall.«
    »Aha. Meine Brüder und i, wir haben früher oft Tauben gejagt und Frösch, mit dem Luftgewehr oder sonst wie«, sagt die Wiesner und mustert dabei kritisch ihre rotlackierten Fingernägel, »des is aber verjährt.«
    »Das hätte ich dir gar nicht zugetraut, so ein graziles Wesen, wie du bist.«
    »Als Kind war ich nur Haut und Knochen, aber a derbe Maz. A richtiges Luder. Des derfst keinem erzählen, was uns ois eingefallen is.«
    »Sauber, mit Misses Hyde bin ich unterwegs.«
    »Wenn schon, dann Miss Hyde. Also, überleg’s dir gut, bevor du dich mit mir anlegst.«
    »Reißt mir dann den Haxen aus?«
    »Mindestens beide.«
    »Apropos, gehört des zum amtlichen Sadismus, wenn du jemanden post mortem quälst?«
    »Fragst du mich als erfahrene Domina? Keinen Schimmer. Du weißt doch selber, dass der Fetischismus keine Grenzen hat. Du findest selbst einen, der deine Fußnägel frisst.«
    »Ja, und trotzdem bin ich sicher, das sollt ein Zeichen für die Lebenden sein. Für uns. Fragt sich, ob uns da jemand arg verscheißert, oder ned?«
    Die Wiesner nickt.
    »Frag den Wenzel«, meint sie dann. »Dem tät ich’s zutrauen, dass er sich auskennt. Peitschen-Björn.«
    »Merci beaucoup, den hättest nicht erwähnen müssen, jetzt schmeckt mir der

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