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Der Sandner und die Ringgeister

Der Sandner und die Ringgeister

Titel: Der Sandner und die Ringgeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Pulli. Ein Streifenhamster in Strickware.
    »Ja, Kommissarin Wiesner und ... äh«, sagt sie, »dürfen wir reinkommen, es geht um Ihre Tochter.«
    »Die Janine? Ja freilich, klar, kommens. Hier lang.« Fast hätte er noch eine Verbeugung gemacht.
    Hinter ihr stapft der Personal Bodyguard mit seinen eins neunzig in den Flur. Er muss sich gleich bücken, sonst hätte er die Flurlampe abgeräumt. Düster ist es schon. Abgeschabter Teppichboden, Streifentapete. Ein Geruch von Schweiß und abgestandenem Rauch. Was noch in der Luft wabert, traut sich die Wiesner nicht zu erschnuppern. Aus einem Raum speit der Fernseher gekeiften Wörtermüll aus. Da hast du am Nordseestrand ein höheres Diskussionsniveau, wenn sich die Seehundbullen um ihren Harem fetzen. Sie gehen an der Lärmquelle vorbei. Offenbar das Schlafzimmer. Der Fetzner führt sie in die Küche, in der eine Blondine rauchend an der Spüle lehnt.
    »Meine Frau«, stellt er sie vor.
    Die sagt nichts, zieht nur geräuschvoll an der Kippe, angespannt, schnippt die Asche dann ins Becken.
    Knipst du den falschen Draht durch, vermutet die Polizistin, geht sie in die Luft und zerreißt alles in der näheren Umgebung. Hohe Sprengkraft, die Gute. Anfang vierzig, klapperdürr in lila Jogginghosen und einem bauchfreien, weißen Irgendwas. Die Mähne gebleicht, die Falten in den Mundwinkeln tief eingekerbt. Streicheleinheiten hat das Leben nicht gehabt für sie. Fahrig, als wär sie von Spinnweben umgeben.
    »Setzen Sie sich doch hin, wollen Sie einen Kaffee?« Fetzner schleicht um sie herum, ein Lakai vor der Queen herself.
    Gefäße aller Art tummeln sich auf dem weiß lackierten Pressspantisch, der gläserne FC-Bayern-Aschenbecher quillt über. In einer Tasse schwimmen aufgequollene Zigarilloreste in hellbrauner Brühe.
    »Nein, nichts – dankschön.«
    »Ham Sie’s gefunden, ist sie wieder aufgetaucht?«, will Fetzner wissen.
    »Nein, tut mir leid. Sagen Sie, die Janine, wie lange haben Sie die schon nicht mehr gesehen?«
    Der Mann fährt sich mit den Händen durchs Haar, schüttelt den Kopf, sieht zu seiner Frau.
    »Die wollt uns gar ned sehen«, sagt sie, mit einer Stimmlage, einen Halbton entfernt vom Hundepfeiferl, »nicht mal, als der Kleine auf der Welt war.«
    »Ich will ja nichts Böses über das Heim sagen«, ergänzt er hastig, »aber die haben ihr nur Schlechtes eingeredet über uns, was alles gar nicht gestimmt hat. Nur Lügen, und ihre Aufsichtspflicht haben sie auch nicht wahrgenommen. Anzeigen muss man sie. Ich hab schon mit meinem Anwalt ...«
    »Okay, und kennen Sie den Dennis Weiß, den Vater?«
    »Der hat sich nicht gekümmert und hat sich – entschuldigens – ins Ausland verpisst, das hat man uns so mitgeteilt. Aber mit dem Heim – da tun sie immer so mit Nächstenliebe und Hilfe und Pädagogik. Ich sag mal, entschuldigens schon, dass ich so direkt bin, aber da wird doch richtig rumgehurt, jeder mit jedem, muss man doch so sagen.«
    Die Frau Fetzner wirft Tarzan einen langen Blick zu, reckt ihre kleinen Wölbungen in den Raum.
    »Was wollens eigentlich von uns – schickt Sie das Jugendamt, oder wer?«, will sie wissen. Sie stößt sich von der Spüle ab und tappt unsicher zum Tisch. An der Platte muss sie sich wieder abstützen.
    »Dass sie sich verzupft hat, passt zu ihr«, teilt sie den Ermittlern mit, »so ist sie halt, auch wenn sie ihr das Geld vorne und hinten reingschoben ham. Die haben’s ja. Das Flitscherl war nur den Mannsbildern hinterher, war schon mit zwölf so eine und ...«
    »Verstehe schon – wir sind da, weil der Dennis Weiß erschlagen worden ist, und wir ermitteln.«
    Falls der Hamster sich noch schneller durch die Haare führe, sollte die Reibung für eine spontane Selbstentzündung reichen.
    »Na und«, sagt sein Weib kalt, »wird schon jemand einen Grund gehabt haben. Juckt mich ned.«
    »Damit hab ich fei nix zu tun«, beteuert ihr Gatte, eingespielter Satz, »ich ruf meinen Anwalt an, wenn Sie mich beschuldigen tun. Schauen Sie, wir kennen den doch gar ned. Und ich hab früher Scheiße gebaut, geb ich offen zu. Das war ned sauber, aber das hab ich gfressen. Man muss jedem Menschen eine Chance geben!«
    Aus dem Küchentischstillleben fördert er eine bunte Visitenkarte hervor und reckt sie in die Höhe. Der Zauberer und sein magisches Amulett. Böses, weiche von mir!
    »Ich bin im Außendienst, schauen Sie, das ist ein neues Ordnungssystem, Büko, alle Module ineinander steckbar, für zu Hause, fürs

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